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Der Kofferträger (German Edition)

Der Kofferträger (German Edition)

Titel: Der Kofferträger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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grinste Karlheinz, als sich beide im Park in frischer Luft erholten. “Mir ist das Gepaffe allemal zu viel.“
    „Sei froh, dass du nicht an diesem Stängel hängst. Es ist schwer aufzuhören.“
    „Ich bin froh, nicht zu rauchen.“
    Sie liefen einträchtig nebeneinander her. In dichtem Nebel versuchten inzwischen die kniehohen Lampen, ihren Schein auf den Boden zu bringen. Mit tiefen Atemzügen sogen beide die feuchtkühle Luft in ihre Lungen.
    Sie landeten an dem 2CV von Westenhagen.
    „Lass mich noch einmal darin sitzen“, bat Jürgen, „zu schön waren die Zeiten, als wir beide mit diesem Ding über die rauen Schotterwege von Montenegro gegurkt sind. Mit wenig Geld in den Taschen, aber einem Herzen voller Abenteuerlust.“
    Karlheinz Westenhagen schaute ihn verblüfft an.
    „Du mit deinem supergeilen BMW willst in dieser Kiste sitzen? Was ist in dich gefahren? Jedem Anderen hätte ich das zugetraut, nur dir nicht.“
    „Ach Karlheinz, lass das, ich will einfach darin sitzen.“
    Er klemmte sich hinter das Steuer des alten Mobils, Westenhagen neben sich auf der Beifahrerseite. „Weißt du noch, wie wir die beiden Mädels nach dem Weg gefragt haben?“
    „Ja, und wie sie blitzschnell neben uns saßen. Wir waren begehrte Jungs.“
    „Vor allem hatten wir weit gesteckte Ziele. Ohne die dicken Bankkonten, ohne die Aktienportefeuilles, ohne die Sucht immer und überall renommieren zu müssen. Wir hatten immer so einen Touch Weltverbesserer in uns.“
    „Und heute? Du zumindest scheinst mir auf der anderen Seite zu sitzen.“
    Schütz schaute ihn nachdenklich an. Er gab keine Antwort. Zu viel Unruhe schufen die Gedanken.
    „Weißt du, Karlheinz, ich denke immer mehr an unsere gemeinsame Kindheit in Kirchberg am Bodensee.“
    „He, Romantiker, was treibt dich?“
    „Nichts Besonderes, nur so. Erinnerst du dich, wie wir als Pimpfe an mehreren Nachmittagen das Dorf gereinigt haben, von allem möglichen Schmutz? Wir haben die Alten aufgefordert, das Gleiche zu tun? Damals konnte ich mich abends ins Bett legen und mit dem Gefühl etwas Wertvolles vollbracht zu haben, bin ich immer schnell eingeschlafen. Ich denke, wir sollten uns einfach öfter sehen.“
    „Abgemacht. An mir soll es nicht liegen. “
     
    Nach ein paar Stunden gesellschaftlicher Gemeinsamkeit verließen die Freunde Nikolskoe. Die Autos mit Wasserstoff-Antrieb verließen wie eine Herde röhrender Hirsche ihren Park. Anita und Jürgen begaben sich ins Bad. Vor dem wandfüllenden Spiegel streichelte er zart die nackten Hüften seiner zierlichen Frau.
    „Keinen Millimeter darfst du davon abgeben. Ich will nicht ein klappriges Gestell im Bett haben.“
    Sie ließ sich auf keine Diskussion ein, erwiderte seine zarten Berührungen und schon bald erfreuten sie sich im Bett.
    „Welch ein Glück, dass wir keine Kinder haben“, flüsterte sie ihm ins Ohr. „So können wir uns so laut lieben, wie wir wollen.“
    „Ja, Kinder habe ich heute den ganzen Tag kaum in Berlin gesehen“, ihm wurde das tatsächlich plötzlich klar. „Die ersten Schulen schließen schon.“
    Sie lenkte ihn ab und legte sich über ihn. Die Reden mit seinen Freunden über Autos, Schönheit, Urlaub und große Fressgelage ließen ihn allesamt über seinen Beruf nachdenken. Es ging immer nur ums Geld. Die Erregung auf der Haut von Anita, ihre wilden Schreie, aber auch ihre obszönen Ausdrücke während der Liebe könnte er sich für kein Geld dieser Welt erkaufen. Er würde es auch nicht wollen. Das schönste, liebste, geschmeidigste und wildeste Geschöpf war seine Ehefrau. Die Frau, die ihm absolut treu war, wenn sie ihm nicht gar hörig war. Wenn ihn überhaupt etwas störte, dann war es das Bild von ihrem Onkel, dem Kanzler, an der Wand. Bei allen Liebesszenen schaute er ihnen zu.
    Jetzt lag sie mit dem Kopf auf seiner sportlich durchtrainierten Schulter, ihr Lieblingsplatz kurz vor dem Einschlafen. Nach dem liebevollen Miteinander wollte er ihr von seinen Sorgen und Ungereimtheiten über den Zahlungsvorgang berichten. Normalerweise redete er mit ihr über alles Politische, diskutierte mit ihr jegliche Details. Seitdem der große Vorsitzende selbst in ihrem Beisein Geheimnisse ausgeplaudert und das volle Vertrauen zu seiner Nichte verraten hatte, gab es in dieser Hinsicht für Schütz keine Einschränkungen. In den letzten Minuten waren ihm aber ihre Worte und Gedanken über H. B. in den Sinn gekommen. Er entschied sich, seine vagen Vermutungen nicht mit ihr zu

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