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Der Kofferträger (German Edition)

Der Kofferträger (German Edition)

Titel: Der Kofferträger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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Chef sprechen. Wirklich vergessen Sie die Angelegenheit.“
    „Vielen Dank auch, Sie sind sehr freundlich, Herr Schütz. Danke nochmals.“
    Im siebten Stock schritt er geradewegs auf das Büro des Bundeskanzlers zu und öffnete die Tür.
    Wie ein nächtlicher Dieb verharrte W.B. an dem Aktenschrank links neben dem Schreibtisch. Seiner Mimik war nichts über seine nächtliche Suche zu entlocken. Nur die kleine Schreibtischlampe warf schemenhafte Schatten auf den Marmorkopf des Brutus. Ihre eigenen Gesichter blieben im Halbdunkel. Doch konnte er erkennen, wie ihn der Blick des Schatzmeisters mit Eiseskälte traf.
    „Guten Abend“, grüßte er unbefangen, nahm sein Stück Papier, das er zuvor aus der Tasche gezogen hatte, und deponierte es in dem Eingangskorb am Schreibtisch. Es war ein unverfänglicher Vorgang, die Kopie einer ganz normalen, kleinen Überweisung.
    „Wieso“ , fragte W.B., „was machen Sie hier? Der Pförtner, diese Schlampe, hat mir von Ihrer Anwesenheit nichts gesagt.“
    „Ich war vorher noch in anderen Abteilungen. Als die alle gegangen sind, haben sie wohl dem Pförtner angedeutet, ich sei auch fort. Doch mir war noch diese Überweisung eingefallen, die der Chef spätestens morgen in seinen Unterlagen haben wollte.“
    Das schmale, geierhafte Gesicht des W.B. gierte unruhig in dem Blick seines Mitarbeiters nach verräterischen Unsicherheiten, dabei hielt er eine Hand über dem Rückenschildchen eines Hängehefters.
    „Jetzt aber will ich nach Hause gehen“, sagte Schütz, „ich denke, meine Frau ist zurückgekommen und macht sich unnötig Sorgen.“
    Er verabschiedete sich mit einem „Gute Nacht“ und wurde mit einem zynisch en Grinsen dafür belohnt. Wenig später verließ er die drohenden Glasfronten des Eingangsbereichs.
    Was wollte W.B. wirklich im Büro des Chefs?

5 Menetekel
     
     
     
    Ein Griff in die Schublade an seinem Schreibtisch brachte die Zigarettenschachtel aus Klingenbergs Wohnung in Erinnerung. Seit dem Zurücklegen hatte er sie wie heimtückisches Uranium nicht wieder angefasst. In einem Sonnenstrahl, der durch das Fenster fiel, glitzerte die Folie, die sich um die Packung wie eine zweite Haut schlang. Winzige Reflektionen und Lichtbrechungen schimmerten über dem Schriftzug ‚ Happy Hour ‘. Mit beiden Händen wendete Schütz die Schachtel vor seinen Augen. Aufs Neue blitzten ihm die kleinen Lichtbrechungen entgegen. Millimeter genau lenkte er den Lichteinfall. Jemand hatte auf der Packung eine Notiz hinterlassen. Der Abdruck hatte sich leicht in die Folie eingeprägt, unbewusst, ungewollt und doch wirksam.
    Einer der letzten Notiz en Klingenbergs war hier hinterblieben. Danach war er gestorben. Mit beinahe starrem Blick suchte Schütz die unfertigen Zeichen zu entziffern. Das Ganze las sich als 1,2 Mio. Wie ein bedrohliches Menetekel überzogen die 1,2 Mio. selbst eine einfache Zigarettenschachtel. Hatte Klingenberg deswegen sterben müssen? Diesem zufälligen Entdecken gesellte sich bald noch ein zweiter Nervenkitzel hinzu.
    W.B. hütete das Bett, irgendetwas mit der Prostata oder so, hörte er sagen. Das Ganze schien Schütz wie ein abgekartetes Spiel. H.B. glänzte bei einer geheimen Tagung der Europäischen Union in Brüssel. Es ging um langfristige Ziele der europäischen Supraregierung. Der Alte selbst hatte ihm drohend klar gemacht, ihn nicht ein einziges Mal zu stören. Eine Konferenz der EU. Der Kanzler der Deutschen hatte die Konferenz bereits vor Jahren angemahnt.
    „Zum Wohle unserer Bürger, zu ihrer Sicherheit, zu ihrem Schutz“, hatten die Worte von H.B. aus einem vorbereitenden Fernsehbericht geklungen.
    Im trauten Familienkreis allerdings hatte er gewettert: „Diese Scheiß Menschenrechte. Ich werde diesem Spuk ein für alle Mal ein Ende bereiten. Wo kommen wir denn hin, wenn jeder die gleichen Rechte hätte?“
    In dieser für seine Arbeit so ruhevollen Voraussetzung holte das Telefonsummen Jürgen Schütz aus seinen Überlegungen. Schweiger am Telefon. Ein bedeutender Kontaktmann des Kanzlers. Der Bayer war in seiner Ursprache kaum zu verstehen. Er zeigte sich sehr verstimmt, ärgerlich beinahe und brüllte in den Apparat.
    „Ich will das Zeugs endlich loswerden, die Papiere da. Muss man es euch noch in den Arsch schieben?“, polterte es ordinär aus seiner Hörmuschel.
    „Ich weiß von eurer Vorzimmermieze, dass W.B. irgendeinen Rausch ausschläft und der große Bruder Wichtigeres im Sinne hat.“
    Jürgen schmunzelte bei der

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