Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kojote wartet

Der Kojote wartet

Titel: Der Kojote wartet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Hillerman
Vom Netzwerk:
was sie für eine Verurteilung brauchen. Wozu sollen sie ihre Zeit mit weiteren Ermittlungen vergeuden?«
    Janet runzelte die Stirn. »Ich weiß, daß ich das gesagt habe. Aber sie müssen deine Aussage gelesen haben. Folglich wissen sie auch, daß du einem Wagen begegnet bist, der aus der Richtung des Tatorts kam. Du hast ihn als weißen Jeepster identifiziert und angegeben, wem er vermutlich gehört. Da sollte man glauben, daß jemand schon aus Neugier...« Sie brachte den Satz nicht zu Ende.
    »Sie haben ihren Mann und ihre Beweise«, stellte er fest. »Wozu alles unnötig komplizieren?«
    Janet Pete dachte darüber nach. »Gerechtigkeit«, sagte sie knapp.
    Chee äußerte sich nicht dazu. Gerechtigkeit war kein Begriff, der besonders gut zu diesem Fall paßte. Außerdem ging eben die Sonne hinter den Chuska Mountains unter. Auf der weiten, sich in sanften Wellen erstreckenden Prärie bis zum schwarzen Ship Rock warf jeder Salbeibusch, jeder Wacholder, jedes Schlangenkraut und jedes Grasbüschel einen langen blauen Schatten - eine unendliche Vielzahl dunkler Linien, die sich über die im letzten Sonnenglanz liegende Landschaft zogen. Chee genoß diesen wundervollen Anblick. Keine Zeit, an Gerechtigkeit zu denken. Oder an seine Pflicht, die er hätte tun müssen.
    Janets Toyota überwand die lange Steigung bis zum Rand des San Juan Basins, von dem aus das Gelände nach Süden abfiel: leeres, leicht hügeliges, graubeiges Grasland, durch das sich das Asphaltband der Straße wie ein schnurgerader Bleistiftstrich zog. Viele Meilen südlich von ihnen blitzte für Sekundenbruchteile die Windschutzscheibe eines nach Norden fahrenden Autos auf. Rechts der Straße ragte der Ship Rock wie eine übergroße, frei gestaltete Kathedrale in den Himmel: meilenweit entfernt und trotzdem scheinbar nahe. In zehn Meilen Entfernung segelte die Table Mesa durch ihr Meer aus Büffelgras und erinnerte Chee wieder einmal an einen wahrhaft gigantischen Flugzeugträger. Ihr gegenüber und jenseits der Straße beleuchtete schräg einfallendes Sonnenlicht den zerklüfteten Barber Peak - für die Geologen ein Vulkankegel, für die Einheimischen ein Hexentanzplatz.
    Sie bogen von der U.S. 666 auf die Navajo Route 33 ab und fuhren in den Sonnenuntergang hinein weiter.
    »Delbert muß ungefähr hier gewesen sein, als wir zum ersten Mal Funkverbindung hatten«, sagte Chee. »Ziemlich genau hier.« Er hörte selbst, wie bedrückt er klang.
    Janet nickte wortlos.
    Chee fuhr langsamer, während er aus dem Fenster deutete. »Ich bin ganz dort drüben gefahren - fünfundzwanzig, dreißig Meilen weit hinter dem Ship Rock auf der Straße von Biklabito nach Süden. Dort befand ich mich im Funkschatten des Felsens, was die Verbindung gestört hat. Unser Kontakt war miserabel.«
    Chee räusperte sich. Er klappte seine Sonnenblende herunter. Auch Janet klappte ihre herunter, stellte fest, daß sie zu klein war, um von der Blende zu profitieren, und angelte sich ihre Sonnenbrille aus dem Handschuhfach. Sie kam zu dem Schluß, daß Chee die damaligen Ereignisse längst noch nicht verarbeitet hatte.
    »Das wird ein prachtvoller Sonnenuntergang«, sagte Janet. »Sieh mal nach Norden!«
    Ober dem Sleeping Ute Mountain in 'Colorado und den Abajo Mountains in Utah erreichten gigantische Kumulustürme ihre abendlichen Höchsthöhen. Im direkt von der Sonne beschienenen oberen Teil waren sie schneeweiß, und die von ihnen ausgehenden Eiskristallstreifen schienen zu glitzern. In mittleren Höhen wurde das Licht, von dem sie getroffen wurden, von den Wolken über den Chuska Mountains abgeschwächt und in Orange-, Rosa-und Rottöne verwandelt. Noch tiefer herrschten Blautöne aller Schattierungen von hellem Blaugrau bis zu tiefem Dunkelblau vor. Ober den Wolkentürmen wurden die Zirrusstreifen von der untergehenden Sonne in einen glutroten Schimmer getaucht. Sie fuhren durch ein feuriges Zwielicht.
    »Dort drüben ist es passiert«, sagte Chee und nickte nach links. »Er ist hier von der Straße runtergefahren, und dort hinten bei den Wacholderbüschen bin ich auf seinen brennenden Wagen gestoßen.«
    Janet nickte schweigend. Chee fiel auf, daß ihr Gesicht vom Licht der untergehenden Sonne rosig angehaucht war. Seidenweiche Haut. Wache Augen, die jetzt auf irgend etwas gerichtet waren. Ein intelligentes Gesicht. Ein apartes Gesicht. Sie runzelte die Stirn.
    »Was ist das auf dem Felsen dort drüben? Ich meine die weißen Markierungen auf diesem Basaltkegel.«
    »Die

Weitere Kostenlose Bücher