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Der Kojote wartet

Der Kojote wartet

Titel: Der Kojote wartet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Hillerman
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gesunden Hand ab und fragte sich, ob Nez den Schmierer tatsächlich gefaßt hatte. Hatte Nez ihn verfolgt? Hatte der Kerl überhaupt geahnt, daß Nez hinter ihm her war?
    »Ob es sein könnte, daß dieser verrückte Felsenmaler Nez erschossen hat?« fragte Janet.
    »Nez ist von Ashie Pinto erschossen worden«, stellte Chee fest. »Aber hat dieser Spinner vielleicht etwas damit zu tun gehabt? Hat er die Tat vielleicht beobachtet?«
    »Ein Spinner scheint er wirklich zu sein«, räumte Janet ein. Sie war weitergeklettert und blickte zu den wild gezackten Felsformationen über ihnen auf. »Sieh mal, dort oben sind mehrere weißbemalte Flächen. Ein größeres weißes Rechteck, ein schmaler senkrechter Streifen und einzelne kleine Stellen.«
    Chee kletterte zu ihr hinauf.
    »Falls er die Tat beobachtet hat - und falls ich ihn aufspüren kann -, könntest du einfach erklären, daß Pinto sich schuldig bekennt«, sagte Chee. »Dann wäre das ganze Verfahren überflüssig. Du bräuchtest nur noch wegen des Strafmaßes zu verhandeln.«
    Janet äußerte sich nicht dazu. Sie sah weiter zu den Felsen auf. »Merkwürdig«, sagte sie.
    »Ein Muster ist nicht zu erkennen«, bestätigte er. »Auch keine Botschaft oder irgendein Sinngehalt - es sei denn in verschlüsselter Form.« Mit seinem Taschenmesser kratzte Chee etwas Farbe vom unteren Rand der über ihnen beginnenden bemalten Felsfläche. Dann beugte er sich nach vorn, um sie im nachlassenden roten Widerschein des Abendhimmels genauer zu betrachten.
    »Wahrscheinlich will er damit fliegenden Untertassen etwas mitteilen«, vermutete Janet. »Oder wenn die Maschine der Mesa Airlines auf dem Flug nach Gallup vorbeikommt, kann der Pilot hier lesen: DU HAST DICH VERFLOGEN. Oder der Kerl, der diese Sachen malt, ist sauer auf die Fluggesellschaft, weil sie sein Gepäck verschlampt hat, und wenn man aus der Maschine sieht, liest man irgendeinen obszönen Fluch.«
    »Sieh dir das an«, forderte Chee sie auf. Janet beugte sich vor. »Was?«
    »Hier ist ein bißchen Farbe heruntergelaufen«, sagte er, indem er auf eine Stelle deutete.
    »Und?«
    »Deshalb glaube ich, daß sie noch frisch war, als es zu regnen begonnen hat. Unser Mann hat noch gearbeitet, als es zu regnen anfing.«
    »Aha!« sagte Janet Pete. »Vielleicht hat es also doch einen Zeugen gegeben. Vielleicht...« Ihre Stimme, die piepsig geworden war, brach ab. Janet löste sich von dem Felsblock, an dem sie gelehnt hatte, und wich vor einem leisen Rasseln zurück.
    »Jim«, flüsterte sie. »Sag mir bitte, daß es nicht das ist, woran ich jetzt denke.«
    »Nur wenn du's nicht für'ne Klapperschlange hältst«, erwiderte er gelassen. »Komm langsam hierher zu mir. Sie liegt dort unter dem Felsblock. Siehst du sie?«
    Janet sah bewußt nicht hin. »Komm, laß uns abhauen!« schlug sie vor. Als sie den Fuß des Basaltkegels erreichten, war es noch so hell, daß sie sahen, daß der verbeulte grüne Bronco nicht mehr hinter den Wacholderbüschen stand.
    *
    Janet hielt mit ihrem Toyota unter einer der Pappeln, in deren Schatten Jim Chees Behausung stand: ein alter, verbeulter Wohnwagen auf dem niedrigen Nordufer des San Juan
    River. Chee wartete darauf, daß sie den Zündschlüssel nach links drehen würde. Aber sie ließ den Motor laufen und die Scheinwerfer eingeschaltet.
    »Bei meinem einzigen früheren Besuch hattest du gerade eine trächtige Katze«, sagte sie. »Weißt du noch? Es kommt mir vor, als wäre das schon wahnsinnig lange her.«
    »Das war nicht meine Katze«, widersprach er. »Sie hat sich nur hier rumgetrieben.«
    »Aber du hast dich um sie gekümmert.« Janet lächelte bei der Erinnerung daran. »Weißt du noch? Du hattest Angst, sie könnte von einem Kojoten gefressen werden. Und ich habe dir vorgeschlagen, so eine Flugtransportkiste als Katzenhütte zu verwenden. Kojotensicher. Und du hast in Farmington eine gekauft. Was ist danach passiert?«
    »Du bist weggezogen«, antwortete Chee. »Du bist mit deinem Freund nach Washington gezogen und in seine Kanzlei eingetreten, reich geworden und wieder heimgekommen.«
    »Was mit der Katze passiert ist, meine ich«, sagte Janet. »Mit der bin ich nicht zurechtgekommen«, gestand Chee. »Es war eine biligaana-Katze. Wahrscheinlich irgendwelchen Touristen weggelaufen. Trotzdem habe ich gehofft, sie würde eine richtige Navajo-Katze werden und sich selbst versorgen. Aber das hat nicht geklappt.«
    »Was ist aus ihr geworden?«
    »Ich habe sie in die Frachtkiste gesteckt

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