Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kojote wartet

Der Kojote wartet

Titel: Der Kojote wartet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Hillerman
Vom Netzwerk:
hatte.
    Hinter ein paar Wacholderbüschen stand ein dunkelgrüner Ford Bronco II. Das mehrere Jahre alte Fahrzeug war schmutzig und verbeult. Die beiden machten einen Umweg, um hinter dem Auto vorbeizugehen. Der Wagen trug ein auf speziellen Antrag zugeteiltes Kennzeichen aus New Mexico.
    »REDDNEK«, las Janet vor. »Glaubst du, daß die Ironie beabsichtigt ist?«
    Chee zuckte mit den Schultern. Ihm war keine Ironie aufgefallen. Der Wagen war leer. Weshalb stand er hier? Wo war der Fahrer?
    »Ein Redneck, der nicht rechtschreiben kann«, erklärte sie ihm.
    »Oh.«
    Am Fuß des Basaltkegels blieb Janet nochmals stehen. Sie legte den Kopf in den Nacken und starrte die über ihnen aufragende glatte, nur wenig gegliederte Felswand an.
    »Ich sehe nirgendwo Farbe«, stellte Janet fest. Das rötliche Abendlicht veränderte die Farbe ihrer Bluse, ihrer ausgebleichten Jeans und ihres Teints. Ihr Haar war leicht zerzaust, ihr Gesichtsausdruck verriet Neugier, und Jim Chee fand sie ausgesprochen schön. Vermutlich wäre es besser, überlegte er sich, wenn alte Freundinnen nicht so umwerfend aussehen würden.
    »Vielleicht finden wir den Weg, den er hinaufgeklettert ist«, schlug er vor.
    Das war nicht einfach. Die erste mögliche Route endete auf einem schmalen Felsband unter einer nahezu senkrechten Wand. Die zweite, die als breiter Spalt am Fuß des Basaltkegels begann, führte etwa siebzig Meter höher, bis der Spalt sich zu einem kaum handbreiten Riß verengte. Die dritte Route begann über einer Geröllhalde und war nur zu erreichen, wenn man sich kriechend zwischen Felsblöcken hindurchzwängte.
    »Ich habe das Thema Schlangen bisher nicht angesprochen«, sagte Janet. Sie klopfte sich mit beiden Händen Schmutz von ihrer Jeans. »Sollte ich's doch tun, versuchst du hoffentlich, etwas Positives zu sagen.«
    »Okay.« Chee überlegte kurz, während er sich bemühte, wieder zu Atem zu kommen. »Für Schlangenliebhaber wäre dies ein nahezu idealer Ort, um welche zu finden.«
    »Ich mag keine Schlangen«, stellte Janet fest. »Ich kenne den ganzen Scheiß, daß Navajos und Schlangen Freunde sein sollen - aber ich mag sie trotzdem nicht. Ich hab' Angst vor ihnen.«
    »Freunde ist nicht das richtige Wort«, widersprach er. »Der Sage nach haben First Man und Big Snake gelernt, einander zu achten. Das setzt voraus, daß man in unübersichtlichem Gelände Vorsicht walten läßt, darauf achtet, was man mit Händen, Füßen und anderen Körperteilen tut. So vermeidet man, auf seinen kleinen Bruder zu treten oder ihm sonstwie zu schaden. Und er läßt seine Klappern ertönen, um einen zu warnen, wenn man ihm zu nahe kommt. Sehr wirkungsvoll.«
    »Ich mag sie trotzdem nicht«, sagte Janet. Sie starrte dabei zu den Felsen über ihnen auf. »He, ist das dort oben nicht Farbe?« Sie hatte recht. Chee folgte ihrem Blick und sah den Basalt links über ihnen weiß leuchten. Diese Stelle war zu erreichen, indem man einen tief eingeschnittenen Spalt hinaufkletterte, der sich im oberen Teil zu einem v-förmigen Einschnitt erweiterte. Geröll und Gesteinsstaub hatten ihn so weit aufgefüllt, daß eine fast ebene Fläche entstanden war. Als Chee sich dort schweratmend an die Felswand lehnte, befand sich der untere Rand der weißen Fläche unmittelbar über seinem Kopf.
    »Sieh dir das an!« forderte Janet ihn auf. Sie war in die Hocke gegangen. »Unglaublich! Stell dir vor, jemand muß mit einer Leiter hier oben gewesen sein!«
    Janet war keine Anstrengung anzumerken; ihr Atem ging kein bißchen heftiger. Aber Chee holte keuchend Luft - und genierte sich, weil er so völlig außer Form war. Er hatte zu lange im Krankenhaus gelegen. Er war seit zu vielen Wochen nicht mehr im Training. Auch das Klettern mit nur einer Hand war nicht gerade einfach gewesen. Er würde in nächster Zeit wieder mit dem Lauftraining beginnen müssen.
    Er holte tief Luft und kauerte neben ihr nieder. Sie deutete auf zwei kleine rechteckige Abdrücke, deren Abstand zueinander tatsächlich auf Leiterfüße schließen ließ.
    »Ein zielbewußter Maler«, sagte Janet. »Offenbar mit einem bestimmten Plan. Wozu hätte er sonst eine Leiter heraufschleppen sollen? Er muß gewußt haben, daß er sie für seine Malerei brauchen würde.«
    Chee untersuchte die Abdrücke der Leiterfüße. Er wünschte sich, sie wären früher hergekommen, als das Licht noch besser gewesen war.
    »Das finde ich interessant«, fügte Janet hinzu.
    Er stand auf, klopfte seine Jeans mit der

Weitere Kostenlose Bücher