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Der Kojote wartet

Der Kojote wartet

Titel: Der Kojote wartet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Hillerman
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geschrieben, um ihr das mitzuteilen. Vielleicht hatte sie ihre Dienstreise nach Santa Fe wirklich nicht aufschieben können. Andererseits wußte Chee aus eigener Erfahrung, was passieren konnte, wenn es zu einem Konflikt zwischen Pflicht und Gefühl kam.
    Auf dem Weg über den Platz raschelte Platanenlaub unter seinen Füßen. Seine linke Hand schmerzte. Die Finger ließen sich nicht richtig bewegen. Chee fühlte sich entmutigt. Niedergeschlagen. Gelangweilt. Unschlüssig. Die Tür vor Dr. Tagerts Büro stand offen. Jean Jacobs saß an ihrem Schreibtisch, hatte das Kinn in die Hände gestützt und starrte aus dem Fenster. Sie wirkte niedergeschlagen, gelangweilt und unschlüssig.
    »Freut mich, Sie zu sehen«, sagte Jean Jacobs. »Ich hätte eine Million Dinge zu erledigen.« Sie schlug mit der flachen Hand wütend auf einen Papierstapel. »Tagerts gottverdammte Arbeit und meine ganze Arbeit und ... ach, zum Teufel damit!«
    »Yeah«, sagte Chee. »So geht's mir auch manchmal.«
    »Zum Teufel mit der Scheißarbeit!« bekräftigte sie. »Ich hoffe, daß Sie eben mit etwas hereingekommen sind, das nicht nur zeitraubend, sondern auch ein bißchen spannend ist. Vielleicht überlegen wir gemeinsam, wie wir dem verschwundenen Geschichtsprofessor auf die Spur kommen.« Sie machte eine Pause. »Oder noch besser: Wie überlegen, wo die Leiche des Schweinehundes versteckt sein könnte.«
    »Das bedeutet wohl, daß er noch nicht zurück ist«, meinte Chee. Er ahnte, daß sie ihm keinen Platz anbieten würde, obwohl sie offensichtlich von einem längeren Besuch ausging. Deshalb räumte er einen Stapel Schnellhefter von einem Stuhl und setzte sich.
    »Ich glaube, daß er tot ist«, sagte die Jacobs. »Ich wette, daß Ihr Mr. Pinto ihn zusammen mit dem Polizisten erschossen hat.«
    »Schon möglich«, antwortete Chee. »Aber was ist dann aus seiner Leiche geworden?«
    Jean Jacobs zuckte mit den Schultern. »Hat Odell Ihnen etwas Interessantes erzählt? Oder etwas Nützliches?«
    »Ich weiß noch nicht, was uns seine Informationen bringen. Er hat uns Tagerts Meinungsverschiedenheiten mit dem anderen Professor wegen Butch Cassidy eingehend geschildert. Und er hat uns erzählt, daß Pinto eine Geschichte über Cassidy oder irgendeinen anderen Banditen kennt, der nach einem Raubüberfall in Utah in das Reservat gekommen und von ein paar Navajos umgebracht worden ist. Tagert hoffte, irgendwelche Beweise dafür finden zu können. Auf jeden Fall hat er sich nicht mehr auf die These konzentriert, daß Butch Cassidy an Altersschwäche im Bett gestorben ist.«
    »Davon hab' ich andeutungsweise gehört«, bestätigte Jean Jacobs. »Nicht viel. Aber ich glaube, Tagert war wegen dieser Sache ziemlich aufgeregt. Das war letzten Sommer.« Sie machte eine Pause und warf Chee einen schüchternen Blick zu. »Was halten Sie von ihm?«
    »Von Odell Redd? Ein netter Kerl, glaube ich. Er hat Sie als Freundin bezeichnet.«
    »Hmmm«, sagte sie. »Als Freundin.«
    Ihre traurige Miene entsprach so sehr seiner eigenen Gemütslage, daß Chee fragte: »Schwierigkeiten?«
    Sie hörte das Mitgefühl in seiner Stimme.
    »Ich bin heute nur ein bißchen down«, antwortete sie und lachte unsicher. »Sie auch, möchte ich wetten. Jedenfalls wirkten Sie nicht gerade fröhlich, als Sie hereingekommen sind.«
    »Stimmt«, bestätigte Chee. »Heute ist kein sonderlich guter Tag für mich.«
    »Tut Ihnen die Hand weh?«
    »Ein bißchen.«
    »Sie sehen deprimiert aus«, sagte die Jacobs. »Schwierigkeiten?«
    »Nicht wirklich.« Chee zuckte mit den Schultern. »Ich hatte gehofft, mich mit einer Freundin treffen zu können. Aber sie mußte nach Santa Fe.« Er dachte darüber nach. »Zumindest hat sie das behauptet.«
    Jean Jacobs runzelte die Stirn. »Sie ist nicht wirklich hingefahren?«
    »Doch, ich glaube schon. Ich wollte damit sagen, daß sie vielleicht nicht unbedingt nach Santa Fe mußte.«
    »Oh.« Die Jacobs verzog das Gesicht. »Ich weiß genau, was Sie meinen.«
    »Da bin ich mir nicht so ganz sicher«, widersprach Chee. »Ich kann's mir jedenfalls vorstellen. Was mich angeht, ist es mir wichtiger, mit Odell zusammen zu sein, als ihm mit mir.«
    »Okay«, sagte Chee lachend. »Wir haben die gleiche Wellenlänge.«
    »Sie haben eine verletzte Hand. Sie kommen aus Farmington oder sonst woher nach Albuquerque geflogen, und Ihr Mädchen findet diesen Trip nach Santa Fe wichtiger.«
    »Vielleicht konnte sie die Reise nicht mehr verschieben. Und sie ist eigentlich

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