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Der Kojote wartet

Der Kojote wartet

Titel: Der Kojote wartet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Hillerman
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seinem angestauten Zorn Luft zu machen. »Ich hab' Scheiße gebaut, verstehen Sie? Sonst wäre ich bei Nez gewesen - und er hätte nicht sterben müssen. Aber ich habe in Red Rock gesessen und Kaffee getrunken und geglaubt, alles sei in bester Ordnung, weil ich Nez lachen gehört hatte.«
    Chee stand mit hängenden Armen vor ihr. Davon tat ihm die Hand weh. Er verschränkte die Arme.
    »Zuletzt bin ich doch hingekommen. Zu spät, um Nez helfen zu können, aber rechtzeitig genug, um seinen Mörder zu stellen. Dazu haben meine Fähigkeiten als Cop immerhin noch gereicht.«
    Jean Jacobs schwieg, während sie darüber nachdachte. Aus ihrer Miene sprach freundschaftliches Mitgefühl. Sie war eine begabte Zuhörerin. Das war Chee schon früher aufgefallen. Sprach man mit dieser Frau, hörte sie einem wirklich zu. Ihre gesamte Aufmerksamkeit war nur auf den Sprechenden konzentriert. Die restliche Welt war ausgesperrt. Außer den Worten, die sie hörte, war im Augenblick nichts von Wichtigkeit.
    Das Zuhören war ein fester Bestandteil der Navajokultur. Man unterbrach einander nicht. Man wartete, bis der andere ausgesprochen hatte und ließ ihm einen Augenblick Zeit, etwas zu ergänzen, hinzuzufügen oder zu verbessern, bevor man antwortete. Aber selbst Navajos waren oft ungeduldige Zuhörer, die nicht wirklich zuhörten, sondern sich bereits ihre Antwort zurechtlegten. Jean Jacobs hörte wirklich zu. Obwohl Chee bewußt war, daß sie ihm damit schmeichelte, hatte ihre Aufmerksamkeit die gewünschte Wirkung.
    »Ich verstehe, weshalb Sie Tagert aufspüren wollen. Und ich verstehe auch, warum Sie auf Nummer Sicher gehen wollen.«
    »Sicher!« sagte Chee lauter als eigentlich beabsichtigt. »Ich bin mir meiner Sache sicher! Wieviel sicherer kann man sich eigentlich sein? Der Mörder am Tatort - betrunken, mit dem noch rauchenden Revolver in der Hand. Er leugnet die Tat nicht mal! Wo wäre da noch Platz für Zweifel?«
    »Eigentlich nirgends«, bestätigte die Jacobs.
    »Und das FBI ist auch zufrieden. Es hat die Ermittlungsergebnisse dem Schwurgericht vorgelegt, und dieses hat der Anklageerhebung zugestimmt. Damit kann das Verfahren gegen Pinto stattfinden.«
    »Und dieser Lieutenant Leaphorn? Ist er...«
    »Er hat Zweifel am Tathergang angemeldet«, stellte Chee fest.
    »Glaubt die Tribal Police, daß Sie den falschen Mann geschnappt haben?«
    »Schon möglich. Aber ich vermute, daß Leaphorn auf eigene Faust ermittelt. Das wäre nicht das erste Mal. Er ist gewissermaßen unser Supercop. Seit Urzeiten im Dienst. Kennt jeden. Erinnert sich an alles. Vergißt nichts. Ich habe schon ein paarmal mit ihm zusammengearbeitet. Früher oder später stößt jeder von uns mit ihm zusammen, weil er für alle schwierigeren Fälle zuständig ist.«
    »Kamen Sie nicht mit ihm klar?«
    »Ich glaube nicht, daß er eine sehr hohe Meinung von mir hat«, antwortete Chee. »Wenn ich ehrlich sein soll, sind wir recht gut miteinander ausgekommen. Er hat mich sogar für einen Gesang engagiert. Für das Lied, das den Segen bringt.«
    Er sah ihren fragenden Gesichtsausdruck.
    »Das ist eine Heilungszeremonie«, erklärte Chee. »Ich wollte früher Schamane werden - Sänger und Medizinmann. Ein hataalii, wie diese Männer in unserer Sprache heißen. Ich wollte ein Heiler sein, um anderen Menschen ihre innere Harmonie zurückzugeben. Ich hab's zumindest versucht. Aber meine Dienste waren nicht sonderlich gefragt.« Er lachte humorlos. »Lieutenant Leaphorn war mein einziger richtiger Patient. Der einzige außerhalb meiner Familie.«
    »Dazu gehören Zeichnungen im Sand, stimmt's?« fragte Jean Jacobs. »Das ist so ungefähr das einzige, was ich davon weiß.«
    Chee hatte plötzlich das Gefühl, sich selbst zu beobachten und sich zuzuhören, als stehe er neben sich. Er sah und hörte Selbstmitleid. Auch etwas Zorn, aber vor allem einen Mann, der Mitleid mit sich selbst hatte. Noch mehr als bei anderen haßte er das bei sich - so sehr, daß er sich schämte.
    Trotz seines Zorns erkannte er jetzt, was hinter Leaphorns Nachforschungen stecken mußte. Sie konnten nicht zufällig gewesen sein. Wie war der Lieutenant auf Tagert gestoßen? Dazu mußte er einiges ausgegraben haben. Chee spürte, wie sein Ärger verflog und dem Gefühl Platz machte, jetzt mit noch mehr Nachdruck ermitteln zu müssen.
    »Tut mir leid, daß ich Sie mit meinen Problemen belästigt habe«, sagte er. »Dazu bin ich eigentlich nicht hergekommen. Ich wollte fragen, ob ich einen Blick in

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