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Der Kojote wartet

Der Kojote wartet

Titel: Der Kojote wartet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Hillerman
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noch eine Frage«, fuhr Leaphorn fort. »Der Name Chee ist bei uns Dinee zwar häufig, aber so verdammt häufig auch wieder nicht. Wie, zur Hölle, ist Jim Chee in diese Sache hineingeraten?«
    Der Captain machte ein grimmiges Gesicht. »Das krieg' ich noch raus! «
    »Ich auch«, versicherte Leaphorn ihm.

14  
    Janet Pete hatte seine Idee nicht gefallen. Und Jim Chee war sich auch darüber im klaren, daß ihre Reaktion mit ihrem mangelnden Vertrauen zu tun hatte. Vielleicht hatte sie sogar befürchtet, daß er sie hintergehen könnte. Auch wenn er das nicht wirklich glaubte, nagte dieser Gedanke doch an seiner Seele. Und erbitterte ihn. Janet hatte seine Diskretion, sein Urteilsvermögen in Frage gestellt. Und das erbitterte ihn ebenfalls. In gewisser Beziehung war es sogar noch schlimmer.
    Zuletzt hatte Chee sich nicht länger beherrschen können.
    Das war eine für ihn neue Schwäche, die er durchaus erkannte. Er erklärte sie sich als Folge begreiflicher Nervosität wegen seiner Hand, die ihn bei jeder Bewegung daran erinnerte, daß er sie vielleicht nie mehr richtig gebrauchen können würde, sowie aufgrund traumatischer Erinnerungen an seine dienstliche Pflichtvergessenheit. Aber so plausibel solche Er-klärungen auch sein mochten, so wenig gefiel ihm diese neue Stimmung.
    »Janet«, sagte er, »erspar mir dieses ganze Juristengewäsch. Ich habe dir bereits erklärt, daß ich dem Alten kein Geständnis abfordern werde. Ich werde ihn nicht fragen, was er in der Tatnacht dort draußen zu suchen hatte. Oder wie er dorthin gekommen ist. Oder warum, zum Teufel, er Nez erschossen hat. Ich will ihn nur nach der Geschichte fragen, die er dem Professor erzählt hat. Warum er glaubt, daß der Gesang des Sieges über die Feinde für alle diese Pferdediebe, und der zur Beschwörung des Bösen für nur einen von ihnen zelebriert worden ist. Ich frage ihn nichts, was irgendeinen Sinn für das FBI machen würde. Und für dich übrigens auch nicht.«
    Damit hatte er einen wunden Punkt berührt. Janets Stimme klang eisig.
    »Ich erspare dir das Juristengewäsch. Dafür ersparst du mir den >Ich-bin-indianischer-als-du-Scheiß. Okay?«
    Chee zögerte kurz. »Einverstanden«, sagte er dann. »Entschuldige.«
    »Gut, meinetwegen«, entschied Janet. »Aber du hältst dich an die Regeln, verstanden? Ich bin von Anfang bis Ende dabei. Ashie Pinto beantwortet nur Fragen, mit denen ich einverstanden bin. Ihr sprecht beide viel besseres Navajo als ich, deshalb erklärst du mir jede Frage, die ich nicht verstehe, bis ich sie kapiert habe - oder sie wird nicht beantwortet. Verstanden?« Das hatte Chee sehr gut verstanden.
    Janet Pete hatte sein Gespräch mit Pinto für drei Uhr nachmittags angesetzt, und Chee fuhr mit dem Taxi ins Untersuchungsgefängnis des County. Es war ein sonniger, windstiller Nachmittag mit von Nordwesten heranziehenden dünnen hohen Wolken, die Chee daran erinnerten, daß der Meteorologe im Fernsehen gesagt hatte, letzte Nacht habe es in Flagstaff geschneit und die Front ziehe nach Osten weiter. Nachdem er am Haupteingang seinen Dienstausweis vorgezeigt hatte, begleitete ein Gefängniswärter ihn ins Besucherzimmer.
    Janet Pete erwartete ihn bereits. Sie saß hinter dem langen Holztisch auf einem Holzstuhl mit gerader Lehne und sah klein und müde und schön aus.
    »Yaa' eh t'eeh«, begann Chee. Dann machte er eine Pause und murmelte verlegen: »Hallo, Janet.«
    »Yaa' eh t'eeh«, sagte sie lächelnd. »Ein bißchen Navajo spreche ich auch.«
    »Nicht weniger als ich«, behauptete Chee, was offenkundig gelogen war. Aber ein Wärter führte Hosteen Ashie Pinto herein, bevor Janet sich dazu äußern konnte.
    In diesem von Neonröhren erhellten stillen, fast sterilen Raum war Ashie Pinto nicht der Mann, den Chee in Erinnerung hatte. Er erinnerte sich an einen vom Regen durchnäßten, torkelnden Betrunkenen im gelblichen Scheinwerferlicht -den er wegen seines eigenen Schocks und seiner eigenen Schmerzen nur verschwommen wahrgenommen hatte. Jetzt war Pinto kleiner, abgemagert, schwächlich, würdig und schrecklich alt. Er setzte sich neben Janet, die er mit einem Nicken begrüßte, blickte zu Chee hinüber und musterte seine dick verbundene linke Hand. Dann wiederholte Pinto den einzigen Satz, den Chee je von ihm gehört hatte.
    »Ich schäme mich«, sagte er leise und senkte den Kopf.
    Auch Chee senkte den Kopf. Als er wieder aufblickte, sah er, daß Janet ihn beobachtete. Chee fragte sich, ob sie das Gemurmel des

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