Der Kojote wartet
der Schönheit der Landschaft gemacht worden. Könnten Sie den Jungen anrufen und ihn fragen? Haben Sie nicht gesagt, er würde hier bei Freunden übernachten?«
» Stimmt, aber nachher haben ihn die Kollegen vom FBI mit nach Albuquerque genommen, um ihn bei seinen Verwandten unterzubringen. Dort kann er noch nicht angekommen sein. Aber wir sollten versuchen, die Negative zu finden. Vielleicht zeigen sie soviel Hintergrund, daß wir den Felsen lokalisieren können.«
Sie verbrachten fast eine halbe Stunde damit, in Negativordnern zu blättern, ohne etwas zu finden, das ihnen weitergeholfen hätte.
Leaphorn zog den Papierkorb unter dem Ausguß hervor, wühlte darin und holte eine zusammengeknüllte Vergrößerung heraus. Sie zeigte einen Teil derselben Szenerie im Format 24 x 36, aber dieses Bild war viel dunkler. Beim Vergrößern überbelichtet, vermutete der Lieutenant, und deshalb weggeworfen. Er strich das Bild auf der Arbeitsfläche glatt, sah zu Bourebonette hinüber und zog fragend die Augenbrauen hoch.
»Schwer zu sagen«, meinte sie. »Mag sein, daß es groß genug ist, um Hinweise liefern zu können.« Dann zuckte sie mit den Schultern. »Aber Hinweise worauf?«
»Ich glaube, daß wir hier nur unsere Zeit vergeuden«, sagte er und ließ die Vergrößerung wieder in den Papierkorb fallen. »Und ich glaube, daß Sie einen merkwürdigen Beruf haben«, sagte Bourebonette.
»Oh, nicht immer«, antwortete er. »Aber diesmal ist wirklich vieles merkwürdig.«
»Ein Fotograf, der offenbar nur zwei Motive kennt«, sagte sie. »Felsen und dieses Mädchen.« Dabei zeigte sie auf das Porträt des Navajomädchens, das Leaphorn schon früher aufgefallen war. »Davon gibt's mehrere. Die Freundin des Jungen, nehme ich an.«
»Sieht wie eine Fotokopie aus«, stellte Leaphorn fest. »Miserable Qualität.«
»Vielleicht daraus?« sagte Bourebonette. Im Wandregal hinter dem Vergrößerer stand das Jahrbuch der Shiprock High School.
Sie fanden das Porträt des Mädchens unter den Bildern der Cheerleader: Jenifer Dineyahze aus der vorletzten Klasse. »Ich glaube, wir sollten mit Jenifer Dineyahze sprechen«, sagte Leaphorn. »Vielleicht hat sie etwas Wichtiges zu erzählen.« Aber er glaubte selbst nicht recht daran.
Wie sich herausstellte, benutzte Jenifer Dineyahze regelmäßig den Schulbus nach Shiprock.
»Wo die Dineyahzes genau wohnen, ist ein bißchen schwierig zu erklären«, entschuldigte sich der stellvertretende Direktor, während er eine Landkarte aus seinem Schreibtisch holte und ihnen zeigte, welche Route der Schulbus fuhr und wo er zum Ein-oder Aussteigen hielt. »Irgendwo hier«, sagte er und tippte mit seinem Bleistift auf die Hänge am Beautiful Mountain. »Oder vielleicht eher hier.« Die Bleistiftspitze bewegte sich etwas in Richtung Sanostee. »Wo es dann scharf nach links geht, ist das Haus schon zu sehen.«
Bevor sie Shiprock verließen, tankte der Lieutenant seinen Wagen voll - wie immer, wenn es ins Hinterland ging. Dieses Unternehmen führte sie nach Südwesten, zurück nach Window Rock. Es würde ihnen die Stelle zeigen, wo Ashie Pinto verhaftet worden war. Und es würde ihm einen Blick auf die Felsformation gestatten, die der Schmierer verunstaltet hatte.
»Was erhoffen Sie sich von diesem kleinen Ausflug?« fragte Bourebonette.
»Ehrlich gesagt nichts«, antwortete Leaphorn. »Wahrscheinlich greife ich morgen zum Telefon und versuche, Taka in Albuquerque zu erreichen, um ihn nach den Bildern zu fragen. Aber wir kommen auf der Heimfahrt - beziehungsweise auf der Rückfahrt zu Ihrem Wagen - praktisch dort vorbei. Und man weiß schließlich nie.«
Sie bogen von der Route 666 nach Westen ab und fuhren auf der Navajo Route 33 in Richtung Red Rock weiter.
Louisa Bourebonette deutete auf den Rol-Hai-Rock südlich von ihnen und danach auf den Barber Peak jenseits der Straße. »Die Aufnahmen könnten Details dieser beiden Felsen zeigen«, sagte sie.
»Oder vielleicht einen der Ausläufer vom Ship Rock«, stellte Leaphorn fest. »Irgendwelche neuen Ideen, warum er die Fotos gemacht hat?«
»Nein - nicht mal eine alte. Und Sie?«
»Bloß eine alte«, sagte der Lieutenant. »Ich habe das Gefühl, daß die Felsformation, die der Schmierer bemalt hat, mit jener auf den Fotos identisch ist.«
Bourebonette dachte darüber nach. »Warum?«
Leaphorn lachte in sich hinein. »Ich habe befürchtet, daß Sie das fragen würden. Wahrscheinlich liegt es daran, daß ich seit dem Tod meiner Frau zuviel
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