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Der Kojote wartet

Der Kojote wartet

Titel: Der Kojote wartet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Hillerman
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lange nicht mehr gesehen habe, arbeitet dort in der Bibliothek.«
    Dieses Gespräch hier würde keine weiteren Aufschlüsse mehr bringen. Er würde seinen Kaffee austrinken, in der Bibliothek vorbeischauen, um Louisa Bourebonette abzuholen, und dann nach Window Rock heimfahren. Weder Chee noch Largo schienen imstande zu sein, sich eine Verbindung zwischen einem verrückten Felsenschmierer und einem ermordeten Polizisten auszudenken. Trotzdem mußte es eine geben...
    Leaphorns Verstand sagte ihm, daß Oberst Ji versucht hatte, ihnen das mit seiner Nachricht mitzuteilen. Der Mann mußte gewußt haben, daß er im Sterben lag. Er hatte sie gebeten, seinen Sohn zu beschützen, und ihnen dann mitgeteilt, daß er Chee belogen hatte. Es mußte eine Verbindung geben, die vermutlich daraus bestand - wie übrigens auch Chee glaubte -, daß in dieser Nacht der Junge mit seinem Auto unterwegs gewesen war. In einer regnerischen Nacht, in der ein alter Säufer einen Polizeibeamten erschossen und ein Verrückter Felsformationen mit zufälligen Mustern bemalt hatte.
    Zufall, dachte Leaphorn. Zufall? Als Junior an der Arizona State University, als junger Mann, der Abenteuer suchte, zuviel trank und Mädchen nachstellte, war er einmal zu einem Tanzfest zwischen Kinlichee und Cross Canyon gefahren. In dieser Nacht hatte es geregnet, und er hatte gemeinsam mit
    Haskie Jim, dem älteren Bruder seines Vaters, beobachtet, wie die ersten Tropfen in den Staub geklatscht waren. Er hatte sich damals sehr für Mathematik interessiert, war bestrebt gewesen, seine Bücherweisheit anzubringen, und hatte seinem alten Onkel einen kleinen Vortrag über Wahrscheinlichkeiten und Zufälle gehalten.
    »Du glaubst also, daß der Fall dieser Regentropfen vom Zufall bestimmt ist?« hatte sein Onkel gefragt. Und Leaphorn war überrascht gewesen. Natürlich seien sie zufällig verteilt, hatte er gesagt. Oder glaube sein Onkel das etwa nicht?
    »Ich denke nur an die Sterne«, hatte Haskie Jim geantwortet. »Unserer Legende nach haben First Man und First Woman sie drüben bei der Huerfano Mesa in ihrer Decke gehabt, um sie sorgfältig am Himmel aufzuhängen. Aber dann bat Kojote die Decke ergriffen und herumgewirbelt und mitsamt den Sternen ins Dunkel davongeschleudert. So ist die Milchstraße entstanden. Und so ist die Ordnung am Himmel durch Unordnung ersetzt worden. Durch eine zufällige Anordnung. Aber trotzdem... Gewiß, Kojotes Tat ist böse gewesen -aber hat das Böse nicht auch eine innere Logik?«
    Damals war Leaphorn noch zu jung gewesen, um mit der alten Metaphysik Geduld zu haben. Er erinnerte sich daran, wie er Haskie Jim von moderner Astronomie und Himmelsmechanik erzählt und dabei ungefähr gesagt hatte: »Trotzdem kannst du nicht erwarten, im Fallen von Regentropfen etwas anderes als Zufälligkeiten zu entdecken.« Haskie Jim hatte eine Zeitlang schweigend den Regen beobachtet. Dann hatte er mit fester Stimme geantwortet - Joe Leaphorn konnte sich sogar noch an den Gesichtsausdruck erinnern, mit dem der Alte das gesagt hatte: »Ich glaube, daß der Regen von hier, wo wir stehen, zufällig wirkt. Könnten wir woanders stehen, würden wir die Ordnung in ihm erkennen.«
    Später, nachdem Leaphorn sich Gedanken über den Sinn dieser Aussage gemacht hatte, hatte er in allem eine Ordnung gesucht. Und er hatte sie im allgemeinen gefunden. Außer in Fällen von Geistesgestörtheit. Aber Joe Leaphorn glaubte nicht, daß jemand, der mit Leiter und Spritzpistole in die Hügel zog, den Verstand verloren hatte.
    Nein, hier gab es irgendein Raster, irgendein Motiv, das er nur finden mußte.

16  
    Deputy T. J. Birdie hatte Dienst, als Chee ins Bezirksgefängnis in Aztec kam. T. J. behauptete, er sei im Augenblick zu sehr beschäftigt.
    »Wir sind unterbesetzt. Ich muß mich hier allein um das Telefon und den Funk und den anderen Kram kümmern. Wir sind bloß zu zweit: George hinten im Zellentrakt und ich hier vorn. Komm morgen während der normalen Dienststunden wieder, dann sucht es dir jemand raus. Das ist nicht so einfach, wie du meinst. Erst die ganze Sortiererei. Und danach muß alles an seinen Platz zurück.«
    »Unsinn, T. J.«, widersprach Chee, »du bist bloß zu faul! Dabei brauchst du nur die Akte über Pintos Einlieferung herauszusuchen, damit ich sehe, was er an persönlichem Besitz bei sich hatte.«
    »Ich muß hier am Telefon bleiben«, sagte T. J. »Der Sheriff schneidet mir den Pimmel ab, wenn er hier anruft und ich nicht drangehe.«
    Deputy

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