Der Kojote wartet
Schmerzen zu riskieren.
»Eigentlich wollte ich dir sagen, daß ich möglicherweise den Falschen verhaftet habe. Könntest du den Prozeß verschieben lassen? Wenigstens ein paar Tage?«
»Was?« fragte Janet so laut, daß das Stimmengewirr um sie herum hörbar leiser wurde. »Wir sollten hier nicht über den Fall reden«, stellte sie fest. Aber dann flüsterte sie: »Was hat er gesehen?«
»Vor Nez' Eintreffen waren drei Leute in den Felsen. Der Alte und zwei weitere Personen. Vielleicht zwei Männer, vielleicht ein Mann und eine Frau.«
Janet hatte es geschafft, sich im Gedränge um etwa 45 Grad zu drehen, und sah jetzt zu ihm auf. Ihr Gesicht war ein einziges Fragezeichen.
»Er hat ausgesagt, daß Pinto unter einem Baum im Gras gesessen und aus einer Flasche getrunken hat«, fuhr Chee halblaut fort. »Die beiden anderen sind in die Felsen hinaufgeklettert. Er hat sie laut herumpalavern gehört, und danach ist ein Schuß gefallen. Taka dachte, sie hätten eine Klapperschlange erlegt. Erinnerst du dich an die?«
Janet machte ein angewidertes Gesicht. Sie erinnerte sich nur allzu gut an sie.
»Dann hat er Nez' Streifenwagen gesehen und ist abgehauen.«
Chee zog das Kinn an, um seinen Blick auf sie richten zu können. Er war sich ihres dezent aufgelegten Parfüms, ihrer gegen ihn gepreßten Hüfte und ihres nach Hochlandluft und Sonnenschein duftenden Haars bewußt. Jetzt konnte er ihr Gesicht sehen. Aber ihren Gesichtsausdruck konnte er nicht deuten. Er verwirrte ihn.
»Glaubst du, das könnte beweisen, daß du den Falschen verhaftet hast? Daß es Hosteen Pinto nützt?«
»Ob es Hosteen Pinto nützt? Aber natürlich! Einer von den dreien hatte einen Revolver - oder zumindest irgendeine Schußwaffe - bei sich. Und soviel der Junge sehen konnte, hatte Pinto bloß eine Flasche bei sich. Klar nützt ihm das! Es weckt angebrachte Zweifel. Findest du nicht auch?«
Janet Pete schlang impulsiv beide Arme um Chee und drückte ihn an sich.
»Ah, Jim«, sagte sie. »Jim!«
Chee, der weiter seine verbundene Hand hochhielt, brauchte einige Sekunden, um zu begreifen, daß sie jetzt bestimmt von allen anderen Fahrgästen angestarrt wurden. Aber dann merkte er, daß ihm das vollkommen egal war.
22
Taka Ji hatte Chees Landkarte ebenso präzise markiert, wie er seine romantische Botschaft an Jenifer Dineyahze geplant hatte. Chee erreichte die Felsformation ohne Umweg und fand die Stelle im benachbarten Arroyo, wo Taka den Jeepster seines Vaters abgestellt hatte. Er kletterte aus dem Pickup, blieb einen Augenblick neben dem Wagen stehen, streckte seine Muskeln und hielt Ausschau nach der günstigsten Aufstiegsroute.
Irgendwo zwischen diesen schwarzen Felsen befand sich etwas, das Professor Tagert suchte - wahrscheinlich das Skelett Butch Cassidys. Und etwas, das Redd dazu veranlaßt hatte, eine Übersetzung zu verändern, um Tagert irrezuführen; irgend etwas, veranlaßt hatte, sich einer Zeremonie zur Abwehr von Hexenzauber zu unterziehen. Irgendwo dort oben hatten damals vermutlich zwei weiße Banditen den Tod gefunden. Und irgendwo dort oben hatte Taka Ji letzten Monat gehört, wie jemand auf eine Schlange oder vielleicht auf einen anderen Menschen oder vielleicht bloß in die Luft geschossen hatte.
Seitdem Chee am frühen Nachmittag von Albuquerque losgefahren war, hatte er sich einen Wettlauf mit Wetter und Sonnenstand geliefert. Bereits weit im Süden, wo der Highway 44 das Jicarilla-Reservat erreichte, war ihm aufgefallen, wie düster der Horizont im Nordwesten war.
»Diesmal haben wir es mit einem langsam heranziehenden Sturm zu tun, der erhebliche Schneemengen bringen könnte«, hatte Howard Morgan auf Kanal sieben angekündigt. »Sollte sich der Strahlstrom jedoch nach Norden verlagern, wird der Niederschlag New Mexico höchstwahrscheinlich nur streifen.«
Tatsächlich war der Sturm langsam weitergezogen - erheblich viel langsamer als Chee, der seinen Pickup illegaler -und unvernünftigerweise auf leichtsinnige achtzig Meilen die Stunde gebracht hatte. Trotzdem war der Himmel zu zwei
Dritteln mit dunklen Sturmwolken bedeckt, als Chee die Huerfano Mesa hinter sich ließ, und in der Luft lag Schneegeruch.
Diesen feuchtkalten Geruch hatte Chee in der Nase, als er jetzt neben seinem Pickup stand. Die Sonne berührte fast den Horizont und leuchtete durch einen schmalen Spalt, der im Westen zwischen Erde und Wolken verblieben war. In ihrem Lichthorizont und leuchtete durch einen schmalen Spalt, der im Westen
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