Der Kojote wartet
trotzdem mit Taka Ji reden. Hören Sie sich an, was er zu sagen hat. Fragen Sie ihn, ob er irgend etwas gesehen hat.«
»Das wollte ich sowieso«, gab Chee zu.
»Inoffiziell«, ermahnte Leaphorn ihn. »Schließlich mischen wir uns ja nicht in Fälle ein, die uns nichts angehen.« Er machte eine Pause. »Und lassen Sie dieses Telefon reparieren.«
21
Die Adresse der Familie Ha, die Leaphorn ihm gegeben hatte, lag entgegengesetzt von Tagerts Wohnsitz. Tagert wohnte jedoch nicht weit von der Universität entfernt, und Chee fuhr diesen kleinen Umweg. Er wollte sehen, ob er mit seiner Vermutung recht hatte. Tagerts Haus war ein Klinkerbungalow am unteren Ende der Mittelstandskala - die Art Haus, die Geschichtsprofessoren sich leisten können, wenn sie sparsam leben. Chee parkte auf der Straße, ging die leere Einfahrt hinauf und klingelte an der Haustür. Niemand öffnete. Er klingelte weitere vier Male. Noch immer keine Reaktion. Er ging zur Garage hinüber und warf einen Blick durch das Fenster. Die Scheibe war schmutzig, aber nicht so schmutzig, daß Chee die rote Corvette und den weißen Oldsmobile nicht hätte erkennen können.
Das Haus der Familie Ha war gepflegt und hob sich dadurch von den verunkrauteten Gärten der Nachbarn ab. In der Einfahrt stand kein Wagen, aber während Chee seinen Pickup am Randstein parkte, fuhr ein älterer blauer Chevrolet vor. Der Jugendliche neben der jungen Frau am Steuer war Taka Ji.
Sie begannen ihr Gespräch in der Einfahrt. Chee lehnte an der Tür des Wagens, der Jugendliche stand ihm steif gegenüber, und Miss Janice Ha, die hinter dem Steuer gesessen hatte, stand als schweigende, mißbilligende Zuhörerin neben Taka.
»Ich bin der Polizist, der in der Tatnacht die Festnahme vorgenommen hat«, erklärte Chee dem Jugendlichen. »Ich habe dich im Jeepster deines Vaters vorbeifahren sehen. Ich saß in dem Streifenwagen, dem du kurz vor der Abzweigung nach Shiprock begegnet bist.«
Taka Ji starrte ihn nur an.
»Inzwischen wissen wir etwas mehr«, fuhr Chee fort. »Wir wissen, daß du die Felsen weiß angemalt hast. Wenn du mir erzählst, was du gesehen hast, hilfst du uns vielleicht, den Mörder deines Vaters zu fassen.«
Janice Ha legte Taka eine Hand auf die Schulter. »Wir gehen lieber herein, glaube ich«, sagte sie.
Das Wohnzimmer des Hauses war fast so klein wie Chees beengte Unterkunft - aber es bot zwischen den beiden Fenstern Platz für einen Marienaltar. Eine dreißig Zentimeter hohe Gipsmadonna in ihrem traditionellen blau-weißen Gewand blickte lächelnd auf zwei kleine Kerzen und zwei kleine Blumentöpfe mit Chrysanthemen herab. Auf dem Sofa daneben saß eine Frau, die Chee an eine kleinere und etwas ältere weibliche Version von Oberst Ji erinnerte.
Sie hieß Thuy Ha und verbeugte sich tief vor Chee, als Janice Ha sie miteinander bekannt machte.
»Takas Vater war ein jüngerer Bruder meiner Mutter«, erläuterte Janice Ha. »Ihr Englisch ist noch nicht besonders gut. Es hat lange gedauert, bis die Kommunisten sie freigelassen haben. Sie ist erst letztes Jahr zu uns gekommen.«
»Tut mir leid, Sie ausgerechnet jetzt belästigen zu müssen«, sagte Chee. Er sah zu dem Jungen hinüber. »Aber ich glaube, daß Taka uns weiterhelfen könnte.«
Janice sprach mit der Frau - um zu dolmetschen, wie Chee vermutete -, und Thuy Ha antwortete etwas. »Sie sagt, daß er Ihnen nach Kräften behilflich sein wird«, erklärte Janice Ha.
Die ältere Frau sprach erneut - diesmal etwas länger. Ihre Tochter schien einen Einwand vorzubringen, über den Thuy Ha jedoch hinwegging. Ihre Stimme klang aufgebracht.
»Mrs. Ha bittet mich, Ihnen zu sagen, daß die Kommunisten Oberst Ji ermordet haben«, dolmetschte Janice Ha weiter. Sie wirkte verlegen. »Oberst Ji hat den Amerikanern treu gedient, sagt sie, und sich dadurch viele Feinde gemacht, und die Kommunisten haben jemand hierher nach Amerika geschickt, nur um ihn ermorden zu lassen.«
Die Frau beobachtete Chee gespannt.
»Würden Sie sie bitte fragen, ob sie weiß, wer es gewesen sein könnte?«
Die Tochter dolmetschte. Mrs. Ha sagte ein einziges Wort. »Kommunisten«, sagte Janice Ha.
Taka Ji brach das folgende kurze Schweigen.
»Ich habe nicht viel gesehen«, begann er. »Es wurde dunkel - und dann ist das Gewitter aufgezogen.«
»Erzähl mir einfach, was du gesehen hast«, forderte Chee ihn auf.
Als erstes hatte er einen Wagen gehört. Er war von seiner Leiter gestiegen und hatte sich daneben in den Sand
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