Der Kojote wartet
zwischen Erde und Wolken verblieben war. In ihrem Licht sahen die Grate und Gesteinsspalten noch zerklüfteter als sonst aus. Von seinem jetzigen Standort aus schienen Dutzende von Wegen durch die Felsen nach oben zu führen. Aber die meisten davon würden an unüberwindbaren Lavawänden enden.
Er fand schwache Spuren Taka Jis, die der nächtliche Regen nicht fortgewaschen hatte, und folgte ihnen, begünstigt durch den momentanen Stand der Sonne. Dann entdeckte er weitere Fährten, unter denen sich klar erkennbare Abdrücke von Cowboystiefeln mit hohen Absätzen befanden. Sie führten ins Malpais hinauf.
Aus Chees Sicht führten sie ins Tse A'Digash hinauf. Diesen Ausdruck, der einen Hexentanzplatz bezeichnete, hatte Hosteen Pinto gebraucht. Das war ein Aspekt, der bedacht werden mußte. Ebenfalls zu bedenken waren die zahlreichen Klapperschlangen, die mit der ersten Herbstkälte hierher gekommen sein würden, um die letzten warmen Tage zwischen den Felsen zu genießen, bevor ihr Winterschlaf begann. Möglicherweise hielten sie sogar schon ihren Winterschlaf. Aber Chee glaubte nicht recht daran.
Die Medizinmänner hatten sorgfältig auf solche Dinge geachtet. Und sie hätten um diese Jahreszeit keine jener Heilungszeremonien angesetzt, die nur dann stattfinden konnten, wenn die Schlangen fest schliefen. Andererseits jagten Schlangen keine Menschen, sondern Beutetiere, die klein genug waren, um verschlungen zu werden. Aber Schlangen konnten Menschen beißen, von denen sie sich bedroht fühlten. Mit diesem Wissen-und im Bewußtsein, daß dieser Ort als Hexentanzplatz berüchtigt war - bewegte sich Chee vorsichtig weiter.
Die erste Route, für die er sich entschied, endete in einer mit Geröll angefüllten Spalte. Nachdem er eine schwierige Steilstufe überwunden hatte, führte die zweite höher und höher hinauf. Das nachlassende Sonnenlicht beleuchtete die Felsen vor ihm nicht mehr, aber er kam verhältnismäßig mühelos voran. Offensichtlich wurde dieser Pfad seit vielen Jahren von Menschen und Tieren benutzt. Hier war ein Kaktus durch einen unbedachten Schritt abgeknickt worden, aber im Laufe der Zeit wieder zusammengewachsen; dort war ein Grasbüschel unter dem Druck eines Fußes verschoben worden. An einigen regengeschützten Stellen entdeckte Chee frische Fußabdrücke. Spuren der hochhackigen Stiefel waren nirgends mehr zu finden. Diese Stiefel mußte Ashie Pinto getragen haben. Der Alte war zu klug gewesen, um sich hierher zu wagen. Pinto hatte sich mit seiner Flasche unter einen Baum gesetzt, anstatt das Schicksal herauszufordern. Aber Kojote hatte ihm auch dort aufgelauert.
Chee befand sich schon hoch in den Felsen, als er die erste Schlange sah: eine verhältnismäßig kleine Prärieklapperschlange, die vor ihm über den Weg kroch, als er um eine Ek-ke zwischen schulterhohen Felsblöcken bog. Chee hielt inne. Die Schlange auch. Sie rollte sich zusammen, aber ihre Bewegungen waren lethargisch. Er trat einige Schritte zurück, damit das Reptil seinen Geruch weniger stark wahrnahm. Als er einige Augenblicke später um die Ecke sah, war die Klapperschlange verschwunden.
Chee nahm sich die Zeit, die Schlängelspur des Reptils im Sand mit seiner Stiefelspitze zu verwischen. An den Grund für dieses Verhalten konnte er sich nicht erinnern; er wußte nur, daß es zu der langen Litanei von Tabus und ihren Gegenmaßnahmen gehörte, die seine Großmutter ihn gelehrt hatteeine kleine Gefälligkeit gegenüber Big Snake.
Keine fünfzig Fuß weiter fand er die Stelle, die er gesucht hatte.
Irgendwann in grauer Vorzeit war in unter hohem Druck emporquellendem Magma ein waagerecht verlaufener Riß entstanden, dessen verwitterte Basaltwände jetzt unter Flechten verschwanden. Am breiteren Ende dieses Risses war eine Magmablase geplatzt, so daß eine kleine Höhle zurückgeblieben war. In unzähligen Jahren waren Sand, Staub und organisches Material direkt vom Wind hereingetragen oder von den Moosschichten entstanden, in der Büschel-und Nadelgras wuchs, wenn von oben genug Wasser nachsickerte. Am vorderen Rand dieser ebenen Fläche erkannte Chee die verwitterten Überreste eines Sattels.
Er blieb stehen und sah sich um.
Selbst aus einigen Metern Entfernung waren im weichen Boden vor ihm Fußabdrücke zu erkennen. Dann hörte er ein leises Scharren. Oder bildete sich ein, es gehört zu haben. Als Chee aus seinem Wagen gestiegen war, hatte ein leichter Wind geweht. Nun war er jedoch abgeflaut und einer völligen
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