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Der Komet im Cocktailglas

Der Komet im Cocktailglas

Titel: Der Komet im Cocktailglas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Freistetter
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Jahren die Grundlage für das Leben auf die Erde brachten, könnten dieses Leben heute mit einem Schlag wieder auslöschen. Die Vorfahren der Vögel haben es am eigenen Leib erfahren...
    Wenn andere Himmelskörper mit der Erde kollidieren, ist das manchmal hilfreich. Ohne sie hätten wir kein Wasser und keinen Mond, der die Erdachse stabilisiert. Manchmal sind die Kollisionen auch völlig harmlos, zum Beispiel dann, wenn nur die Mikrometeorite in der Atmosphäre verglühen und schöne Sternschnuppen erzeugen. Manchmal aber sind die kosmischen Kollisionen genau so, wie wir sie uns meistens vorstellen: katastrophal!
    Die Felsbrocken aus dem All rasen mit einer Geschwindigkeit von ein paar Dutzend Kilometer pro Sekunde auf die Erde zu. Wenn es hier zur Kollision kommt, ist es kein Wunder, dass ihre Folgen katastrophal sind. Trifft ein Asteroid mit einer so hohen Geschwindigkeit auf die Lufthülle der Erde, dann entsteht eine enorme Reibungshitze. Die meisten Asteroiden sind vergleichsweise klein und bestehen nur aus Gestein. Sie halten das nicht lange aus und brechen auseinander. Die vielen kleinen Bruchstücke haben nun zusammengenommen eine viel größere Oberfläche als der ursprüngliche Asteroid. Es ist schlagartig mehr Fläche vorhanden, die an der Luft reiben kann, als zuvor. Die Reibungshitze nimmt dramatisch zu, und es kommt zu einer Explosion. Die Bruchstücke des Asteroiden werden pulverisiert; höchstens winzige Brocken davon erreichen den Boden. Solange so eine Explosion hoch genug über unseren Köpfen stattfindet, passiert uns nichts. Wir sehen einen hell lodernden Feuerball über den Himmel sausen, eine „Riesensternschnuppe“. Wir hören vielleicht einen lauten Knall. Und vielleicht spüren wir auch eine Druckwelle. Oder wir merken gar nichts davon, weil alles zu weit über uns passiert.
    Vielleicht haben wir aber auch Pech. Dann war der ursprüngliche Asteroid so groß, dass die Explosion nur wenige Kilometer über dem Erdboden stattfindet. In so einem Fall hilft es uns auch nicht, wenn er sich in der Luft komplett auslöst. Die Druckwelle der Explosion ist stark genug, um auf der Erde großen Schaden anzurichten. Das plötzliche Auseinanderbrechen des Asteroiden – ein sogenannter „Airburst“ – ist vergleichbar mit der Zündung einer Atombombe über dem Erdboden. Die Folgen solch eines Ereignisses konnten russische Wissenschaftler beobachten, als sie 1927 die russische Taiga in der Nähe des Flusses Tunguska erforschten. Sie waren auf der Suche nach Spuren einer Katastrophe, die sich fast 20 Jahre zuvor dort abgespielt haben musste. Am 30. Juni 1908 gab es in der Region eine gewaltige Explosion. In der unbewohnten Wildnis gab es keine Augenzeugen, und daher wusste niemand, was wirklich passiert war. Aber noch in 50 Kilometer Entfernung vom Explosionsort spürte man die Hitze. Menschen wurden durch die Druckwelle zu Boden geworfen. Ein Beben der Erde spürte man noch 500 Kilometer entfernt, und auch den Knall konnte man so weit hören. Seismographen auf der ganzen Welt registrierten das Ereignis, auch in Deutschland schlugen die Geräte aus.
    Irgendetwas Dramatisches war in Sibirien passiert. Die Region war allerdings kaum zugänglich, und als dann auch noch der Erste Weltkrieg ausbrach, verloren die Forscher vorerst das Interesse an Tunguska. Erst 1927 gelang es einer Expedition, zum Explosionsort vorzudringen. Was sie dort fanden, bestätigte die Erwartungen: Hier hatte sich tatsächlich eine Explosion von kaum vorstellbaren Ausmaß ereignet. Auf einem Gebiet von etwa 2.000 Quadratkilometern waren sämtliche Bäume umgeknickt. Man schätzte, dass bei der Explosion knapp 60 Millionen Bäume gefällt worden waren. Was die Wissenschaftler aber nicht fanden, war ein Krater. Abgesehen von den Millionen gefällten Bäumen gab es keine Spur einer Explosion.
    Heute wissen wir mit ziemlicher Sicherheit, was am 30. Juni 1908 in Sibirien passiert ist. Ein Asteroid oder ein Komet, ungefähr 30 bis 80 Meter groß, ist mit der Erde kollidiert. Er war zu klein und zu wenig kompakt, um den Erdboden zu erreichen. In einer Höhe von etwa 8 Kilometern brach er auseinander. Es gab einen „Airburst“, eine gewaltige Explosion. Die Druckwelle fällte die Bäume. Einen Krater gab es nicht, weil die Bruchstücke des Himmelskörpers komplett pulverisiert worden waren.
    Im Juni 1908 hatten wir Glück. Wäre die Kollision ein paar Stunden früher oder später passiert, wäre der Asteroid nicht über dem

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