Der Komet im Cocktailglas
würde, wie viel Staub aus dem All sich in der Schicht befindet, und weiß, wie viel Staub pro Jahr auf die Erde niedergeht, dann kann man daraus berechnen, wie lange es gedauert hat, bis die Schicht entstand.
Die Idee von Alvarez war genial. Wir haben ja schon kurz nach dem Betreten des Parks herausgefunden, dass der Staub am Erdboden immer auch ein bisschen Material aus dem Weltall enthält. All die kleinen Mikrometerorite, die Tag für Tag auf die Erde fallen, unterscheiden sich inihrer Zusammensetzung von normalem Staub von der Erde. Die Himmelskörper aus dem All bestehen noch aus dem ursprünglichen Material; sie spiegeln die chemische Zusammensetzung der Scheibe aus Gas und Staub wider, die die junge Sonne vor 4,5 Milliarden Jahren umgeben hat und aus der die Planeten und Asteroiden entstanden sind. Die Planeten sind groß, und in ihrem Inneren ist es heiß. Durch die vielen Kollisionen, die zu ihrer Entstehung geführt haben, waren sie früher glutflüssig, und die schweren Materialien sanken in den Kern. Die leicht flüchtigen Elemente, die in den Gesteinsbrocken eingeschlossen waren, wurden bei den Kollisionen freigesetzt und entkamen ins All. Den kleinen kosmischen Staubkörnern blieb dieses Schicksal erspart. Sie haben heute noch die gleiche chemische Zusammensetzung wie vor 4,5 Milliarden Jahren. Dadurch lassen sie sich erkennen und vom normalen Staub unterscheiden.
Die Messungen waren allerdings sehr kompliziert und fehleranfällig. Erst 1980 veröffentlichte das Team von Alvarez seine Ergebnisse. Sie hatten in der Grenzschicht tatsächlich Material aus dem All gefunden. Es handelte sich um das Element Iridium, das in der Erdkruste selbst kaum vorkommt. Allerdings fanden sie viel mehr Iridium, als sie erwartet hatten. Viel mehr, als durch den normalen Regen aus kosmischem Staub auf die Erde gelangen konnte. Als sich die mysteriöse Gesteinsschicht gebildet hat, musste also in sehr kurzer Zeit sehr viel Iridium aus dem All auf die Erde gelangt sein.
Die logischste Erklärung dafür: Ein großer Himmelskörper – etwa 10 Kilometer im Durchmesser – musste vor 65 Millionen Jahren mit der Erde zusammengestoßen sein. Eine große Kollision zwischen der Erde und einem anderen Himmelskörper, genau zu der Zeit, als auch die Dinosaurier verschwanden! Die Erklärung für das Massensterben schien gefunden.
Trotzdem dauerte es lange, bis der Rest der Wissenschaftler diese Interpretation der Ergebnisse akzeptierte. Erst als 1991 der zum Einschlag gehörende Krater gefunden wurde, fand auch die Einschlagshypothese von Walter und Luis Alvarez allgemeine Anerkennung. Der Krater war deswegen so lange verborgen, weil er sich unter Wasser vor der Küste Mexikos befand. An der Erdoberfläche war nichts von ihm zu sehen, er konnte nur durch spezielle geologische Messungen entdeckt werden. Sein Alter, seine Größe und seine Lage passten allerdings genau zu den bekannten Daten. Entfernte man sich vom Einschlagskrater, nahm die Iridiumdichte ab, und je näher man ihm kam, desto dicker wurde die Schicht.
Für die Dinosaurier und viele andere Tiere und Pflanzen war der Einschlag vor 65 Millionen Jahren die größte vorstellbare Katastrophe. Die meisten überlebten das Ereignis nicht. Auf lange Sicht aber waren die Folgen nicht nur negativ. Es wurden auf einen Schlag viele ökologische Nischen frei, und die Säugetiere machten sich daran, sie zu besetzen. Bis dahin hatten sie im Schatten der Dinosaurier existiert: kleine, nagetierähnliche Lebewesen (die heute vorhandene Artenvielfalt gab es noch nicht). Erst als die Dinosaurier verschwunden waren, konnten die Säugetiere in die freien Nischen dringen. Aus der Sicht von uns Menschen war es deshalb sehr gut, dass vor 65 Millionen Jahren so ein katastrophaler Asteroideneinschlag stattgefunden hatte. Ohne ihn würde es uns heute vermutlich nicht geben.
Einige Dinosaurierarten überlebten den Einschlag, sie veränderten sich im Laufe der Evolution. Die Nachfahren einer Gruppe kleiner Raubdinosaurier können wir heutehier im Park sehen: die Vögel. Die kleinen Spatzen und Amseln, die hier fröhlich durch den Park fliegen, sind die Nachfahren der „schrecklichen Echsen“ (so die deutsche Übersetzung des griechischen Wortes „Dinosaurier“), die für Hunderte Millionen Jahre die Welt beherrschten. Wenn wir an Dinos denken, dann stellen wir uns meist gigantische Brontosaurier oder einen gefährlichen Tyrannosaurus Rex vor. Aber es gab viele verschiedene Dinosaurier, und
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