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Der Komet im Cocktailglas

Der Komet im Cocktailglas

Titel: Der Komet im Cocktailglas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Freistetter
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quasi nicht existent ist. Andere Einflüsse sind hier wesentlich größer. Wenn wir zum Beispiel ein Haar verlieren – was mehrmals täglich vorkommt, auch ohne Haarausfall –, ändert sich unser Körpergewicht, wenn auch nur minimal. Da wir nun weniger wiegen, ist auch die Kraft kleiner geworden, mit der uns der Mond anzieht – ebenfalls nur minimal. Und diese unglaublich winzige Veränderung der Gravitationskraft ist noch um ein Vielfaches größer als die Gezeitenkraft, die auf die Zellen unseres Körpers wirkt.
    Auf diese Art kann der Mond uns also nicht beeinflussen. Viele Meereslebewesen dagegen haben ihr Leben tatsächlich nach dem Rhythmus der Gezeiten ausgerichtet und werden so indirekt vom Mond „beeinflusst“. Mysteriös ist daran aber nichts. Auch das Licht des Mondes hat keinen besonderen, geheimnisvollen Einfluss. Es handelt sich um eine helle Lichtquelle am Nachthimmel. Und wer Pech hat, den kann sie vielleicht sogar beim Schlafen stören. Dieses Problem lässt sich jedoch mit einem Vorhang lösen. Das, was man in diversen „Mondkalendern“ lesen kann, hat dagegen mit der Realität nicht viel zu tun. Wenn wir Blumen pflanzen wollen, die Wohnung putzen oder unsere Haare schneiden, spielt es absolut keine Rolle, welchen Teil der von der Sonne angeleuchteten Hälfte des Mondes wir gerade sehen können. Das „alte überlieferte Wissen“, das uns in zahlreichen Esoterik-Büchern verkauft werden soll, ist weder „alt“ noch „überliefert“, und um „Wissen“ handelt es sich dabei auch nicht. Das angeblich alte „Bauernwissen“ stammt nicht von Landwirten, sondern aus den verschiedensten esoterischen Welterklärungssystemen, die im Laufe der Zeit entstanden sind. 50 Und jede bisher durchgeführte objektive Überprüfung hat gezeigt, dass die Mondphase keine Rolle spielt, wenn es um die Gärtnerei, den Hausputz oder den Friseurbesuch geht. Natürlich schadet es auch nicht, wenn man nur bei Vollmond zum Friseur geht. Manche Menschen richten sich allerdings auch bei wichtigeren Beschäftigungen nach dem Mond, und wenn es zum Beispiel um medizinische Behandlungen geht und man wegen des Mondkalenders Operationen verschiebt, kann das schlimme Folgen haben.
    Wir glauben deswegen so gerne an einen Einfluss des Mondes, weil wir als Menschen unsere Umwelt zwangsläufig selektiv wahrnehmen. Unser Gedächtnis ist nicht so gut, wie wir gerne glauben mögen. Wir sind meist nicht in der Lage, uns objektiv zu erinnern, sondern weisen Ereignissen, die aus irgendeinem Grund besonders beeindruckend oder wichtig für uns sind, eine höhere Bedeutung zu. Viele Menschen sind zum Beispiel davon überzeugt, dass sie bei Vollmond schlecht schlafen. Aber natürlich kommt es immer wieder mal und aus den verschiedensten Gründen vor, dass man eine Nacht lang die Augen nicht zumacht. Vielleicht hat man am Abend zu schwer gegessen oder zu viel getrunken. Vielleicht ist man krank oder hat Probleme auf der Arbeit, die einen wachliegen lassen. Es passiert oft genug, dass man nachts aufwacht. Meistens schläft man irgendwann wieder ein und hat die Episode am nächsten Morgen vergessen. Wandert man aber in der Nacht schlaflos hin und her, wirft dabei einen Blick aus dem Fenster und sieht einen eindrucksvollen Vollmond am Himmel stehen, so bleibt uns dieses Ereignis lange im Gedächtnis. „Klar, es ist der Vollmond, der mich nicht schlafen lässt!“ Wir erinnern uns nicht mehr an die Nächte, in denen wir trotz Vollmond durchgeschlafen haben oder in denen wir aufgewacht sind, obwohl gerade kein Mond am Himmel stand. Der selektiven Wahrnehmung kann sich keiner entziehen, und wir müssen uns anstrengen, um sie zu umgehen. Wir könnten zum Beispiel ein Schlaftagebuch führen und Nacht für Nacht genau aufschreiben, ob wir gut oder schlecht geschlafen haben – und die Aufzeichnungen nach ein paar Monaten mit den Mondphasen vergleichen.
    Solche Untersuchungen hat man in der Vergangenheit oft genug gemacht; auch zu anderen Themen. Es wurdezum Beispiel geprüft, ob in Vollmondnächten mehr Kinder zur Welt kommen oder mehr Unfälle passieren. Die Ergebnisse zeigten immer, dass der Mond keine Rolle spielt. 51
    Heute jedenfalls hindert uns der Mond definitiv am Schlafen. Nicht wegen seines mysteriösen Einflusses, sondern weil wir noch lange nicht aufhören wollen, uns mit dem faszinierenden Nachthimmel zu beschäftigen. Der Mond steht mittlerweile hoch am Himmel. Er zeigt uns seinen vertrauten Anblick. Der ist uns vor allem deswegen

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