Der Komet
gewachsen. Die Toten wurden in Gruben geworfen, die Häftlinge ausgehoben hatten, und an Ort und Stelle verbrannt. 1944 war das Jahr, in dem Auschwitz zu Auschwitz wurde. Davor war es nur ein schreckliches Lager unter vielen anderen im deutsch besetzten Polen gewesen.
Die Aufnahmen in dem Album wurden höchstwahrscheinlich von Karl-Friedrich Höcker gemacht, einem SS -Obersturmführer, der Richard Baer, dem Lagerkommandanten von Auschwitz, als Adjutant diente. Nach dem Krieg widmete Höcker sich der Gartenarbeit und arbeitete bei einer Bank in Lübbecke, einem Ort in Nordrhein-Westfalen. 1963 wurde er zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt; als er aus der Haft wiederkam, stellte seine Bank ihn sofort wieder ein. 1989 wurde er zu weiteren vier Jahren Haft verurteilt. Er starb anno 2000 hochbetagt und ohne Reue.
Für die Forschung ist Höckers Fotoalbum wichtig, weil es Lücken in unserem Wissen über die Mörder schließt. So enthält es die einzigen acht Bilder, die Josef Mengele in Auschwitz zeigen. Interessant ist dieses Fotoalbum aber auch aus einem anderen Grund. Naturgemäß wusste man schon vorher, dass SS -Leute gelegentlich Urlaub machten. Dass sie zu diesem Zweck aber auch nach Auschwitz fuhren – das war neu.
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… mit einer weißen Nelke im Knopfloch. Die weiße Nelke war das Erkennungszeichen der Antisemiten; die rote Nelke das Symbol der Sozialdemokratie.
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Bar Mizwa. Mit 13 Jahren wird ein jüdischer Knabe »Bar Mizwa« (wörtlich: Sohn des Gebotes); das heißt, er gilt als erwachsener Mann, der alle Pflichten des mosaischen Gesetzes auf sich nimmt. Er wird in der Synagoge aufgerufen, um den Wochenabschnitt aus der Thora vorzutragen, anschließend gibt es einen Empfang mit Büfett, und seine Verwandten machen ihm Geschenke.
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… Stefan Zweig hatte dort von 1919 bis zu seinem Tod anno 1963 gewohnt. Am 12. März 1938 marschierten deutsche Soldaten in Salzburg ein. Von den Bewohnern des Ortes, der sich gern als Mozartstadt feiern lässt, wurden die Okkupanten mit begeistertem Jubel empfangen; einem treffenden Bonmot zufolge gab es in Salzburg »mehr Nazis als Einwohner«. Die Zeitungen druckten ehrlich gemeinte Jubelarien in herziger Mundart: »Ein Sieg Heil! dem liabn Führer / Z’tiafst vom Herzen, dass’ goar gellt …« Am 30. April 1938 fand auf dem Residenzplatz eine Bücherverbrennung statt; in der Nacht vom 9. auf den 10. November verwüsteten SA -Männer die Synagoge in der Lasserstraße. 41 jüdische Salzburger wurden danach ins KZ Dachau verschleppt. Die »Salzburger Festspiele«, bei denen viele Juden mitgewirkt hatten – auch ihr Gründer Max Reinhardt war Jude – wurden als reinrassig-arisches Spektakel neu erfunden. Die Nazipresse meldete: »Fünf Jahre lang hatte eine volksverräterische Clique mit Unterstützung des gesamten internationalen Judentums versucht, Salzburg zu einem antideutschen Propagandazentrum auszubauen. Fünf Jahre lang waren die weltberühmten Festspiele dieser Stadt … ein jüdischer Hexensabbat. Die Salzburger Festspiele des Jahres 1938 bedeuten den Sieg über diese Mächte der Unterwelt und das Auferstehen der alten urewigen deutschen Stadt Salzburg.« Gegeben wurden die »Meistersinger« von Richard Wagner.
Stefan Zweig wohnte zu dieser Zeit längst nicht mehr im Paschinger Schlössl auf dem Kapuzinerberg. 1934 hatte es frühmorgens bei ihm geklingelt: Vier Polizisten im Zivil wollten das Haus nach Waffen durchsuchen. Es war der Beginn des autoritären Ständestaates in Österreich, dessen treuer Diener der Polizeipräsident von Salzburg war; nun ließ er ausgerechnet im Paschinger Schlössl nachschauen, ob der bekannte und bekennende Pazifist Zweig dort Gewehre des Republikanischen Schutzbundes, also der sozialdemokratischen Miliz, versteckte – eine absurde, zugleich lächerliche und deprimierende Posse. Stefan Zweig hatte nun genug. Er emigrierte nach London. Von dort flüchtete er 1940 nach New York; von dort über Argentinien und Paraguay nach Brasilien, ein Land, für das er eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis in der Tasche hatte. 1942 verübte er in der Stadt Petrópolis (bei Rio de Janeiro) mit seiner zweiten Frau Selbstmord.
Über die Gründe für diesen Doppelselbstmord kann man lange nachdenken. Anders als viele andere Emigranten war Zweig auch im Ausland bekannt, seine Bücher verkauften sich gut, er litt also keine materielle Not; die brasilianische Regierung plante nicht, ihn zu
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