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Der Kommandant und das Mädchen

Der Kommandant und das Mädchen

Titel: Der Kommandant und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pam Jenoff
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Kind erwartet. “Ja”, sagt er bedächtig. “Wir müssen dich aus Kraków herausbringen, bevor es sonst noch jemand mitbekommt.” Welche Ironie! Genau das Gleiche hatte zuvor Krysia gesagt, als sie von meiner Schwangerschaft erfuhr. Der Kommandant springt auf und geht aufgeregt im Zimmer auf und ab. “Ich würde dich gern zu mir nach Hamburg schicken”, überlegt er. “Doch das geht nicht. Wegen der Bombardements in Norddeutschland ist es da für dich viel zu gefährlich.” Plötzlich bleibt er stehen und sieht mich an. “Ich weiß die Lösung. Meine Schwester lebt in der Nähe von Salzburg auf dem Land, dorthin werde ich dich schicken.”
    Ich zucke innerlich zusammen. In Österreich bin ich ja von noch mehr Nazis umgeben als hier in Polen. Wie soll ich von dort aus je Jakub oder meine Eltern wiederfinden? Ich merke, dass er mich beobachtet und auf meine Reaktion wartet. “Herr Kommandant … ich meine … Georg, das ist sehr nett von dir, aber …” Ich suche fieberhaft nach einem geeigneten Einwand. “Aber ich kann meine Familie nicht hier zurücklassen.”
    “Nein, natürlich nicht”, stimmt er mir zu. “Und du kannst auch nicht allein reisen. Krysia und Łukasz werden dich begleiten.” Ich bin zu verblüfft, um etwas zu erwidern. “Oberst Diedrichsen wird euch bis nach Wien begleiten, dort holt euch dann der Fahrer meiner Schwester ab. Was hältst du davon?”
    Es klingt wie ein Todesurteil. Ich darf nicht zulassen, dass er mich wegschickt. “Georg …”, versuche ich einen erneuten Anlauf.
    Er setzt sich wieder und fragt mit unüberhörbarer Ungeduld: “Was ist denn, Anna?”
    “Und was ist mit dir?”, gebe ich zurück.
    Nach kurzem Überlegen versteht er meinen Einwand und beginnt zu lächeln. “Du meinst, was ist mit
uns
?”
    “Ja”, sage ich schnell. “Ich könnte es nicht ertragen, so weit von dir weg zu sein.”
    “Mir geht es nicht anders”, gesteht er und streicht über meine Wange.
    “Vielleicht kann ich mich ja irgendwo in Kraków verstecken …”
    Sofort schüttelt er den Kopf. “Es tut mir leid, aber das ist unmöglich. Die Gefahr ist viel zu groß, dass jemand es herausfindet. Und so, wie der Krieg im Moment läuft …” Er stockt und sieht weg. “Ich möchte nicht, dass du mit unserem Kind in dieser Stadt bleibst. Und außerdem ist die medizinische Versorgung in Österreich viel besser. Es ist wirklich am besten so für dich. Du wirst morgen abreisen, und sobald der Krieg beendet ist und ich es einrichten kann, werde ich zu dir kommen. Dann heiraten wir, einverstanden?”
    Ich will ein anderes Argument anführen, gebe es aber auf. In dieser Hinsicht ist der Kommandant wie Jakub – wenn er einen Entschluss gefasst hat, lässt er sich davon nicht wieder abbringen. “Gut”, sagt er, da er mein Schweigen als Zustimmung deutet. “Dann wäre das geklärt. Ich werde alles veranlassen, und morgen früh um neun Uhr wirst du Kraków verlassen.”
    Mein Blick wandert zur Uhr. Vierundzwanzig Stunden. Ich muss das Büro verlassen und Krysia davon in Kenntnis setzen. “Georg”, beginne ich, während ich aufstehe. “Es tut mir leid, aber ich fühle mich sehr erschöpft. Wenn es nichts Dringendes zu erledigen gibt, könnte ich dann nach Hause fahren?”
    Er erhebt sich ebenfalls. “Natürlich! Es liegt bestimmt an deiner Schwangerschaft. Fahr nach Hause und ruh dich aus. Du brauchst deine Kräfte für die Reise.”
    “Danke.” Dann gehe ich zur Tür.
    “Anna”, ruft er mir nach, ich drehe mich zu ihm um. “Da … wäre noch etwas.”
    Widerstrebend kehre ich um und gehe zu ihm. “Ja?”
    “Werden wir uns heute Abend sehen?” Er weicht meinem Blick aus und fährt sich durchs Haar. “Weißt du, es ist sehr lange her, dass wir beide ein wenig Zeit für uns hatten, und da du nun morgen abreist, könnte es eine ganze Weile dauern …” Er sieht mich wieder an. “Was denkst du?”
    Verwundert mustere ich ihn. Nach allem, was geschehen ist, kann er doch keinen romantischen Abend im Sinn haben. “Ich … ich weiß nicht”, antworte ich.
    “Bitte”, beharrt er. “Nur für eine Weile.”
    Ich denke über sein Anliegen nach. Das Letzte, was ich will, ist eine weitere Nacht mit dem Kommandanten. Aber ich kann es mir nicht leisten, ihn misstrauisch zu machen. Da ihm mein Zögern nicht entgeht, sieht er rasch zur Tür, um sich davon zu überzeugen, dass niemand hereingekommen ist. Dann zieht er mich in seine Arme und blickt mir tief in die Augen. Mein Herz schlägt

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