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Der Kommandant und das Mädchen

Der Kommandant und das Mädchen

Titel: Der Kommandant und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pam Jenoff
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es nicht länger aushalte. “Stimmt etwas nicht, Herr Kommandant?”
    “Ob etwas nicht stimmt?”, wiederholt er leise, dreht sich um und kommt auf mich zu. Seine Miene wirkt aufgewühlt, er atmet bemüht aus. “Gar nichts stimmt mehr! Partisanen jagen nach Gutdünken Lokale in die Luft und töten unsere Leute! Und meine politischen Gegner wollen mir die Schuld an dieser Entwicklung zuschieben, weil sie mich loswerden wollen.”
    Hoffnung keimt in mir auf. Vielleicht sind es nur die politischen Angelegenheiten, die ihm so zu schaffen machen. “Wir leben in schwierigen Zeiten”, sage ich und versuche so zu klingen, als hätte er meine Unterstützung.
    “Ja.” Er setzt sich auf das Sofa neben mich, noch immer sieht er nicht zu mir. “Und dann bist da noch du.”
    Mein Magen verkrampft sich. “I-ich?”, kann ich nur stammeln. Mein Herz schlägt so laut, dass ich meine eigene Stimme kaum hören kann.
    “Ja, Anna. Du.” Jetzt dreht er sich zu mir um. “Möchtest du mir etwas sagen?”
    Ich zögere, meine Wangen beginnen zu glühen. Er weiß etwas, aber
was
? Durch meine Verzweiflung der letzten Wochen habe ich fast vergessen, dass ich noch ein viel größeres Geheimnis mit mir herumtrage als nur meine Schwangerschaft. “Nein, Herr Kommandant”, erwidere ich unsicher und halte den Blick gesenkt.
    “Anna.” Er beugt sich vor, legt die Finger unter mein Kinn und hebt meinen Kopf an, sodass ich ihm in die Augen sehen muss. “Sag Georg zu mir.”
    Zwar hat er mir schon vor langer Zeit gestattet, ihn mit seinem Vornamen anzureden, wenn wir allein in seiner Wohnung sind, doch das ist nun das erste Mal, dass er mich auch in seinem Büro dazu auffordert. In seinen Augen erkenne ich einen sanften Ausdruck, da ist kein gegen mich gerichteter Zorn. So würde er mich nicht ansehen, wenn er herausgefunden hätte, wer ich in Wahrheit bin. In diesem Moment, in dem er sich um eine intime Nähe zu mir bemüht, wird mir klar, hinter welches meiner Geheimnisse er gekommen ist.
    Er weiß also, dass du schwanger bist
, überlege ich. Er scheint darüber nicht verärgert zu sein. Noch immer weiß ich nicht, was ich sagen soll. “Georg …” Sein Name fühlt sich schwer und fremd an, als er mir über die Lippen kommt. “Wie hast du es erfahren?” Ich kenne längst die Antwort darauf, aber so gewinne ich etwas Zeit, bis mir eine passende Erwiderung einfällt.
    “Malgorzata erzählte es mir.”
    “So?” Ich versuche überrascht zu klingen.
    “Ja, sie kam zu mir, um es mich wissen zu lassen. Sie glaubte, ich würde wütend reagieren, weil du ledig bist und ein Kind erwartest. Natürlich hat sie gehofft, ich würde dir daraufhin kündigen.” Ich sehe ihn an. “Oh, mach dir deshalb keine Sorgen. Ich weiß, sie hat es schon seit langer Zeit auf deinen Posten abgesehen. Natürlich konnte sie nicht wissen, dass es mein Kind ist.” Seine Miene wird ernster. “Allerdings wünschte ich, ich hätte es von dir erfahren.”
    “Es tut mir leid”, entgegne ich und rutsche unbehaglich auf meinem Platz hin und her.
    “Nein, Anna,
ich
muss mich entschuldigen.” Er fasst meine Hände. “Ich war so sehr mit diesem Krieg beschäftigt, dass ich es nicht bemerkt und dir auch keine Gelegenheit gegeben habe, es mir zu sagen. Aber letztlich ist nicht wichtig, wie ich davon erfuhr. Wichtig ist, dass ich es jetzt weiß.” Er legt seine Hände an mein Gesicht und küsst mich auf die Stirn.
    “Das heißt, du bist nicht wütend?” Mein Erstaunen ist keineswegs gespielt.
    “Wütend?”, wiederholt er mit einem breiten Lächeln. “Anna, ich könnte gar nicht glücklicher sein! Du weißt, ich wollte immer Kinder haben.” Ich nicke bestätigend. “Und mit Margot … nun ja, das ist jetzt egal …” Vor meinem geistigen Auge sehe ich Margot, wie sie auf dem Boden in ihrem Blut liegt, gestorben an einem selbst zugefügten Kopfschuss, einen Arm über ihren rundlichen Bauch gelegt, um das ungeborene Leben zu schützen. Plötzlich wird mir übel.
Reiß dich zusammen
, ermahne ich mich und verdränge das Bild aus meinem Kopf. “Ich hätte es gern gesehen, wenn es in der traditionellen Reihenfolge vonstattengegangen wäre, also erst die Hochzeit, dann Kinder”, redet er weiter. “Dennoch stört es mich nicht, dass es anders ist.”
    “Aber was werden die Leute sagen? Deine Karriere …”
    Ich beobachte sein Gesicht, während er zum ersten Mal darüber nachdenkt, welcher Makel ihm anhängen wird, wenn seine ledige Assistentin von ihm ein

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