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Der Kommandant und das Mädchen

Der Kommandant und das Mädchen

Titel: Der Kommandant und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pam Jenoff
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verwandelt vor, da sie nicht die übliche düstere Miene zur Schau trugen. Stattdessen wirkten sie von Leben erfüllt, redeten und lachten mit ihren Freunden, als sei das Ghetto Welten entfernt.
    Nach einigen Minuten läutete jemand eine kleine Glocke, und wie auf ein geheimes Zeichen hin verstummten alle und scharten sich um den Tisch, um sich einen Platz zu suchen. Ich sah mich um und zählte mindestens achtzehn Leute. Es kam mir eigentlich so vor, dass das Zimmer für so viele Menschen viel zu klein war, und doch fand jeder Platz. Schulter an Schulter stand ich mit den anderen da und wartete.
    Plötzlich wurde die zweite Tür am anderen Ende des Raums geöffnet, zwei Männer traten ein. Der eine war stämmig und etwa Anfang zwanzig, der andere ein wenig größer und älter, außerdem trug er einen gepflegten Kinnbart. Die Männer stellten sich hinter die beiden Stühle, die am Kopfende des Tischs frei geblieben waren. Eine junge Frau neben ihnen zündete die Kerzen an. Alle sahen ihr dabei zu, wie sie ihre Hände dreimal um die Flammen kreisen ließ und dabei das Sabbatgebet sprach.
    “Das ist Alek Landsberg”, flüsterte Marta mir zu und deutete auf den Älteren. “Er leitet sozusagen die Gruppe.”
    “Schalom aleichem”
, begann der Mann mit einer wohlklingenden Baritonstimme zu singen, die Gruppe stimmte in seine traditionelle Begrüßung des Sabbats ein. Ich sah mich am Tisch um. Noch vor einer Stunde war mir jeder der Anwesenden fremd gewesen, doch jetzt, im Schein des Kerzenlichts, erschienen mir die Gesichter so vertraut wie die meiner Familie. Während die Leute sangen, hoben sie ihre Stimmen an und schufen einen Klangteppich, der diesen Raum von der schrecklichen, hoffnungslosen Welt da draußen abschottete. Mir kamen die Tränen, und kaum bemerkte Marta meine Reaktion, drückte sie meine Hand.
    Als wir zu Ende gesungen hatten, setzten wir uns. Alek hob ein Weinglas und erteilte den
Kiddush
-Segen. Dann sprach er das
Motze
über das Challah-Brot, ehe er Salz über den Laib streute, ihn aufschnitt und herumreichte. Dieses Brot stammte eindeutig nicht aus dem Ghetto, denn es hatte eine dicke Kruste und war innen so locker, wie ich es von früher aus der Bäckerei meines Vaters kannte. Kaum hatte ich den Teller weitergereicht, bereute ich, dass ich nicht ein zusätzliches Stück Brot für meine Eltern hatte einstecken können.
    Dann standen mehrere junge Frauen auf und brachten aus der Küche dampfende Kochtöpfe herein, aus denen sie Hühnchen, Karotten und Kartoffeln auf die bereitstehenden Teller verteilten. Mein Magen begann bei diesem Anblick zu knurren. Auch das war sicher kein Essen, das aus dem Ghetto kam.
    Während des Mahls unterhielten sich die anderen unablässig. Zwar waren sie freundlich, aber doch so vertieft in ihre Gespräche, dass sie oft Anspielungen machten, ohne mir zu erklären, von was sie da redeten. Ich hörte interessiert zu, wie Marta sich über meinen Kopf hinweg mit dem Mädchen rechts von mir über einige Jungs unterhielt, um dann mit zwei Männern zu ihrer Linken darüber zu diskutieren, ob die Vereinigten Staaten in den Krieg eintreten sollten oder nicht. Mich störte es nicht, dass sich niemand direkt an mich wandte oder mir eine Frage stellte. Plötzlich bemerkte ich, wie der Mann am Kopfende des Tischs, der das Gebet gesungen hatte, in meine Richtung schaute. Er flüsterte seinem Tischnachbarn etwas zu, während ich spürte, wie meine Wangen in dem viel zu vollen und viel zu warmen Zimmer rot wurden.
    Nach dem Essen servierten die jungen Frauen heißen Tee. Die meisten Tassen wiesen Sprünge auf und passten nicht zu den jeweiligen Untertassen. Ein junger Mann begann auf seiner Gitarre zu spielen, während die anderen es sich auf ihren Stühlen bequem machten und dabei so glücklich und entspannt wirkten, als würden sie die Sommerferien im Kurbad von Krynice verbringen. Stundenlang sangen wir jiddische und hebräische Lieder, von denen ich einige seit Jahren nicht mehr gehört hatte. Erst als Marta und ich aus Angst vor der Ausgangssperre nicht noch länger zu bleiben wagten, bedankten wir uns bei den anderen und machten uns auf den Weg.
    Von diesem Tag an verbrachte ich jeden Freitagabend in der ulica Józefińska, trotz der Schuldgefühle, die ich hatte, weil ich den Sabbat nicht gemeinsam mit meinen Eltern begrüßte. Doch in diesen wenigen Abendstunden konnte ich vergessen, wo ich war und was sich um mich herum ereignete. Das Schabbesessen entwickelte sich für

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