Der Kommissar und das Schweigen - Roman
haben könnte ... etwas ziemlich Schweres mit scharfen Kanten ... oder zumindest einer scharfen Kante.«
»Wie viele Schläge?«, fragte Jung.
»Mehr, als notwendig waren«, sagte Reinhart. »Zehn, elf Stück. Offensichtlich hat der Betreffende noch eine Weile weitergemacht, nachdem Jellinek bereits tot war. Vielleicht landete er sogar gleich beim ersten Mal einen Volltreffer, aber das ist nicht sicher ...«
»Nicht besonders professionell, mit anderen Worten«, übernahm Suijderbeck wieder. »Eher etwas panikhaft. Jedenfalls, wenn wir den Fachleuten glauben ... außerdem mehrere Treffer auf Brust und Schulterbereich ... ja, eine gewisse Verzweiflung ist schon zu erkennen.«
»Und kein Widerstand«, sagte Jung.
»Offenbar nicht«, sagte Servinus. »Aber es dauert ein paar Tage, bis die Analyse endgültig fertig ist.«
»Wonach suchen die?«, fragte Kluuge. »Nach Spuren unter den Nägeln oder so?«
»Ja«, antwortete Reinhart. »Und nach Haaren, Schuppen und Fingerabdrücken.«
»Nach zehn Tagen?«, wunderte Tolltse sich. »Hat das denn noch einen Sinn?«
»Schuppen wird man fast nie los«, sagte Jung, sich am Kopf kratzend.
»Aber da war natürlich noch dieser Sturzregen«, erklärte Kluuge. »Wann immer das nun war ...«
»Jetzt übernehme ich wieder«, unterbrach Suijderbeck ihn.
»Vermutlich ebenfalls nicht am Fundplatz getötet, unser lieber Pastor. Aber diesmal war wohl der Mörder darauf bedacht, die Leiche zu verstecken ... verdammter Zufall, dass die Köter ihn aufgespürt haben. Lag unter einem ganzen Berg von Nadelzweigen und Ästen, ihr habt es ja selbst gesehen... obwohl man ihn natürlich noch besser hätte verstecken können.«
»Wenn man Zeit gehabt hätte«, warf Servinus ein.
»Zeit, ja ...«, nahm Suijderbeck auf und schaute nachdenklich drein.
»Wollte Frau Miller nicht Kaffee und Brote organisieren?«, wollte Reinhart wissen und zupfte unschlüssig an Pfeife und Tabaksbeutel herum.
»Kommt um zehn«, versprach Kluuge. »Noch eine halbe Stunde. Jaha? Und weiter? Was denkt ihr?«
Suijderbeck schien es müde geworden zu sein, alles zusammenzufassen. Stattdessen stand er auf und lief im Zimmer herum.
»Die Prothese juckt«, erklärte er. »Das passiert immer, wenn das Gehirn sich verhakt hat.«
»Diese Kuijpers«, sagte Servinus. »Die sind doch schon ein sonderbares Paar, oder?«
»Ach, ich hab schon merkwürdigere gesehen«, erwiderte Tolltse. »Die Finghers finde ich nicht viel besser.«
Eine Weile blieb es still.
»Ihr denkt also nicht, dass die in irgendeiner Weise was damit zu tun haben?«, fragte Lauremaa mit gerunzelter Stirn.
Suijderbeck blieb stehen.
»Kaum«, sagte er. »Aber wie wir es auch drehen und wenden: Irgendjemand muss es ja wohl gemacht haben.«
»Gute Bemerkung«, sagte Lauremaa.
»Gibt es niemanden, der ein paar andere ... sinnvollere Schlussfolgerungen ziehen kann?«, wollte Tolltse wissen und schaute sich am Tisch um. »Sonst mache ich das nämlich.«
»Bitte schön«, sagte Reinhart und zündete sich seine Pfeife an.
»Es war nicht Jellinek, der die Mädchen ermordet hat«, sagte Tolltse.
»Ach«, sagte Jung. »Bist du dir da ganz sicher? Vermutlich hat er sich nicht selbst umgebracht, da bin ich ganz deiner Meinung, aber soweit ich sehe, kann er immer noch an den Mädchenmorden Schuld sein.«
Tolltse überlegte.
»Nun gut«, sagte sie. »Dann eben anders. Wer hat ihn umgebracht? Ist das nicht die Frage, die wir beantworten müssen?«
»Gute Frage«, sagte Servinus. »Wie macht ihr Frauen das nur?«
Reinhart blies eine ablenkende Rauchwolke über das Schlachtfeld.
»Ich weiß nicht, wer Jellinek getötet hat«, sagte er. »Aber ich weiß auf jeden Fall, dass es an der Zeit ist, seine Konkubinen in Wolgershuus mit den Tatsachen zu konfrontieren. Je eher, desto besser. Fest steht doch, dass er tot ist. Wenn wir nichts Sinnvolleres zu tun haben, schlage ich vor, dass wir dieses Detail sofort in Angriff nehmen.«
Kluuge sah sich nach weiteren Schlussfolgerungen in der einen oder anderen Richtung um. Als er keine mehr entdecken konnte, räusperte er sich und griff die Gelegenheit beim Schopfe.
»Gut«, entschied er. »Dann machen wir es so. Reinhart und Jung fahren hin, das müsste wohl reichen ... vielleicht am besten, sich immer nur eine vorzunehmen, oder was meint ihr?«
»Wie sollen wir es denn sonst machen?«, schnaubte Reinhart. »Aber die Leiche können wir ihnen wohl kaum in natura präsentieren. Eigentlich müsste es auch
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