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Der Kontinent der Lügen

Der Kontinent der Lügen

Titel: Der Kontinent der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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zu
greifen.
    In meinem besten Fiberfolienanzug und von einem kostbaren Roboter,
einer Frau von augenscheinlich edler Herkunft und einem Mädchen
begleitet, das so aussah, als ob es in jeder anderen Lehranstalt als
einer teuren Privatschule sang- und klanglos eingehen würde,
machte ich bestimmt den Eindruck, hoffnungslos mit dem
Business-Kontingent liiert zu sein, und ich bezweifelte ernsthaft,
daß jemand in mir den Kritiker Quinjin erkennen würde.
Deshalb war ich richtiggehend entzückt, als drei
Autogrammjäger über mich herfielen, gefolgt von einem
Professor, der mir mitteilen wollte, daß ich überhaupt
nicht verstanden hätte, worum es bei Niko Surkforders Witzen
für einen Dschihad ging, und einem Vertriebsmenschen, der
mir erklärte, er würde es zu schätzen wissen, wenn ich
an einer der Podiumsdiskussionen morgen nachmittag –
»Traumkapseln: Zerstören sie den freien Willen?«
– teilnehmen würde. Da ich mein ganzes Leben damit
verbracht hatte, mir ein paar Standpunkte zu diesem Thema zu
erarbeiten, sagte ich ihm, daß er mit mir rechnen
könnte.
    Ich hoffte, daß Lilit von diesen verschiedenen Begegnungen
mit meinen Fans beeindruckt sein würde. Statt dessen blieb sie
so weit zurück wie möglich und tat so, als ob sie
völlig von den Farnen gefesselt wäre, die das Foyer
zierten. Sie konnte meinen Fiberfolienanzug nicht leiden. Sie sagte,
er sei furchtbar altmodisch, etwas, das man an einem Zirkusbären
oder einem Lehrer zu sehen erwartete.
    Ich rief über Vidiphon rasch in Jonnies Suite an, und ein
paar Sekunden später war er bei uns – mit Cape, Schwert,
roten Haaren und allem. Er sah unglücklich aus.
    »Wie war die Reise?« fragte er lustlos.
»Irgendwelche Probleme am Teleporthafen?«
    »Keine Probleme«, antwortete Urilla. »Erzähl
uns von diesem Brown, diesem Bruder des Abgrunds.«
    Jonnie wurde erheblich munterer, als er feststellte, daß zu
unserer Gruppe nun auch ein junges Mädchen gehörte, dessen
blauzahnige Schönheit in ein oder zwei Jahren durchaus
fähig sein würde, ihn um den Verstand zu bringen.
    »Hallo«, säuselte er. »Dich kenne ich ja noch
gar nicht.«
    »Ich bin Lilit. Ich bin eine Waise. Dieser Roboter hier hat
mich großgezogen.«
    »Hör auf damit!« befahl ich barsch.
    Jonnie riß sich von den seidigen Augen meiner Tochter los,
wandte sich mir zu und sagte: »Wir sind heute abend mit Baptizer
auf einen Drink im Raum für Spirituelle Nostalgie verabredet. Er
will meine Klienten persönlich kennenlernen.«
    »Im Raum für Spirituelle Nostalgie!« Die
Begeisterung in Lilits Stimme, die Abfolge unausgesprochener Wows war durchaus verständlich. Zu jener Zeit war der Raum
für Spirituelle Nostalgie das berühmteste Restaurant auf
dem Planeten Zahrim.
    Ich warf ihr einen kalten, schmaläugigen, respektvoll festen
Blick zu, der keinen Raum für Fehlinterpretationen ließ.
»Heute abend ist Iggi dein Babysitter. Du kannst tun, was du
willst – Zephapfelträume einwerfen, Psychobillard spielen,
Eis essen, was auch immer – aber in den Raum für
Spirituelle Nostalgie kommst du mir nicht rein.«
    Lilit spürte, daß es vergebliche Liebesmüh war,
ihre besten Strategien und Manipulationstricks für eine nicht zu
gewinnende Diskussion einzusetzen; sie schnitt nur eine Grimasse und
sagte mit leiser Stimme: »Hab schon kapiert«, und danach
war es an Iggi, zu murren.
    »Babysitter gefällig? Oder ein Hausmeister? Ein
Chefeunuch? Ein Kleiderständer? Man braucht bloß meinen
Namen zu rufen!«
    Urilla starrte sehnsüchtig auf Jonnies Haare. »Ich
vermute, Baptizer hat dir nicht viel über seine Erwerbung
erzählt.«
    »Nein«, bestätigte Jonnie. »Nur eins. Sie
wurde von einem Baum geerntet, der Hamadryade heißt.«
    »Komischer Name«, sagte ich.
    »Komischer Name«, stimmte Jonnie zu.
    »Ah, die Hamadryade«, rief Iggi. »Der mythische
Baum, in dem die Schlange wohnte! Der Baum, aus dessen Holz die Arche
gebaut wurde! Aus dessen Brettern das Kreuz gemacht wurde!«
    Alle drehten sich mit leicht genervtem Gesicht zu dem Roboter
um.
    »Das wüßte ich auch«, sagte Jonnie,
»wenn ich eine Enzyklopädie ins Gehirn eingepflanzt
bekommen hätte.«
     
    Besorgen Sie sich einen Gorilla. Bilden Sie sich in
Neurokartographie aus, nehmen Sie dem Tier die Hirnschale ab und
spielen Sie ein bißchen herum – setzen Sie ihm Elektroden
ein, trennen Sie alte Verbindungen durch, basteln Sie neue und
räumen Sie generell ein bißchen auf. Geben Sie dem Gorilla
einen verbesserten Intellekt,

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