Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kontinent der Lügen

Der Kontinent der Lügen

Titel: Der Kontinent der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
Vom Netzwerk:
Ihnen beschrieben hat. Gefährlich. Kann sein,
daß man den Baum vernichten muß. Und wenn SUPEREGO Wind
davon bekommt, könnten wir natürlich alle arbeitslos
werden.«
    Urilla machte sich furchtlos über ihren Drink her. »Der
Züchter hat Ihnen wohl nicht erzählt, auf welcher
sabikischen Farm die Hamadryade steht, oder?«
    Baptizer nuckelte an seinem Baum der Erkenntnis. »Das
gehört nicht gerade zu den Tatsachen, die ein Züchter
normalerweise ausplaudert, nicht wahr, Dr. Aub?«
    »Wenn Sie uns vielleicht seinen Namen geben könnten,
Sir…« Sie bemühte sich, verführerisch zu klingen,
verfiel dabei aber rasch in die gnadenlose Plumpheit einer
B-Erotokapsel. »Wenn Sie uns vielleicht sagen würden, wie
wir ihn finden können… oder wenn Sie uns hinbringen
würden, könnten wir…«
    Das Zucken um Baptizers Mund schien Verärgerung anzudeuten,
und ich schnitt ihr das Wort ab. »Natürlich geht es uns
zunächst mal darum, uns zu vergewissern, daß Sie wirklich
den lauernden Lügner bekommen haben und nicht nur eine
Frucht, die Sie für den lauernden Lügner halten
sollen. Verkaufen Sie uns die Kapseln, dann wird Jonnie eine davon
testen.«
    »Guter Plan«, sagte Jonnie. Perlen des Krishna Fizz
tanzten auf seinen Lippen.
    Der Pirat grunzte. »Ich will dir sagen, was für ein Typ
ich bin, Kritiker. Bei mir ist das so: Wenn ich mal eine Frucht
gekauft habe – erst recht eine, die angeblich so
ungewöhnlich, so gefährlich ist wie diese –,
dann geb ich die garantiert nicht mehr her, keine einzige Kapsel, um
keinen Preis. Aber es gibt einen anderen Weg, wie ihr diesen Traum
entlarven könnt. Gerade vor einer halben Stunde habe ich
erfahren, daß ein toter Grorg in der Nähe der Zikadenbucht
angespült worden ist, nur eine kurze Wirbelbusfahrt vom Hotel
entfernt.«
    Bei der Erwähnung des Namens Grorg kam mir blitzartig
ein zentrales Totem meiner Kindheit in Erinnerung. Ein Buch, Die
Jagd auf den Grorg. Ich konnte die Illustration auf dem Umschlag
in Farbe und mit allen Details sehen – ein stämmiger
Seemann, der eine Harpune in den Hals eines prächtigen
Wasserreptils stößt, dessen einziges Verbrechen darin
bestand, seinen Körper mit einer Flüssigkeit zu
erwärmen, die man zur Herstellung von Schwebewagenlack benutzte.
Aber was mochte das unerwartete Auftauchen eines toten Grorgs mit dem
Testen der Frucht zu tun haben?
    Baptizer tätschelte seinen schwarzen Bart, wie ein netterer
Mensch vielleicht einen Hund tätscheln würde. »Der
Bauch eines Grorgs ist wahrhaftig das Absolute, meint ihr nicht auch?
Wirklich ein weiter Schritt über das Profane hinaus, und
bestimmt der ideale Ort für eine Party. In vierundzwanzig
Stunden geht der Spaß los. Warum kommt ihr nicht mit und
schließt euch der Bruderschaft des Abgrunds zu einem kleinen
Alpumtrunk unter Freunden an? Wenn ihr euch traut, könnt ihr
dann eure Portion von meinem angeblichen lauernden Lügner trinken.«
    Ich konnte mich nicht nur an den Umschlag der Jagd auf den
Grorg erinnern, sondern auch an den ersten Satz des ersten
Kapitels. »Im Grorg hat die Natur den Körper eines
Plesiosauriers mit der buddhistischen Weltanschauung eines Delphins
und der Gefräßigkeit eines Hais vereint.« Da
würden Sie wohl kaum sofort auf die Idee kommen, im Bauch eines
Grorgs ›den idealen Ort für eine Party‹ zu sehen, aber
andererseits sind Sie ja auch kein Bruder des Abgrunds.
    »Laß uns hingehen, Quinjin«, drängte
Jonnie.
    Tropfen vom Zorn Jehovas flogen aus dem Plastikbaum, als Baptizer
damit vor Jonnies Gesicht herumwedelte. »Du bist nicht
eingeladen, Pissespritzer! Nachtwürmer haben keinen Zutritt zu
Parties der Brüderschaft!«
    Auf Jonnies Gesicht tobte ein stummer Kampf zwischen
Demütigung und Zorn.
    »Wir nehmen Ihre Einladung an«, sagte ich, »aber
wir werden den lauernden Lügner nicht trinken. Das soll
ein echter Hirnkiller sein, Mr. Brown – nichts Geringeres als
ein Nachfolger der Vorka-Frucht.«
    Die Augen des Piraten wurden groß. Sein schwabbeliges
Gesicht straffte sich. »Vorka, sagst du?«
    »Vorka.«
    Peinlich berührt davon, daß er einen Moment lang aus
der Rolle gefallen war, verdoppelte Baptizer seine gespielte
Tollkühnheit. »Klug von euch, so einen Traum zu
fürchten«, sagte er mit einem höhnischen Grinsen und
zwickte Dionysos in die Nase, »und ich bezweifle auch, daß
euer Freund, der Pissespritzer, es heil überstehen würde.
Was mich und meine Bruderschaft betrifft – echte Hirnkiller sind
unsere Muttermilch! Nennt mir

Weitere Kostenlose Bücher