Der Konvent der Zauberer
eine Weile dauern.«
»Auf mich hat das sehr echt gewirkt«, fährt Zitzerius fort.
»Seid Ihr von Lisutaris’ Unschuldsbeteuerungen überzeugt?«
Ich zucke mit den Schultern.
»Sie ist nun mal meine Klientin.«
»Das klingt nicht sehr überzeugt.«
Makri mischt sich ein.
»Sie ist unschuldig! Ich war da, und ich weiß, dass sie Darius nicht erstochen hat!«
»Ihr wart bewusstlos.«
»Ich bin aber als Letzte bewusstlos geworden. Lisutaris hat es nicht getan.«
Tilupasis denkt laut über eine Magie nach, die es ermöglicht, die Vergangenheit zu fälschen.
»Meine Kenntnisse über Zauberei sind sehr begrenzt. Ist es möglich, dass diese Vision, wie Lisutaris behauptet, gefälscht ist?«
»Vielleicht.«
»Etwas genauer, wenn ich bitten darf!«, zischt Zitzerius.
»Na gut. wir stehen hier vor drei verschiedenen Aufgaben. Verstecken, auslöschen und erschaffen. Verstecken heißt, die Vergangenheit zu verbergen. Das können viele Zauberer bewerkstelligen, jedenfalls für eine Weile. Die beiden anderen Dinge sind nicht ganz so einfach. Lisutaris und Direeva haben gründlich nach den tatsächlichen Ereignissen geforscht, bevor Lisutaris den Verschleierungszauber gewirkt hat, aber sie konnten nichts finden. Die einzige Vision, auf die sie gestoßen sind, war eben die, in der Lisutaris Darius ersticht. Wenn es also andere Ereignisse gegeben hat, dann hat jemand sie ausgelöscht. Aber das gilt als unmöglich. Bisher hat noch niemand einen solchen Auslöschungszauber wirken können. Ich garantiere Euch, dass Ihr jeden beliebigen Zauberer auf dem Konvent fragen könntet: Sie würden Euch alle dasselbe antworten. Die offensichtliche Schlussfolgerung lautet demnach, dass es keine solche Auslöschung der Wirklichkeit gegeben hat, was bedeuten würde, dass die dargestellten Ereignisse wahr sind. Dann ist Lisutaris die Mörderin.
Dasselbe gilt für einen Schaffenszauber, der die Illusion erzeugen könnte, dass sich etwas ereignet hätte. Es müsste eine Illusion sein, die gut genug ist, einen Zauberer zu narren, wenn er in die Vergangenheit blickt. Auch ein solcher Zauber wurde bisher nicht bewerkstelligt. Es ist schon schwierig genug, sich ein überzeugendes Bild realer Ereignisse vorzustellen und sie zu bilden, auch ohne sie anschließend in die Vergangenheit versetzen zu müssen. Wir haben mein Büro gesehen, mit dem ganzen Müll. Könnte jemand so etwas bis ins letzte Detail fälschen? Das bezweifele ich. Erneut ist die einzig logische Schlussfolgerung, dass wir in dieser Vision die realen Ereignisse gesehen haben.«
»Ganz gleich, ob Lisutaris Darius nun ermordet hat oder nicht, es darf jedenfalls nicht bekannt werden«, erklärt Tilupasis.
Ich weise sie daraufhin, dass sich aber vielleicht nicht jeder dabei wohl fühlt, wenn er eine Mörderin decken soll. Tilupasis tut das mit einem Schulterzucken ab. Sie hat damit keine Probleme. Wir schauen Zitzerius an.
»Wenn die Zaubererinnung irgendwann die Wahrheit aufdecken wird, wäre es vielleicht tatsächlich besser für Turai, wenn wir jetzt mit der Wahrheit ans Licht treten würden«, meint er. »Lisutaris würde gehenkt oder zumindest verbannt, und Turai würde noch weiter an Einfluss verlieren. Aber wir wären wenigstens nicht der Komplizenschaft an dem Mord des Oberhexers eines anderen Staates schuldig. Wenn wir diese Sache zu vertuschen suchen, und es schlägt fehl, werden sich die Konföderation von Abelasi und die anderen Staaten der Ödlande und aus dem Süden gegen Turai wenden. Wir haben auch so schon genug Feinde.«
Wir verfallen in dumpfes Schweigen, während Zitzerius seine Optionen abwägt. Der Vizekonsul trägt hier immerhin die Verantwortung. Es ist seine Entscheidung, und dieses eine Mal ist mir nicht danach, ihm meine eigene Sicht der Dinge aufzudrängen.
»Wie hoch sind Eure Chancen, den wahren Mörder zu finden, wenn Lisutaris wirklich unschuldig ist, wie sie behauptet?«, erkundigt er sich schließlich.
»Einigermaßen. Vielleicht auch ein bisschen schlechter. Ich habe keine Spuren, und ich habe es mit einer Art von Magie zu tun, der bisher noch keiner begegnet ist. Was nicht heißen soll, dass ich nichts finden könnte. Kriminelle hinterlassen immer irgendwelche Spuren, selbst kriminelle Magier. Unser Problem ist die Zeit. Wir wissen nicht, wie lange die Zaubererinnung braucht, bis sie den Verschleierungszauber durchbrechen kann.«
Zitzerius trommelt mit den Fingern auf den Tisch. Schließlich trifft er eine Entscheidung: »Ihr führt Eure
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