Der Kopfgeldjägerkrieg 02 - Das Sklavenschiff
schon lange an der Beschränkung gerieben, die ihrem Haus auferlegt worden war und sie daran hinderte, sich an die Spitze des Machtgefüges ihrer Heimatwelt zu setzen. Die Knylenn hatten auf die denkbar aggressivste Weise versucht, die Restriktionen zu umgehen, indem sie ihre Telbuns aus einer begrenzten Zahl Kandidaten auswählten. Daher wimmelte es in den übrigen Herrscherhäusern von Gerüchten, dass es sich bei manchen Telbuns der Knylenn in Wirklichkeit um Kinder der bereits existierenden Erwachsenen des Hauses Knylenn handelte, die insgeheim auf anderen Welten geboren und wie verkleidete Thronfolger auf den Planeten Kuat geschmuggelt worden waren. Tatsächlich hatte die Ähnlichkeit zwischen den Knylenn und ihren auserkorenen Erben im Verlauf der letzten Generationen ein verdächtiges Ausmaß erreicht.
Wohingegen diese Erbin des Kuhlvult-Clans, die neben Kuat von Kuat ging, ganz offensichtlich wegen ihrer Schönheit und ihrer schlanken, muskulösen sportlichen Anmut ausgewählt worden war. Kuat musste sich anstrengen, um mit den langen Schritten mitzuhalten, bei denen sich ihr formelles Gewand hinter ihr bauschte. Offensichtlich hatte sie ihr Erbe erst kürzlich angetreten. Kuat erinnerte sich, gehört zu haben - vermutlich aus dem Munde seines Sicherheitschefs -, dass einer der Ältesten der Kuhlvult vor kurzem verstorben war und dass seine Erbin ihre hervorragende Stellung innerhalb des Hauses bereits eingenommen hatte. Kuat war dankbar, dass, aus welchem Grund auch immer ihr Vormund sie anfänglich als Telbun ausgewählt haben mochte - die Kuhlvult waren seit jeher für ihren Hang zu anziehenden Gesichtern berüchtigt -, das Resultat dieser Wahl die Erhebung von jemandem war, der genügend Intelligenz besaß, um die Pläne der Knylenn zu durchschauen.
Ob das jedoch ausreichte und ob es genügend andere vom Schlage dieser Kodir von Kuhlvult in den anderen Häusern gab, musste sich erst noch erweisen. Kuat hielt weiter mit großen Schritten auf den Ort der Versammlung zu und verbarg seine düsteren Befürchtungen hinsichtlich dessen, was ihn erwartete.
Zum Glück erhob keiner der Knylenn oder einer ihrer Ver- bündeten Einspruch dagegen, dass sein Sicherheitschef an der Versammlung der Herrscherhäuser teilnehmen würde. Es wäre ein strategisch schlechter Zug gewesen, wenn das Treffen mit einem übereifrigen Verweis auf den traditionellen Kodex begonnen hätte, der das Zusammenleben der Familien regelte. Da ist es schon besser, dachte Kuat, wir tun zumindest für den Augenblick so, als wären wir alle die besten Freunde.
»Kuat, wir wissen es zu schätzen, dass Sie kommen konnten.«
Er kannte die Stimme. Er hatte sie gehört, als er sein produktives Sanktuarium, die Kuat-Triebwerkswerften, das letzte Mal verlassen hatte, um auf seine Heimatwelt zurückzukehren. Er drehte sich um und zeigte mit einem Nicken an, dass er den Sprecher wieder erkannt hatte. »Wie ich höre«, sagte Kuat, »haben wir viel zu bereden.«
»So ist es.« Das scharf wie ein Beil geschnittene Gesicht von Khoss von Knylenn ließ ein schmallippiges, humorloses Lächeln sehen. Das formelle Gewand lag bequem an seinem Körper und war offenbar seine Lieblingskleidung. »Ich hoffe ... Sie erfreuen sich an den Worten Ihrer Ebenbürtigen.« Er deutete auf den Sicherheitschef, der unmittelbar hinter Kuat stand. »Ich weiß, wie ermüdend es sein kann, wenn man immer nur von Untergebenen und ihren allzu häufig einschmeichelnden, aber trügerischen Stimmen umgeben ist.«
Ein rosiges Licht fiel auf die Gestalten in ihren Festgewändern - es waren mehr als vierzig und damit die größte Zahl von Angehörigen der Herrscherhäuser, die Kuat jemals versammelt gesehen hatte -, als die perfekte Kuppel das von draußen einfallende Sonnenlicht zerstreute. In diesem milden Licht wirkten selbst die greisesten und krähenhaftesten Ältesten beiderlei Ge- schlechts wie gütige und anziehende Geschöpfe. Die jüngeren sowie die ausersehenen Telbuns nahmen sich in ihrer herausgeputzten Pracht beinahe gottgleich aus. Es war geradezu unvermeidlich gewesen, dass die Kunst der Verstellung, die bis zur unverhohlenen Täuschung ging, auf dem Planeten Kuat ein solches Ausmaß erreichen würde.
Die Staatseinnahmen aus der Schiffbauindustrie der Kuat-Triebwerkswerften, des bedeutendsten Zulieferers von militärischen Raumfahrzeugen für das Imperium, hatten es den Herrscherhäusern ermöglicht, sich auf all das zu konzentrieren, was sie als besonders bedeutend
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