Der Kopflose Rächer
knallte, da wußte sie, was der andere von ihr verlangte.
Sie sollte öffnen.
Und sie wußte auch, was hinter der kleinen Tür verborgen lag, denn sie hatte die beiden Köpfe dort hineingestellt und die Handtücher um sie gewickelte.
Der Richter wollte sie, doch den Grund kannte Brenda nicht. Sie öffnete die Tür wie im Traum, rechnete mit dem Schlimmsten, aber kein Kopf rollte hervor. Sie standen noch immer so dort, wie Brenda sie hingestellt hatte. Wegen der Handtücher wirkten sie sogar ziemlich hell, wie zwei unförmige Kugeln.
Wieder hob ihr unheimlicher Begleiter seine Waffe an und deutete auf die beiden Köpfe. Zuerst auf den rechten, dann auf den linken. Die eine Geste reichte aus. Brenda Tradlin wußte, wie sie sich zu verhalten hatte.
Es kostete sie eine wahnsinnige Überwindung, die Arme hochzurecken, und sie spürte in ihrem Innern den Ekel wie eine Wand, aber es gab keine andere Möglichkeit, sie mußte dem Befehl nachkommen und holte die Köpfe der Reihe nach hervor.
Unter dem Stoff des Handtuchs spürte sie die Sinnesorgane wie Nasen, Ohren, Augen, auch die beiden Münder. Brenda wollte nicht daran denken, sie schaltete all ihre Gedanken völlig aus und verwandelte sich selbst in einen innerlichen Eisblock.
Der Kopflose zeigte ihr an, wohin sie zu gehen hatte, denn er bewegte sich bereits tappend auf die Tür zu, die weit aufgeschwungen war. Er schritt vor ihr her, und für die Dauer einer Sekunde durchströmte die Frau die wahnsinnige Hoffnung, daß er die Wohnung verlassen wollte, doch da irrte sie sich.
Der kopflose Richter bewegte sich in die entgegengesetzte Richtung auf die Küchentür zu.
Dorthin würde sie auch hingehen müssen, und wieder überschwemmte sie das andere Gefühl, als wäre der Boden zu einem Wellenmeer geworden, das sie überwinden mußte.
Brenda fiel kaum auf, daß sie die Arme zu beiden Seiten hin ausgestreckt hatte. Die zwei Köpfe lagen auf ihren Handflächen. Sie zitterten im Rhythmus ihrer Schritte mit, aber sie rollten nicht von den Händen, und das hätte dem Kopflosen auch nicht gefallen, denn er verfolgte seine eigenen Pläne. Der Richter betrat vor ihr die Küche. Er ging seinen normalen Weg, bis er den Platz erreicht hatte, wo er sich nicht hinsetzte, sondern nur seine rechte Hand bewegte und mit der Waffe auf zwei bestimmte Stellen des Tisches klopfte.
Mehr brauchte er nicht zu tun, Brenda Tradlin hatte verstanden. Sie setzte die Köpfe genau an den Stellen ab und war darüber erleichtert, sie endlich losgeworden zu sein.
Leider war der Horror für sie noch nicht beendet. Der Kopflose berührte mit der Machetenspitze das Handtuch des ersten Kopfes und schnitt es auf. Das gleiche geschah mit dem zweiten Kopf. So konnte Brenda sehen, wie scharf diese Klinge letztendlich war, und sie überkam ein leichtes eisiges Frösteln.
Sie wußte, daß sie die Handtücher abwickeln sollte, um die Köpfe normal auf dem Tisch stehen zu lassen.
Draußen war es mittlerweile graufinster geworden. Nur in der Küche brannte Licht. Es fiel auf den Tisch und schuf eine helle Insel fernab von der übrigen Welt, wie in einem Operationssaal, wo der große Eingriff bald unternommen werden sollte.
Brenda wickelte die Köpfe aus. Sie ekelte sich davor, ihre Lippen zuckten, und aus den Handtüchern strömte ihr der widerliche Verwesungsgeruch entgegen.
Zuerst lag der haarlose Schädel frei!
Er sah aus wie eine leicht nachgedunkelte, übergroße Billardkugel. Erst wenn sie sich bückte, sah sie das Gesicht mit den starren Augen und dem eingemeißelten Schrecken um die Mundwinkel herum.
Der nächste Schädel sah nicht besser aus. Das schwarze Haar klebte auf ihm. Eine bleiche Haut, Blutfäden an Mund und Kinn. Hier konnte sie sich leicht vorstellen, daß plötzlich Würmer und anderes Getier aus Mund, Nase und Ohren quollen, um ihren Weg ins Freie zu suchen. Alles war so widerlich abartig und unmenschlich.
Der Kopflose setzte sich wieder auf seinen Platz und legte die Waffe neben sich auf die Eckbank. Die Machete hatte sie kaum berührt, da schellte es.
Der Richter hob den Arm, er deutete zur Tür. Hatte er etwas gehört? Das war unmöglich, oder war es doch…? Brenda überlegte nicht mehr weiter, sondern drehte sich um und verließ die Küche. Genau das war die Chance!
Zum zweitenmal innerhalb kurzer Zeit hatte sie die Möglichkeit erhalten, und sie spürte die Veränderung in sich. Brenda war so aufgeregt, daß sie einen Fieberstoß gekam. Wieder schwankte der Flur, aber sie
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