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Der Kraehenturm

Der Kraehenturm

Titel: Der Kraehenturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Pflieger
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Bursche. Prinzipiell keine schlechten Eigenschaften bei einem Mann, aber wenn sie jemandem ihr Leben anvertrauen sollte, konnte sie das nicht gebrauchen.
    »Gismara.« Franz lächelte, wischte sich die Hände an seiner Schürze ab und ging auf sie zu.
    Blutwurst und Bratkartoffeln brutzelten in einer kleinen Pfanne neben den Pfannkuchen. Warum kann ich ihn nicht lieben? Sie gab Franz einen Kuss auf die Wange. Der Neue nickte ihr schüchtern zu. Als sie zu ihm hinging, riss er erschrocken die Augen auf. Was für ein Mondkalb! »Ich will mir nur Eure Wunden ansehen.« Sie knöpfte Icherios’ Hemd auf und schob den Verband zur Seite. Die Verletzung heilte schnell. Zu schnell für einen Menschen. Hatte es doch mehr mit ihm auf sich, als es den Anschein hatte? Auberlin hatte ihnen nicht viel über ihn erzählt. Der letzte Karlsruher war eine Enttäuschung gewesen und einfach verschwunden. Sie hoffte, dass Icherios nicht wie dieser Vallentin war. Als sie in die Knie ging, um seinen Oberschenkel zu untersuchen, rückte er mit hochrotem Gesicht von ihr ab. »Das war doch nur ein Kratzer.«
    Franz hüstelte, um ein Lachen zu unterdrücken. Dabei versuchte er zugleich, sie vorwurfsvoll anzuschauen und den Kopf zu schütteln.
    Sie überlegte gerade, ob sie den Jungen fragen sollte, was für ein Geschöpf er sei, als Auberlin den Raum betrat. Schlagartig verflog die Unbeschwertheit. Sie wusste nicht, was zwischen dem Leiter des Magistratum und Franz vorgefallen war, aber die Werratte hasste ihn aus tiefster Seele. Und auch ihre Einstellung gegenüber ihrem einstigen Mentor hatte sich gewandelt, seit er sie zum Verrat an ihrer eigenen Art gezwungen hatte.
    »Guten Abend, meine Lieben.« Auberlin ignorierte gekonnt den Umschwung der Stimmung. »Ich hörte, ihr seid erfolgreich gewesen.«
    »Wenn man es als Erfolg bezeichnen kann, den Geist einer Schwangeren vernichtet zu haben.« Gismara gelang es einfach nicht, den Anblick der Babyknochen aus ihrem Gedächtnis zu verbannen.
    »In den Augen des Müllers ist es ein Triumph. Er und seine Mitarbeiter haben Familien, die sie ernähren müssen.«
    »Aber warum wurde sie erst jetzt aktiv?«, fragte der Neuling. »Und wieso ist nie jemandem aufgefallen, dass das Seil an dem Mühlrad hängt?«
    Das waren nicht die dümmsten Fragen, musste auch Gismara zugeben.
    »Was für ein Seil?« Anscheinend wusste Auberlin doch nicht alles.
    »Ihre Leiche hing an einem Tau im Wasser. Der Grünschnabel fand sie, sodass wir sie vernichten konnten«, erklärte Franz.
    »Es sah aus, als wenn sie sich daran festgehalten hätte«, fügte Icherios hinzu.
    »Vielleicht war es Teil des Fluchs.« Franz stellte einen Teller mit einem Stapel Pfannkuchen, einen Krug mit Honig und eine Pfanne mit den gebackenen Apfelscheiben auf den Tisch und teilte jedem eine üppige Portion zu. Für Gismara schöpfte er Wurst und Kartoffeln in eine Holzschüssel und gab sie ihr mit einem verschwörerischen Lächeln. Dieser Mann wusste wahrlich, was sie begehrte.
    »Etwas muss ihren Zorn erweckt haben«, grübelte Gismara.
    »Sie war schwanger, sagtet Ihr?« Auberlin entfaltete sorgfältig seine Serviette und befestigte sie am Kragen.
    Gismara zog ihre Handschuhe aus. Sie hasste diese Dinger. »Ja, es war unverkennbar.«
    »Vor etwa einem Monat bekam die Frau des Müllers ein Baby. Es war keine Zeit mehr, sie nach Hause zu bringen, sodass das Kind in der Mühle geboren wurde.«
    »Das wird sie erbost haben. Irgendwie sogar verständlich«, sagte Franz.
    »Ihr seid sicher, dass das Problem erledigt ist?«
    Gismara nickte. »Es war kein anderer Fluch spürbar.«
    »Und ich habe keine verdächtigen Spuren gerochen«, fügte Franz hinzu.
    Gismara blickte zu Icherios hinüber. Immerhin wusste er, wann er den Mund zu halten hatte.
    Wolkenschwaden hatten sich vor die blasse Sonne geschoben, sodass die Küche in Schatten versank, die einen Reigen mit den Flammen zu tanzen schienen. Das Gespräch wandte sich belanglosen Dingen zu. Nachdem sie das letzte Stück Blutwurst genüsslich verspeist hatte, lehnte sich Gismara wohlig seufzend zurück und streifte ihre Handschuhe wieder über. »Das war gut.«
    Franz strahlte sie an.
    »Ich muss mich leider verabschieden.« Auberlin stand auf. »Gismara, würdest du mich bitte begleiten?« Der Leiter des Magistratum faltete seine Serviette sorgfältig. »Danke für das Mahl. Es war wie immer vorzüglich.«
    Was wollte er nun schon wieder? Die Hexe erhob sich ebenfalls und lächelte nicht gerade

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