Der kranke Gesunde
betroffene Psyche ihrem körperlichen Leid gegenübersteht (»Wenn es wenigstens eine körperliche Erkrankung wäre dann wüsste ich, woran ich bin«).
Die Beziehung der Psyche zu ihrem Körper nimmt feindliche Züge an. Viele Patienten liegen am Ende im Kampf mit oder gegen das ihre Beschwerden produzierende Soma. Sie sind voller Misstrauen gegenüber den betroffenen Organen oder ihrem gesamten Körper. Das besondere an dieser feindlichen Beziehung: Anders als bei anderen Partnern kann sich die Psyche von ihrem Soma nicht trennen.
Mit dem Unverständnis und dem Kampf verbunden ist ein Mangel an Wissen über den natürlichen Zusammenhang zwischen körperlichen und seelischen Vorgängen (weshalb wir das hier im Buch präsentieren). Oft können ja nicht einmal Experten ihren Patienten erklären, warum starke körperliche Beschwerden keine organische Ursache haben. Manche flüchten sich dann in das Modell der »psychischen Krankheit « hinter dem körperlichen Symptom, was dieser Beziehungsstörung aber nicht hilft und sie oft noch verschlimmert.
Am Ende einer solchen Beziehungsstörung zwischen Soma und Psyche steht oft die Abhängigkeit des Patienten von Experten. Über die Zeit bildetsich eine Krankenrolle heraus. Viele Patienten sind über Jahre von Arzt zu Arzt unterwegs. In ihrer Abhängigkeit von Experten vertrauen Patienten vordergründigen Versprechungen von Heilung in der Werbung, die regelrechte Wundermittel für alle möglichen Störungen anbieten.
Zur Beziehungsstörung gehört schließlich auch die »Entweder-oder-Falle«: Man glaubt, ein Leid sei entweder rein organisch oder rein seelisch verursacht als könne nur eines »wahr« sein. Oft vertritt ein Experte (z. B. ein Arzt) dann die eine, ein anderer (z. B. ein Psychologe) die andere Seite! Der Patient steht dann dazwischen oder bezieht bei jedem die »Gegenposition« !
ÜBUNG
Selbsttest: Bin ich »psychosomatisch krank«?
Zur psychosomatischen Krankheit gehören zwar notwendig körperliche Beschwerden. Das unterscheidet sie aber nicht von rein organischen Krankheiten. Das Wesensmerkmal der psychosomatischen Krankheit ist die gestörte Beziehung zwischen Psyche und Soma. Diese Beziehungsstörung wird dauerhaft erlebt. Und die Versuche der Psyche, diese Störung zu beenden, verschlimmert diese. Die folgenden drei Fragen sind ein einfacher Test:
Ist Ihre Psyche erheblich beeinträchtigt, besorgt oder belastet von den Vorgängen in Ihrem Körper? Wenn ja: Wie genau?
Wiederholt sich das immer wieder? Wenn ja, was genau wiederholt sich da im Körper und vor allem in der Psyche?
Lassen sich für diese Vorgänge im Soma keine anderen medizinischen Erklärungen finden, die zu organischer Therapie und Heilung führen würden?
Wenn Sie dreimal mit Ja geantwortet haben, deutet das auf eine psychosomatische Krankheit hin.
Der »Wiederholungszwang«
Es gibt ein Gesetz, das für alle Beziehungen gilt – für die zwischen Menschen und für die zwischen der Psyche und ihrem Körper: das Gesetz der Wiederholung. Was eingeschliffen ist, wiederholt sich von selbst. In der Welt der Psyche wie in der sozialen Welt wird daraus ein regelrechter »Wiederholungszwang «. Dem kann man zwar entrinnen, das ist auch das Ziel unseres Buches, dazu muss man ihn aber erst mal erkennen.
Hier geht es um die Wiederholung von Dingen, die sich
im Körper selbst und
zwischen Psyche und Körper und
vor allem in der Psyche selbst abspielen.
Für das, was sich da wiederholt, sucht man dann Erklärungen (sonst könnte es ja einfach ein Zufall gewesen sein). Das gilt vor allem für Schlechtes. Bei Psyche und Körper funktioniert die Wiederholung nur, wenn beide Seiten mitspielen. Ein Partner allein kann nicht streiten, wenn der andere nicht mitmacht. Und wenn einer anfängt, machen beide in »eingeschliffener« Weise weiter. Normalerweise verlangt die eine Seite dann von der anderen, sich zu ändern. Dieses Gesetz der Gegenseitigkeit hat aber auch eine wertvolle Kehrseite: Wenn eine Seite »aussteigt«, wird sich auch die andere Seite über kurz oder lang etwas Neues einfallen lassen müssen. Das können wir bei psychosomatischen Krankheiten 1:1 auf die Beziehung zwischen Psyche und Körper übertragen. Zum einen liegen natürlich auf der Seite des Körpers Wiederholungen vor: Die Körperbeschwerden, über die sich die Psyche aufregt. Nur wenn sie wieder und wieder kommen, werden sie für die Psyche zum Problem.
Die Wiederholungszwänge der Psyche
Aber auch der Patient bzw. seine Psyche
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