Der kranke Gesunde
so, dass Seele und Geist als eine der Welten das Gehirn als Materie der anderen Welt benutzen. Andere lehnen eine solche metaphysische oder religiöse Sichtweise ab und glauben, dass im Grunde alles eine Welt, z. B. eine rein materielle ist und dass deshalb auch seelisches Erleben im Grunde nichts anderes ist als ein biochemischer Vorgang. Wir haben dieses Thema schon in unserem Dreiweltenmodell im vorangehenden Kapitel behandelt. Wenn auch nicht allein – Hormone spielen eine ähnliche Rolle – so steht das Nervensystem mit seinen zahlreichen elektrochemischen Verbindungen doch im Zentrum dieser Nahtstelle zwischen Psyche und Soma. Das Gehirn ist das »Organ«, mit und in dem wir wahrnehmen, fühlen, denken sowie Körper und Verhalten steuern. Es überwacht auch die Arbeit aller inneren Organe und wird deshalb ständig über deren Zustand sowie über die äußere Umwelt informiert. Man könnte es also als die zentrale Schaltstelle des Körpers bezeichnen. Um dies genauer zu verstehen, wollen wir zunächst einmal die organischen Grundlagen dieser Zentrale darstellen.
Aufbau und Struktur des Gehirns
An der höchsten Stelle unseres Körpers, und ihn scheinbar beherrschend, liegt das Gehirn, von einer harten Knochenschale umhüllt, um es vor Verletzungen zu schützen. Das Gehirn selbst ist eine relativ weiche, weiß-graue Masse. Seine Oberfläche ist von vielfältigen Furchen durchzogen. Wie in der Abbildung zu erkennen, lässt es sich in vier große Bereiche unterteilen: Großhirn, Zwischenhirn, Stammhirn und Kleinhirn.
Das Großhirn des Menschen ist wesentlich stärker entwickelt als das von Tieren. Es umhüllt wie eine Kappe die anderen Bereiche des Gehirns und ist in eine linke und eine rechte Hälfte unterteilt. Es besteht aus Milliarden von Nervenzellen, die in vielfältiger Weise über kurze und lange Äste in einemdichten Geflecht miteinander verbunden sind. Viele Jahre war man bemüht herauszufinden, welche Teile des Gehirns welche Aufgabe erfüllen. Heute weiß man, dass eine solche einfache Zuordnung nicht genügt. Alle Gehirnbereiche sind sehr eng miteinander vernetzt und bei allen Aufgaben sind mehrere Gehirnbereiche gleichzeitig aktiviert. Man vergleicht die Aktivität des Gehirns deshalb eher mit den unterschiedlich erleuchteten Kerzen eines Weihnachtsbaums als mit einer Tischlampe.
Aufbau des Gehirns; welche Rolle die unterschiedlichen Strukturen spielen, wird im Text erklärt.
Im Großhirn findet das Denken, Lernen und bewusste Wahrnehmen statt
Das Großhirn hat vielfältige Aufgaben:
Die Wahrnehmung, Speicherung und Verarbeitung aller Informationen, die aus den Sinnesorganen (Gehör, Auge, Tastsinn, Geschmack, Geruch) eintreffen.
Es steuert zentral die Aktivität und Zusammenarbeit all unserer Muskeln.
Im Großhirn findet das logische Denken ebenso statt wie musisches Empfinden und gestalterische Fantasie.
Lernen, Langzeitgedächtnis, Aufmerksamkeitslenkung und Verhaltenssteuerung kann man ebenfalls dem Großhirn zuschreiben.
Es ist der Sitz unseres Bewusstseins.
Dennoch laufen auch hier sehr viele Prozesse unbewusst ab. Die Grenzen zwischen bewusstem und unbewusstem Wahrnehmen sind überhaupt fließend. Einen knurrenden Magen kann man bewusst wahrnehmen. Wer aber gleichzeitig mit einer schwierigen Aufgabe beschäftigt ist, dem dringt dieses Knurren nicht ins Bewusstsein, um ihn nicht davon abzulenken. Die Frage, ob uns etwas bewusst wird oder nicht, hängt deshalb sowohl von der Stärke des Reizes wie von dessen Verarbeitung ab.
Das Zwischenhirn ist die Gefühlsschaltzentrale
Das Zwischenhirn ist vom Großhirn vollständig umhüllt. Es besteht aus mehreren Knoten und Strängen, die untereinander und mit anderen Gehirnteilen vielfach verknüpft sind.
Alle Informationen, die wir über unsere Sinnesorgane erhalten, werden hier erstmal auf ihre Bedeutung hin »gefiltert«, insbesondere ob sie gefährdenden Charakter haben und uns an frühere negative oder positive Erfahrungen erinnern. Entsprechend reagieren wir gefühlsmäßig in Bruchteilen einer Sekunde mit den Zentren der Gefühlsreaktionen (z. B. für Wut und Angst, sowie für sexuelle Erregung, Hunger und Durst). Die Struktur des Zwischenhirns unterscheidet sich kaum von dem eines anderen Säugetiers. Durch Versuche konnte man feststellen, dass elektrische Reizungen einzelner dieser Areale Aggressionen und andere Gefühle auslösen bzw. hemmen.
Sie reagieren in engem Zusammenspiel mit anderen Gehirnteilen, insbesondere jenen Zentren, die
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