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Der kranke Gesunde

Der kranke Gesunde

Titel: Der kranke Gesunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas von Pein , Hans Lieb
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(linke Hirnhälfte). Gleichzeitig erzeugt die rechte Gehirnhälfte bildhafte Erinnerungen an vergangene Tage und Erlebnisse: zuerst über die Ausgelassenheit jener Tage – dann aber über das Ende ihrer Freundschaft. Sie waren im Streit auseinandergegangen und hatten das nie geklärt. SeinOrganismus reagiert sofort auf diese Bilder: flaues Gefühl im Magen, schnellerer Atem, feuchte Hände – wie »damals«! Der vernünftige linke Gehirnteil nimmt diese körperlichen Vorgänge wahr, kann sie aber nicht »verstehen« und empfindet sie deshalb umso mehr als unangenehm und störend. Er beschließt intuitiv, diese Situation schnell zu verlassen. So betont er, er müsse noch dringend etwas erledigen und bedauere, nicht mehr Zeit zu haben. Dann geht er weiter. Nach einer Weile fühlt er sich wieder wohler und vergisst das Ganze.
    An diesem Beispiel können wir verdeutlichen, wie eng die verschiedenen Bereiche des Nervensystems miteinander verbunden sind. Die Gefühlszentren werden durch Erinnerungen, Bilder oder Gedanken angeregt. Außerdem muss der Körper über das vegetative Nervensystem mitreagieren. Über Nerven und Hormone wird er in einen Zustand versetzt, als ob die Bilder für ihn Realität wären. Andererseits muss hier das linke Hirn die Kontrolle bewahren – wir können ja nicht zu jeder beliebigen Zeit »Vergangenheitsbewältigung« betreiben. Deshalb ist uns nur ein geringer Teil der Abläufe im Bereich des Nervensystems bewusst. Der Körper aber muss reagieren – und das nehmen viele leichter wahr (wenn nicht auch noch diese Sensibilität seitens der »Logik« verboten wird!). Deshalb ist es bei psychosomatischen Beschwerden wichtig, die den körperlichen Störungen vorausgehenden oder sie begleitenden Gedanken, Bilder und Gefühle zu erkennen (aber dazu später).
Die Hypophyse als Bindeglied zwischen körperlichen und geistigen Regungen
    Nachdem wir wohl in Übereinstimmung mit den wissenschaftlichen Hauptströmungen der letzten Jahrzehnte im Nervensystem den zentralen Vermittler zwischen Geist und Körper gesehen haben, sei doch noch ein anderes, entwicklungsgeschichtlich viel älteres System erwähnt, das ihm diesen Platz (in der Wissenschaft) zunehmend streitig macht: die schon mehrfach erwähnten biochemischen »Informationssubstanzen« (darunter die Hormone ), die alle Organe beeinflussen und über die sich diese auch untereinander verständigen. Ein Großteil dieser Informationssubstanzen wird von der sogenannten Hirnanhangdrüse im Zwischenhirn (Hypophyse, siehe Abb. auf →  S. 43 ) in den Körper ausgeschüttet, z. B. ACTH, das die Kortisonproduktion anregt. Da sie damit aber selbst auf die Tätigkeit von Großhirn und Zwischenhirn reagiert,»übersetzt« sie gleichsam einzelne, dort »entstandene« geistig-seelische Zustände in körperliche Vorgänge und kann so den Zustand des ganzen Organverbundes und einzelner Organsysteme bis hinab zur Tätigkeit einzelner Zellen prägen. Die Hypophyse kann so durch ihre Arbeit für jede geistig-seelische Regung ein spezielles Muster im körperlichen Gesamtzustand erzeugen.
Ein Geruch kann vergessen geglaubte Erinnerungen zutage fördern
    Interessanterweise können später einzelne »Schlüsselreize « und die von ihnen ausgelösten Nervenimpulse und Informationssubstanzen genau dieses Gesamtmuster im Organismus erneut herstellen. Wir kennen das alle, wenn bestimmte Melodien oder Gerüche uns und unseren Körper in bestimmte Situationen und Stimmungen »zurückführen«, die schließlich »ganz in uns entstehen«. An der Tatsache, dass wir uns in solchen körperlichen Zuständen auch wieder an sonst Vergessenes aus dieser Situation erinnern, erkennen wir, dass der Körper für uns sozusagen »biologisch« Erfahrungen und Wissen speichert. So können wir bei der Erinnerung an einen Strandurlaub wieder die wohltuende Wärme empfinden. Oder ein Detail einer traumatisch-gefahrvollen Situation (z. B. Schweißgeruch) führt zu Erregung und den damaligen Entgleisungen einzelner Organe. Da dieses körperliche Speichern und Erinnern von Erfahrungen eher unbewusst (rechtshirnig) gesteuert wird, steht der bewusste Verstand dem Resultat oft hilflos gegenüber, vor allem, wenn im Vordergrund solcher »Erinnerungen« Symptome wie Herzrasen, Schwindel oder Durchfall stehen. Die Konfrontation mit einem Mann, der an einenVergewaltiger erinnert, kann die damaligen Symptome der massiven Panik, verbunden mit Gefühlsstörungen und Gelähmtheit, auslösen.
    Tipp
    Der

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