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Der kranke Gesunde

Der kranke Gesunde

Titel: Der kranke Gesunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas von Pein , Hans Lieb
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und in seiner Qualität ein (negatives) Gefühl darstellt.
    Wie entsteht Schmerzempfinden? Durch Erregung bestimmter schmerzleitender Nervenbahnen, die zu der sinnlichen Erfahrung »Schmerz« führen, ähnlich wie beim Hören, Sehen und Riechen.
    Welchen Sinn hat Schmerz? Er veranlasst uns, auf die Schmerzquelle zu reagieren. Ist diese bekannt, können wir sie beseitigen: z. B. bei der Verbrennung an heißem Feuer ziehen wir automatisch die Hand weg! In anderen Fällen müssen wir uns – gegebenenfalls mit Hilfe entsprechender Experten – auf die Suche nach der Quelle machen.
Wie entsteht Schmerz?
    Die jetzt folgenden Informationen können Sie besser verstehen, wenn Sie zur Erläuterung die nebenstehende Abbildung betrachten.
Bestimmte Nervenbahnen sind für Schmerz zuständig
    Die zu Schmerzen führenden Reize bedrohen unsere körperliche Unversehrtheit. Sie sind immer mit der Erregung bestimmter Nerven sogenannten »freien Nervenendigungen « verbunden. Sie finden sich im gesamten Körper und reagieren auf die verschiedensten äußeren oder inneren Reize: Wärme, Druck, Verletzung, Dehnung, Mangeldurchblutung und Stoffwechselveränderungen. Bei der Vermittlung der Erregung sind vielfältige in unserem Körperproduzierte Stoffe beteiligt, z. B. das Serotonin. Zwei verschieden dicke Nervenfasern leiten den Schmerz zum Rückenmark weiter. Scharf und stechend empfundene Reize, z. B. wenn Sie sich den Kopf irgendwo anstoßen, werden über schnell leitende dicke Fasern registriert. Die dünneren langsam leitenden Nervenfasern werden durch eine Reihe von mechanischen, chemischen und Wärmereizen aktiviert und führen zu einem eher lang andauernden, dumpfen oder brennenden Gefühl, z. B. wenn Sie sich den Magen verdorben haben und unter anhaltendem Bauchschmerz leiden.
    Die körperliche Seite des Schmerzes: Dargestellt sind die nervlichen Verbindungen zwischen Schmerzentstehung und Schmerzregistrierung.
Die Schmerzsignale werden im Rückenmark (vor)verarbeitet
    Im Bereich des Rückenmarks enden die Schmerzfasern in einem Bezirk, den man sich auch als eine Informationssammel- und verarbeitungsstelle vorstellen kann, wie sie z. B. bei einer Zeitung üblich ist. Es handelt sich um die erste Schaltstelle (siehe Abb. auf →  S. 59 ), die auch anschaulich als Schmerztor bezeichnet wird. Die eingehenden Informationen werden auf ihre Wertigkeit untersucht, miteinander in Beziehung gesetzt und ergeben dadurch neue Informationen, und nur die für wichtig gehaltenen Nachrichten werden schließlich weitergeleitet und erscheinen zuletzt im Gehirn. Nachrichten unterschiedlichen Informationsgehalts können sich gegenseitig blockieren. Der unangenehm brennende Juckreiz eines Mückenstichs, der über die langsam leitenden Nervenfasern geleitet wird, kann durch Kratzen oder Kneifen, d. h. Aktivierung der schnell leitenden Fasern, gemildert werden. Letztere bremsen im Rückenmark die Weiterleitung der Erregung über die langsam leitenden Fasern an das Gehirn. Zum Teil lässt sich wahrscheinlich dadurch auch die Wirkung von Akupunktur erklären.
    Bei der Zeitungsredaktion bekommen die Redakteure von ihren Vorgesetzten Anweisungen, welche Nachrichten sie wichtig nehmen und welche sie ignorieren sollen. Das kann sich von einem auf den anderen Tag ändern. Übertragen auf die Schmerzverarbeitung bedeutet dies, dass unser Gehirn die Fähigkeit hat, über bestimmte Nervenfasern, die vom Stammhirn zum Rückenmark ziehen, die Erregungsweiterleitung von Schmerznachrichten zu kontrollieren. Nach Weiterleitung an das Gehirn nehmen die Schmerzfasern Verbindung zu vielen anderen Gehirnbereichen auf: zum Schlaf-wach-Zentrum, zu den Zentren der Atmung und der Appetitregelung, zu den Gefühlszentren, zu den Bereichen des Denkens, Erinnerns, Vorausahnens und Wertens. Sie beeinflussen diese also ebenso wie sie in ihrer Tätigkeit von diesen beeinflusst werden.
Eine besondere Rolle spielt die gefühlsmäßige Bewertung des Schmerzes
    Wenn wir bei einem nahen Angehörigen mitbekommen, dass er sich verletzt hat und unter heftigen Schmerzen leidet, geht uns das auch gefühlsmäßig sehr nah, insbesondere bei Müttern mit ihren Kindern. Manche Mütter reagieren sehr stark mit Bedauern und Mitleiden, Väter neigen vielleicht eher dazu den Schmerz herunterzuspielen. Dazu findet sich eine Parallele in unseremGehirn: Bei manchen reagiert das Gefühlszentrum (der vordere zinguläre Kortex [ACC-Kern ], siehe Abb. auf →  S. 43 ) sehr stark mit Besorgnis und Angst,

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