Der Krater
sofort da heraus, oder ich lasse Sie festnehmen. Ist das klar?«
»Ganz und gar nicht. Und noch etwas: Meine Assistentin ist eine einundzwanzigjährige Studentin, die vollkommen unschuldig in die Sache verwickelt wurde.«
Lockwood ließ den Kopf hängen und schüttelte ihn. »Wenn es einer von uns ist, werde ich das herausfinden und ein gewaltiges Theater machen, glauben Sie mir. Ich an Ihrer Stelle würde mir allerdings überlegen, wer es noch sein könnte – außer den eigenen Behörden.« Er fügte hinzu: »Aber ich muss Sie noch einmal fragen: Warum zum Teufel tun Sie das? Sie haben in dieser Sache keine eigenen Interessen.«
»Das würden Sie wohl nicht verstehen. Ich bin hier, weil ich mehr Informationen will. Sie müssen mir sagen, was hier läuft, was Sie wissen.«
»Ist das Ihr Ernst? Ich sage Ihnen gar nichts.«
»Nicht einmal im Austausch für gewisse Informationen, die ich besitze?«
»Nämlich?«
»Das Objekt ist nicht vor Maine ins Meer gestürzt. Es ist auf einer Insel eingeschlagen.«
Lockwood trat einen Schritt vor und senkte die Stimme. »Woher wissen Sie das?«
»Ich war da. Ich habe das Loch gesehen.«
»Wo?«
»Das ist die Information, die Sie bekommen werden – im Austausch.«
Lockwood sah ihm fest ins Gesicht. »Also schön. Unsere Physiker glauben, dass das Ding, das die Erde durchschlagen hat, ein Klümpchen sogenannter seltsamer Materie war. Auch bekannt als Strangelet.«
»Also kein kleines schwarzes Loch?«
»Nein.«
»Was ist seltsame Materie?«
»Eine besonders schwere Form von Materie. Besteht aus Quarks. Und ist extrem gefährlich. Ich verstehe das Ganze selbst nicht so richtig – schlagen Sie es nach, wenn Sie mehr darüber wissen wollen. Mehr neue Erkenntnisse haben wir eigentlich gar nicht. Also – wo ist diese Insel?«
»Sie heißt Shark Island. Liegt in der Muscongus Bay, etwa acht Seemeilen vor der Küste. Eine kleine, kahle Insel – den Krater finden Sie am höchsten Punkt.«
Lockwood wandte sich um, holte seinen Aktenkoffer aus dem Auto und schloss die Tür. Als Ford sich zum Gehen wandte, streckte Lockwood die Hand aus und drückte Fords, zu dessen großer Überraschung. »Halten Sie sich schön bedeckt, und seien Sie vorsichtig. Sollte ich feststellen, dass unsere eigenen Leute hinter Ihnen her sind, werde ich der Sache einen Riegel vorschieben, das schwöre ich. Aber denken Sie auch daran, dass es möglicherweise nicht unsere Leute sind …«
Ford wandte sich ab, schlüpfte durch das Garagentor hinaus und verschwand durch den Garten im dunklen Park. Er ging zum Bach, wo der Wald am dichtesten war, überquerte das Flüsschen und fand den Fußweg. Er kam auf der Quebec Street heraus, richtete sich auf, rückte seinen Anzug zurecht und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Wieder nahm er die Haltung eines nächtlichen Spaziergängers an, bewegte sich flott die Straße entlang und verschwand einmal in den Schatten, als ein Streifenwagen vorüberrollte. Er ging um ein paar Ecken und erreichte das Ende der Straße, in der er seinen Wagen geparkt hatte. Er hielt sich im Schatten einer Baumgruppe.
Schlechte Neuigkeiten. Aus dem Schutz der Bäume konnte er zwei Streifenwagen mit blinkendem Blaulicht vor und hinter seinem Mietwagen stehen sehen. Ein Polizist notierte sich offensichtlich das Kennzeichen. Hatte Lockwood die Polizei gerufen? Vielleicht hatte er den Wagen auch zu lang hier stehen gelassen: Die Party in dem Haus war längst vorbei, und irgendein paranoider Vorstadtmensch hatte den einsamen Wagen bemerkt und die Polizei geholt. Bedauerlicherweise hatte er den Mercedes unter seinem richtigen Namen gemietet – ihm war nichts anderes übriggeblieben.
Leise fluchend verschmolz Ford wieder mit der Dunkelheit und suchte sich einen Weg durch Gärten und Parkanlagen zur American University und der Bushaltestelle an der Massachusetts Avenue.
56
A bbey betrachtete die Dateien auf der 160-T B -Festplatte und öffnete ein paar, einfach aufs Geratewohl. Sie hatte Hunderttausende, vielleicht sogar Millionen Bilder des Mars vor sich, spektakuläre, erstaunliche, einmalige Aufnahmen von Kratern, Vulkanen, Schluchten, Wüsten, Dünenfeldern, Bergen und Ebenen.
Die Radarbilder boten ebenso spektakuläre Schnitte durch die planetare Kruste des Mars. Aber die Gammastrahlungsdaten waren einfach nur Tabellen voller Zahlen und diverse rätselhafte Grafiken, die sie unmöglich entziffern konnte. Da waren keine Bilder – nur Zahlen.
Ein Ordner stach ihr ins Auge,
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