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Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder

Titel: Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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deutlich lesbare Frage in leuchtend weißen Buchstaben vor seinen Augen:
     
    Warum zeigt der »Schablonenstein«
    (Nr. 1257) , wenn Licht hindurchfällt,
    ein Rosettenmuster mit nur zwölf anstatt
    sechzehn Blütenblättern?
     
    »Wenn Licht hindurchfällt«, wiederholte David flüsternd. Mit einem Mal wurden seine Augen groß und er stieß hervor: »Dieser ›Schablonenstein‹ muss durchsichtig sein! Vermutlich aus Glas!«
    Wieder blickte er zur Tür. Laszlo Horthy musste zu demselben Schluss gekommen sein… Warum sonst hätte er sich gerade diesen Satz notiert?
    Und weshalb hatte er diese aufregende Entdeckung für sich behalten?
    In Davids Kopf braute sich ein schlimmer Verdacht zusammen. Er suchte fieberhaft nach einer entlastenden Erklärung, aber dessen Verhalten ergab einfach keinen Sinn.
    Es sei denn – er trieb ein doppeltes Spiel. Ja, so musste es sein. Er wollte die »Tränen« für sich allein haben oder – David schauderte bei dem Gedanken – für Belial. Der Kreis der Dämmerung hatte viele Verbündete. Warum nicht auch hier im Museum?
    Und jetzt war er vermutlich schon auf dem Weg zu irgendeinem Lagerraum, in dem Fund Nummer 1257 schlummerte. Warum nur war ihnen dieses Ausgrabungsstück beim Studium der Inventarlisten entgangen? David holte aus dem Regal die Kladde mit der Auflistung aller gefundenen Artefakte, Sein Zeigefinger arbeitete sich in den Eintragungen nach unten. In der ersten Spalte befand sich die fortlaufende Nummerierung. Innerhalb von Sekunden hatte er die gesuchte Zeile gefunden. Er überflog die Kurzbeschreibung sowie die Datumsangabe und den Fundort.
     
    1257 Rosetten – 24. Apr. Auf Mitte der Schablone? 1901 Nord-Süd-Achse zwischen Istar-Tempel und der Heiligen Pforte
     
    Also deshalb hatten sie dem Objekt keine weitere Beachtung geschenkt! Wer dachte schon beim Lesen des Wortes »Rosettenschablone« – was immer das auch sein mochte – an eine Träne oder irgendeinen anderen Glaskörper! Jetzt allerdings hätte David sich die Haare raufen können, so logisch fügte sich alles zusammen: Als Fundort für die Rosettenschablone war eine Stelle nahe der »Heiligen Pforte« angegeben und Jason hatte geschrieben, sein Haus liege »in Sichtweite des Heiligen Tors«, Wenn man eins und eins zusammenzählte, dann konnte das nur bedeuten: Bei dem Schablonenstein handelte es sich um Jasons »Träne«! Mit diesem transparenten Gegenstand hätte er Belial jederzeit herbeirufen, ja, ihn sogar vernichten können. Wenn er nicht vorher gestorben wäre…
    Den Blick auf Horthys fettige Notiz geheftet, dachte David darüber nach, was er als Nächstes tun sollte. Er musste den Wissenschaftler aufhalten, so viel stand fest. Andererseits – vielleicht sollte er ihn zunächst noch in Sicherheit wiegen. David stutzte. Warum hatte Horthy seine Notizen, anders als sonst, in Deutsch und nicht in Ungarisch verfasst?
    Weil er etwas wortgetreu abgeschrieben hat! David zog das lederne Notizbuch aus der Tasche seines Jacketts und blätterte aufgeregt darin herum. Nur Augenblicke später verharrten seine Finger bei einer Seite, auf der ein fettiger Daumenabdruck prangte. Das Buch zeigte links ein Blumenmotiv, das von einem Rechteckraster überzogen war, darunter befanden sich einige für David kaum verständliche Bemerkungen über irgendein »Versatzmarkensystem«, über »Formen für reliefierte Ziegel« und – den »Schablonenstein«. Horthy hatte nur einen Satz aus dem Buch abgeschrieben, obwohl dort noch mehr über den rätselhaften Fund stand.
    Schnell holte David seinen Schreibblock aus der Aktentasche und platzierte ein leeres Blatt oberhalb des aufgeschlagenen Notizbuches. Was nun folgte, wäre jedem abergläubischen Beobachter wie Zauberei erschienen. David konzentrierte sich kurz auf das leere Blatt, dann ließ er seinen Blick über die darunter liegenden Skizzen und handschriftlichen Vermerke wandern. Während seine Augen das Original abtasteten, rekonstruierte sein Geist das empfangene Bild auf dem Notizblock. Nach wenigen Sekunden hielt David eine perfekte Kopie der beiden Buchseiten in der Hand.
    Er lächelte zufrieden. »So, mein lieber Horthy, jetzt legen wir Ihren Schatz wieder in sein Versteck zurück, damit Sie sich keine Sorgen machen müssen.«
    Rasch kletterte David die Leiter hinauf und verstaute das kleine Buch wieder hinter den Assyrischen Altertümern. Danach verwandelte er die verräterische weiße Fläche auf dem Tisch wieder in einen normalen Fettfleck, schnappte sich den

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