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Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder

Titel: Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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verließ den Raum.
    Warum war Wilhelm Canaris nicht einmal andeutungsweise auf Davids Ersuchen eingegangen? Wollte er ihm nicht helfen? Nein, das anzunehmen erschien angesichts des hochbrisanten Inhalts der geheimen Botschaft ganz und gar abwegig. Jedes deutsche Unterseeboot war mit einer Enigma und der dazugehörigen Liste der Funkcodes ausgestattet. Endlich bestand eine reelle Chance beides in die Hände zu bekommen. Der Admiral hatte – aus deutscher Sicht – Hochverrat begangen. Und damit sein Leben aufs Spiel gesetzt!
    Nein, Canaris’ Schweigen musste einen anderen Grund haben. Vielleicht konnte er David einfach nicht helfen. Möglicherweise war Rebekka längst zu einer jener Nummern geworden, wie man sie angeblich allen Juden in den Konzentrationslagern auf den Unterarm tätowierte. Die Vorstellung war so ungeheuerlich für David, dass er am liebsten laut aufgeschrien hätte. Nur die Beengtheit in den huts – man war nie wirklich allein – hielt ihn davon zurück.
    Schließlich war es die strenge Geheimhaltung, die Davids Aufrücken in den Kreis der Helden verhinderte. Die wenigen, die von seinem »unermesslichen Dienst am Vaterland« wussten, begegneten ihm, als schwebe er eine Handbreit über dem Boden, beschirmt von einem Heiligenschein.
    Admiral Jethro N. Durban führte unangefochten die – zugegeben kurze – Liste von Davids Bewunderern an. Offenbar musste er mit Väterchen über den »erstklassigen Mann« gesprochen haben, den ihm da der einstige Berliner Agentenführer geschickt hatte, denn wenige Tage nach Wilhelm Canaris’ Botschaft rief er David ins Faulkner House.
    Das Anwesen im viktorianischen Stil glich ein wenig jenen Spielhäusern, die man aus bunten Basteibogen durch geschicktes Falten und Leimen zusammensetzt. Wenn man davor stand, sah man links eine Art Türmchen mit einem von Grünspan bedeckten Kupferdach. Dann folgte ein Spitzgiebelelement über dem Haupteingang. Diesem schlossen sich zwei weitere Giebelfronten an. Den Abschluss bildete ein Gebäudeabschnitt, der am ehesten noch einer Ritterburg entnommen schien. Irgendwie passte der etwas steife Admiral überhaupt nicht in dieses verspielte Schlösschen.
    »David«, begann der hohe Offizier vertrauensselig, als der ihm gegenüber vor dem gewaltigen Schreibtisch Platz genommen hatte. Das Büro von Admiral Durban war größer als jedes andere in den Baracken. »Ich darf Sie doch David nennen, oder?«
    »Selbstverständlich, Sir.«
    »Ich habe Sie rufen lassen, weil ich Ihnen eine gute Nachricht mitzuteilen habe.«
    David beugte sich unwillkürlich vor. Rebekka?
    Der Admiral grinste von einem Ohr zum anderen. »Sie werden einen dicken Orden bekommen.«
    David schloss die Augen, sank enttäuscht in seinem Stuhl zusammen und murmelte nur: »Nicht schon wieder!«
    »Was haben Sie gesagt?«
    »Bei allem Respekt, Sir. Aber ich kann bald einen Handel mit den Dingern aufmachen. Eigentlich hatte ich gehofft, eine Nachricht von meiner Frau…«
    »Sie könnten dem Dank Ihres Vaterlandes ruhig ein wenig mehr Achtung entgegenbringen«, brummte der Admiral verärgert dazwischen, um jedoch gleich wieder in einen freundlicheren Ton zu verfallen. »Abgesehen von der Auszeichnung wollte ich Ihnen eigentlich noch ein Angebot unterbreiten.«
    David horchte auf. »Und was wäre das, Sir?«
    »Wir beide wissen – und Sie haben es eben ja noch einmal unmissverständlich zum Ausdruck gebracht –, welch vitales Interesse Sie daran besitzen, als Agent nach Deutschland zu gehen.«
    Davids Nackenhaare stellten sich auf. Sein Rücken straffte sich. »So könnte man das ausdrücken, Sir.«
    »Der Hinweis, den wir durch Sie bekommen haben, ist zwar noch nicht verifiziert, aber allein schon ihre so überaus engen Kontakte zum deutschen Militärgeheimdienst haben einige Herren im Hauptquartier schwer beeindruckt. Nun, um es kurz zu machen: Es freut mich, Ihnen mitteilen zu können, dass Ihrem Wunsch stattgegeben wurde. In einer Woche dürfen Sie Ihre Sachen packen, denn dann werden Sie in ein Ausbildungscamp für Agenten verlegt, das so geheim ist, dass nicht einmal ich seine Lage kenne. Sie werden einen sechsmonatigen Crashkurs bekommen und anschließend nach Deutschland geschickt. Was sagen Sie dazu?«
    David wusste nicht, was er erwidern sollte.
    Einerseits war er glücklich, seine Suche nach Rebekka endlich vom Schreibtisch nach draußen, in die richtige Welt verlagern zu können, andererseits bereiteten ihm die sechs Monate Magendrücken. Das bedeutete ein

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