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Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder

Titel: Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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gegenüber. Das sind zehn Prozent der tatsächlichen Wähler, Hank! Vielleicht ist Ihnen jetzt klar, warum einige böswillige Zeitgenossen sagen, Demokratie sei das Diktat von Minderheiten. Aber abgesehen davon, wissen Sie, was diese kleine Rechenaufgabe noch bedeutet?«
    David hatte einfache Wahrheiten auf eine für McMillan bedrückende Weise ausgesprochen. Der Chefredakteur sah betroffen aus. »Das hieße im schlimmsten Fall, dieser Kelippoth könnte maßgeblich die Politik einer Weltmacht beeinflussen!«
    David nickte bedeutungsschwer. »Und damit vielleicht sogar den Lauf der ganzen Welt. Er könnte zu dem Steuermann werden, dessen kleines Ruder den Kurs eines riesigen Schiffes bestimmt. Aber wenn wir sein Treiben rechtzeitig an die Öffentlichkeit zerren und die Herausgeber aller gefährdeten Blätter informieren, ziehen wir ihm damit den Boden unter den Füßen weg.«
    »Hört sich einfach an. Aber wie wollen wir das schaffen? Wenn ich morgen eine Titelstory in die Post bringe, in der ich einen Eigner des Blattes als reaktionären Rassisten bloßstelle, bin ich übermorgen im Falle eines Irrtums gefeuert. Und ansonsten tot.«
    David blickte lange in McMillans ernstes Gesicht, Er spürte, dass dieser Mann ihm im Grunde helfen wollte, wie schon so viele Menschen vorher. Er zwang sich zu einem aufmunternden Lächeln und antwortete: »Das Time-Magazin wird auch einen Artikel bringen. Mit der Washington Post wären das dann schon zwei der angesehensten Blätter des Landes, Ich denke, Henry Luce könnte auch den Herausgeber der New York Times zu einem ähnlichen Beitrag überreden. Vielleicht lösen wir damit einen Erdrutsch aus (wir beide wissen, wie gerne unsere Kollegen aus Renommierblättern abschreiben). Angenommen, ich würde dafür sorgen, dass Sie notfalls in New York einen neuen Job bekämen – helfen Sie mir dann?«
    Eine prickelnde Erregung hatte von David Besitz ergriffen. Während sich das Taxi mit ihm und Rebekka durch den Washingtoner Verkehr arbeitete, war er so zuversichtlich wie lange nicht mehr.
    »Das wird unser zweiter Streich, Bekka. Mein Gefühl sagt mir, dass dieser Kelippoth zum Kreis der Dämmerung gehört und wir ihm wirklich wehtun werden.«
    »Hauptsache, du verbrennst ihn nicht wie diesen Toyama.«
    »Der hatte sich sein Ende selbst zuzuschreiben, aber du kannst beruhigt sein, Schatz: Meine Bemerkung zu Kelippoth war nur bildlich gemeint. Ich möchte keine Menschen töten. Mir genügt es, ihre bösartigen Pläne zu durchkreuzen. Vor allem Belials Jahrhundertplan! Allem Anschein nach wollte Kelippoth dem Geheimzirkel mithilfe des Ku-Klux-Klans Macht und Einfluss verschaffen. Mein Vater schreibt ja in seinem Vermächtnis, dass der Kreis der Dämmerung schon vor seiner Sitzung im Jahr 1882 Menschen manipuliert hat, aber offenbar reichten die alten Machtstrukturen nicht aus, um den wesentlich weiter gehenden Jahrhundertplan zu verwirklichen. Deshalb ließ Kelippoth den Ku-Klux-Klan in der Versenkung verschwinden, bis er dann 1915 wie der Phönix aus der Asche wieder auftauchte.«
    »Und zwar größer und mächtiger als je zuvor.«
    »Wenn das, was ich vorhabe, funktioniert, werden wir diesem giftigen Gewächs die Wurzeln abschneiden. Der Klan wird austrocknen, bis er zerfällt. Wir müssen so schnell wie möglich nach New York zurück und alles mit Henry besprechen.«
    »Glaubst du, er wird dir helfen?«
    David nickte überzeugt. »Henry Luce ist ein Pragmatiker. Ich weiß, dass er meiner Jahrhundertkindgeschichte skeptisch gegenübersteht, aber Kelippoth ist ein Mann, der Henrys Lebensnerv bedroht: das Time-Magazin, ja, die Unabhängigkeit der gesamten amerikanischen Presse. Du wirst sehen, er unterstützt meinen Feldzug bestimmt.«
    An der Union Station reservierte David ein Schlafwagenabteil für den Nachtzug nach New York. Vom Bahnhof, unweit des Capitols, ließ sich das Paar dann nach Georgetown zurückchauffieren. Weil der Taxifahrer seinen auswärtigen Fahrgästen etwas bieten wollte, nahm er nicht den kürzeren Weg über die Massachusetts Avenue, sondern fuhr zunächst die Louisiana und anschließend die Constitution Avenue entlang. Nach Museen und Ministerien ging es am Washington Monument und dem Weißen Haus vorbei, dann rechts in die Virginia Avenue und auf dieser nach Nordwesten Richtung Georgetown.
    Unterwegs schlug David vor, in einem gepflegten Restaurant zu Abend zu essen, bevor das Taxi sie zum Bahnhof brachte. Auf diese Weise ließ sich die strapaziöse Gesellschaft der

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