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Der Kreis der Dämmerung 03 - Der weiße Wanderer

Titel: Der Kreis der Dämmerung 03 - Der weiße Wanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Widerwillen. Er tauschte seinen Gewinn gegen einen einzigen Jeton mit einer unanständig hohen Zahl ein und steuerte schon wieder die Achtundzwanzig an.
    »Nicht«, zischte David und hielt Gonzales’ Arm zurück. Schweißperlen glitzerten auf der Stirn des Sekundenpropheten. Die Rouletteschüssel verlangte ihm alles ab, denn zwischen dem »Nichts geht mehr« des Croupiers und dem Stillstand der Kugel lagen quälend lange Sekunden, beinahe zu viele für seine eher kurzatmige Gabe. Kurz bevor der Bankhalter die nächste Runde schloss, zischte David – seiner durchaus nicht sicher: »Siebenundzwanzig!«
    Gonzales reagierte mustergültig. Die Hand schnellte vor, zog noch eine Ehrenrunde über die geliebte Achtundzwanzig, ließ sich aber doch auf dem verheißenen Feld nieder.
    »Rien ne va plus.«
    Gespanntes Warten. Wieder trieb die elfenbeinerne Kugel ihr grausames Spiel. Als sie schließlich im Feld Siebenundzwanzig landete, provozierte Gonzales’ erneuter Jubelschrei die nächsten bösen Blicke. Davon unbeeindruckt steigerte sich der Kubaner nun in einen wahren Spieltaumel hinein, der bei David Verzweiflung, bei den immer etwas zu früh setzenden Mitspielern am Tisch jedoch unverhohlenen Neid hervorrief, glaubte man doch, das ungehörige Zögern der beiden sommerlich gekleideten Herren gehe auf einen unterentwickelten Gemeinschaftssinn zurück.
    Als sich Gonzales’ Gewinn in Schwindel erregende Höhe geschraubt hatte, entstand, wie von David schon seit längerem befürchtet, Tumult am Tisch. Die Situation wurde insofern unberechenbar, als mehrere, zuvor eher träge Mitspieler sich gegen die Glücksritter verschworen und ihnen Prügel androhten. In dieser brenzligen Situation tauchte mit einem Mal der Retter auf, ein schlanker, kleiner Mann mit Menjoubärtchen, schwarz pomadisiertem Haar und dunklem Smoking: der Chefcroupier der Spielbank.
    Seine bloße Präsenz sorgte am Tisch für eine gewisse Beruhigung der Lage. Nach kurzem Zögern strich er sich bedeutungsvoll über den schmalen, gestutzten Oberlippenbart, verbeugte sich leicht und bat vollendet höflich: »Meine Herren, dürfte ich Sie vielleicht einen Moment sprechen?«
    »Reden Sie!«, befahl Gonzales.
    »Wo?«, fragte David vorausschauend.
    »Wie wäre es in meinem Büro, gleich hier um die Ecke?«
    »Jetzt geht’s nicht. Ich habe gerade eine Glückssträhne«, lehnte Gonzales ab.
    »Gerne«, antwortete David und zerrte den sich sträubenden Kubaner hinter sich her.
    Das Gespräch im Büro des Oberbankhalters nahm einen ausgesprochen kultivierten Verlauf. Bei gut gekühltem Champagner bedauerte der Herr im Smoking den Umstand, die Bank an dem für Gonzales so Glück bringenden Filztisch schließen zu müssen. Ein Kunde habe den Verdacht geäußert, es sei da zu gewissen Unregelmäßigkeiten gekommen. Ein Einwand, den man im Interesse des Rufes des Hauses keinesfalls unberücksichtigt lassen dürfe. Man freue sich wirklich außerordentlich über den angenehmen Verlauf, den der Abend für Señor Gonzales genommen habe, sehe sich gleichwohl genötigt wegen der leichten Erregbarkeit der anderen Gäste von einer Fortsetzung des Spieles abzuraten.
    Gonzales leistete sich darauf einen Tobsuchtsanfall. Der Chefcroupier blieb kühl wie der Champagner, den er seinen Gästen nachschenkte. Höflich, aber bestimmend präsentierte er einen letzten Kompromissvorschlag: Die Spielbank sei bereit den Gewinn der beiden Herren aufzustocken, sollten diese mit einer fünfjährigen Sperre einverstanden sein. Gonzales zögerte, David sagte sofort zu, schlug jedoch vor, das Hausverbot auf zehn Jahre zu erweitern.
    In den nächsten Minuten wurde der Gewinn zusammengerechnet. An Gonzales’ Reaktion ließ sich wunderbar ablesen, was er sich in etwa erhofft hatte und wovon er plötzlich überrascht wurde. Seine Schätzung musste sich auf ein paar hunderttausend Dollar belaufen haben – der Oberbankhalter zählte jedoch Jetons im Wert von etwas mehr als eins Komma neun Millionen! Gonzales wurde daraufhin so bleich, wie es sein kaffeebrauner Teint nur zuließ. Anschließend übergab er sich in den Eiskübel. David unterschrieb eine Quittung über aufgerundet zwei Millionen Dollar und nahm dafür einen Briefumschlag in Empfang, der, wie er annahm, einen üppigen Scheck enthielt. Mit einem sichtlich angeschlagenen Glückskind im Schlepptau verließ die Fee das Reich Mammons.

 
    Der Palast des Großen Jaguars
     
     
     
    Manuel Barrios. Das war der Lohn des für David so

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