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Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angus Donald
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wurde keinen Augenblick langsamer. Er entdeckte mich, fixierte mich mit irre glitzernden Schweinsaugen, änderte seinen Kurs und donnerte nun schnurstracks auf mich zu – dreihundert Pfund Muskeln, angetrieben von rasender Empörung über unser Eindringen in sein Revier. Nur drei Herzschläge, nachdem der Keiler aus dem Unterholz hervorgebrochen war, trennten ihn nicht mehr als ein paar Schritte von mir.
    Weil das Schwein so überraschend aufgetaucht war, reagierte ich langsam – aber gerade noch rechtzeitig. Ich packte den Spieß, lehnte mich nach vorn und senkte die Spitze auf Höhe des heranstürmenden Tieres. Der mächtige Keiler stürzte sich auf mich. Als scherte er sich nicht um sein eigenes Leben, sprang er direkt in meinen schwankenden Spieß. Die Klinge drang einen Fuß tief in seine Schulter wie ein scharfes Messer in weichen Quark, bis das Querstück erreicht war. Die Wucht, die durch den Schaft übertragen wurde, fühlte sich an, als hätte ich einen tobenden Bullen abrupt zum Stehen gebracht. Der zwei Zoll starke Spieß bog sich durch, aber er brach nicht, und meine Knöchel zeichneten sich weiß vor dem braunen Holz ab. Die Muskeln an Armen und Brust brannten von der gewaltigen Anstrengung, mir das Tier vom Leib zu halten, doch es war unglaublich – die Bestie bewegte sich dennoch vorwärts, Zoll um Zoll, und schob mich mit all seiner Kraft rückwärts vor sich her. Die dicken Vorderbeine wühlten den Boden auf, während meine Füße auf Felsen und Geröll keinen rechten Halt fanden. Das Tier knurrte mich in Todesqualen an, die Augen glitzerten, und dicke Speichelfäden baumelten von den langen gelben Hauern, die wie Zwillingsdolche nach oben gekrümmt waren, genau richtig, um einen Mann auszuweiden.
    Dann rüttelte der Keiler die muskulösen Schultern, und mit einem unglaublich kraftvollen Ruck wand er mir den Spieß aus den Händen. Der lange, dicke Schaft zischte durch die Bewegung des Tiers quer hin und her, er wurde mir seitlich weggerissen und krachte dann wieder mit solcher Wucht gegen meine Schulter, als hätte jemand mit einer Spitzhacke weit ausgeholt. Der Aufprall warf mich um, ich landete auf Händen und Knien, und dann stürzte sich das riesige Tier von neuem auf mich. Der Schaft des Spießes glitt vor meinem Gesicht vorbei. Zwei mächtige Sätze, und die offene Schnauze des riesigen Keilers erreichte meine Brust. Ich bekam gerade noch einen der gewaltigen Hauer mit beiden Händen zu fassen, aber die Kraft dieses Tiers war trotz der tödlichen Wunde schlicht unglaublich. Ich roch seinen fauligen Atem, und stinkender Speichel, gemischt mit Blut, tropfte mir ins Gesicht, während ich darum rang, mir die grunzende, sabbernde Schnauze und die gelben, schnappenden Zähne vom Leib zu halten. Seine Augen, blauschwarz und rot gerändert, waren nur ein paar Fingerbreit von meinen entfernt. Er bäumte sich auf, der schwere Spieß schlug gegen meinen linken Unterarm, so dass ich beinahe losgelassen hätte … doch da erschien ein Schatten links von mir, ich hörte einen gellenden Wutschrei und spürte, wie etwas in das Tier gerammt wurde. Es war William, mein treuer Diener William, der seinen großen Spieß in die Flanke der Bestie gestoßen hatte, und er versuchte mit all seiner Knabenkraft, die Spitze weiter in den monströsen kämpfenden Körper zu treiben. Die Hunde waren auch bei mir, sie sprangen das riesige Tier an und kläfften aufgeregt. Keelie bekam ein Ohr zu fassen, zerrte daran und knurrte wie ein Dämon neben meiner Wange. Dann war Robin da und auch Little John, und ich spürte zwei weitere wuchtige Stöße im Körper des Tieres, als sie ihm ihre Spieße tief ins Fleisch jagten. Das Schwein spie mir hustend einen Schwall heißes Blut auf Brust und Unterarme, und ich sah, wie die Wut in seinen Augen erlahmte und verlosch. Wie durch ein Wunder waren da nur noch ein kolossales Gewicht auf mir und das atemlose, hysterische Gelächter meiner sogenannten Freunde.
     
    In dieser Nacht kampierten wir draußen, in einer Höhlung im Fels, und schmausten gebratenen Keiler. Ich war nicht schwer verwundet, nur ein paar Prellungen an Schulter, Armen und Brust. Und mein Stolz war verletzt, weil ich um ein Haar einen Ringkampf mit einem Schwein verloren hätte. Little John stellte das natürlich sehr viel anzüglicher dar. »Bei Gottes ausgebeultem Schritt«, sagte er, nachdem er das schlaffe, blutverschmierte Tier von mir heruntergezerrt hatte, was ihm trotz seiner gewaltigen Kraft nur mit

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