Der Kreuzfahrer
sechzehn Fuß lange Eschenspieße von zwei Zoll Durchmesser am hinteren Ende und mit einem stählernen Querstück einen Fuß hinter der Spitze. Das Querstück sollte verhindern, dass das aufgespießte Tier in rasender Wut weiterstürmte, obwohl es sich den ganzen Schaft selbst durch den Leib trieb, um den Mann am anderen Ende anzugreifen.
Will Scarlet hatte sich sehr verändert, seit er ausgepeitscht worden war. Er war ernster, still und gottesfürchtig, kaum noch der unbekümmerte, stetig schwatzende kleine Dieb, den ich im Sherwood gekannt hatte. Doch in gewisser Weise schien die Strafe ihn gefestigt zu haben. Er wirkte jetzt viel zufriedener, da er nur noch ein einfacher Soldat wie jeder andere in Robins Truppen war. Er war sehr pflichtbewusst, mied jeglichen Ärger und prahlte nie mit seiner langen Bekanntschaft mit Robin.
William schien ebenfalls begeistert von der Aussicht auf die Jagd zu sein und löcherte Carlo unablässig mit Fragen darüber, wie man einen Keiler am besten tötete, wie er sich verhielt, wenn er gereizt wurde, und wie er auf die Hunde und die Netze reagieren würde. Seinem unsympathischen Äußeren zum Trotz war Carlo ein geduldiger Mann und beantwortete Williams endlose Fragen bereitwillig, so gut es in seinem gebrochenen Französisch ging. Der Plan sah vor, dass wir die Netze entrollen würden, die aufgehängt etwa drei Fuß hoch und aus sehr festem Zwirn so fein geknüpft waren, dass man sie fast nicht sah. Dann sollten die Hunde die Wildschweine in die Netze treiben. Wenn sie sich erst darin verfangen hatten und feststeckten, konnte man die Tiere gemütlich aufspießen.
Carlo führte uns auf eine felsige Hügelkuppe, die mit verkrüppelten Fichten und Farn bewachsen war, und deutete auf ein Dickicht etwa hundert Schritt entfernt, wo der Keiler angeblich sein Lager haben sollte. Er hielt die Saupacker an der Leine, und auch Keelie wurde ein fester Strick angelegt, aber es war eindeutig zu erkennen, dass die Hunde Wildschwein witterten. Alle vier zerrten an ihren Leinen, so begierig waren sie darauf, sich in das Dickicht zu stürzen und die Bestie zu stellen.
William, Will Scarlet und Carlo legten die langen Netze im Halbkreis hügelabwärts aus, wo das Tier unserer Meinung nach hervorbrechen würde, und stellten sie mit kleinen Ästen und Stöcken auf. Die Netze sollten zusammenfallen, wenn das Schwein in sie hineinraste. Robin, John und ich gingen in Stellung, die Hände fest um den Sauspieß geschlossen, und mein Herz pochte, als ob eine Schlacht bevorstünde.
Carlo, William und Will Scarlet verschwanden nach links und schlugen mit den Hunden einen Bogen um das Dickicht. Sie würden die Hunde auf der anderen Seite freilassen und ihnen langsam und vorsichtig folgen, dabei mit den Spießen auf den Boden stampfen, in ihre Hörner stoßen und herumschreien, um sicherzugehen, dass das Wildschwein von ihnen weg und in Richtung der Netze flüchtete.
Es war ein kalter, grauer Tag, die Sonne stand recht tief am Himmel, und unser Atem gefror in der windstillen Luft zu weißen Schwaden. Robin, der zwanzig Schritt rechts von mir stand, wirkte gelangweilt. Er war noch ausgezehrt von der Vergiftung, aber nun, da er draußen unterwegs war, hatten seine Wangen wieder ein wenig Farbe. Er summte leise vor sich hin und inspizierte gründlich seine Fingernägel. In einiger Entfernung konnten wir die Hunde aufgeregt kläffen hören, aber das Gebell schien sehr weit weg. Zwanzig Schritt rechts von Robin saß Little John auf einem Felsen und schärfte seine Saufeder mit einem Wetzstein und Spucke. Robin schlenderte hinüber zu John und wollte offenbar seinem alten Freund etwas sagen … als ohne jede Vorwarnung ein riesiger Keiler aus dem Unterholz des Dickichts brach. Er war so schnell, dass ich ihn nur als Schemen aus gedrungener, borstiger Wut und geballter Muskelkraft wahrnahm, der den Hügel herunter schnurstracks auf uns zuschoss.
Er war gewaltig, viel größer, als ich erwartet hatte, und er bewegte sich mit einer stillen, rasenden Brutalität, die mir das Herz bis zum Halse schlagen ließ. Er hielt auf die Lücke zwischen Robin und mir zu, die nun viel größer war, da Robin sich John genähert hatte. Ich packte meinen Spieß fester. Jeden Moment, so dachte ich, jeden Moment würde das mächtige Vieh auf die Netze treffen, sich darin verheddern, und dann würden wir es gemeinsam angreifen. Aber dazu kam es nicht. Der riesige Keiler stürmte über die Linie, wo das Netz hätte sein sollen, und
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