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Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angus Donald
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Mühe gelungen war. »Ich wusste ja, dass du ein geiler kleiner Teufel bist, aber ich hätte nie gedacht, dass du verzweifelt genug wärst, ein riesiges Schwein zu Tode zu vögeln. Bei meiner verdorbenen Seele, was werdet ihr jungen Leute euch noch einfallen lassen …«
    Lachen tat weh – meine Rippen hatten von den auskeilenden Vorderbeinen des Schweins einiges einstecken müssen, und jeder Muskel oberhalb meiner Taille protestierte heftig –, aber ich tat es trotzdem. Ich war am Leben und halbwegs unversehrt, und ich meinte, einen Ausdruck aufrichtiger Sorge in Robins Blick zu erkennen, als er mir aufhalf und mich kurz nach gebrochenen Knochen abtastete.
    Ich dankte William überschwenglich. Hätte er nicht rechtzeitig eingegriffen, so sagte ich ihm, dann hätte die Bestie mich mit ihren Hauern zerfleischt. »Es ha-ha-hat so ausgesehen, als wo-wo-wollte er Euch verschlingen«, sagte William. Der Vorfall schien ihn beinahe noch mehr erschüttert zu haben als mich.
    »Was ist mit den Netzen geschehen?«, fragte Robin Carlo. »Das Schwein ist einfach hindurchgerast wie durch Spinnweben.« Der Jäger blickte etwas beschämt drein, zuckte aber mit den Schultern. »Vielleicht sie umgefallen. Vielleicht nicht stark genug für ihn.« Er zuckte erneut mit den Schultern und hob dabei ratlos die Hände. »Vielleicht Gott hat diesen Jungen Probe als Jäger gestellt«, sagte er und nickte mir zu. Damit schien das Thema erledigt.
    In dieser Nacht auf dem Hügel feierten wir ausgelassen. Tausend glitzernde Sterne bildeten einen Baldachin über uns, und wir taten uns an herrlichem, fettem, mit wildem Thymian gewürztem Schweinefleisch gütlich und spülten es mit dem Wein herunter, den Little John in weiser Voraussicht mitgebracht hatte. Ich fühlte mich in den Sherwood zurückversetzt, zu den glücklichen Tagen in Robins Höhle.
    Als wir uns alle satt gegessen hatten und in unseren warmen Umhängen weinselig am Feuer dösten, stand Little John langsam auf, breitete die mächtigen Arme aus und deklamierte getragen und mit klagender Stimme: »Auf Erden gibt es einen Krieger von seltsamer Herkunft. Geschaffen ward er, leuchtend, zum Nutzen des Menschen. Feind wirft ihn Feind entgegen, diesen zu verwunden. Doch zähmen ihn oft Frauen, so stark er auch ist. Wenn Menschen ihn hegen und reichlich füttern, gehorcht er treu und dient ihnen gut. Doch dieser Krieger fällt über jeden her, der ihm erlaubt, zu stolz zu werden. Wie heißt er?«
    Little John war berühmt für seine Rätsel. Er hatte uns auch in der Höhle im Sherwood und in der Halle von Kirkton damit unterhalten, und wir bewunderten stets sein Talent, alltägliche Dinge in geistreichen und oft verwirrenden Wortspielen zu beschreiben. Dieses Rätsel war jedoch sehr einfach. Ich fand die Antwort sofort, hielt aber den Mund, während die anderen über Johns Worten brüteten.
    »Ist – ist es ein Hund?«, fragte William. Er hatte die einäugige Keelie neben sich und streichelte ihren goldenen Kopf.
    »Gut geraten«, antwortete John, »aber nicht, was ich im Sinn habe.«
    »Ich hab’s«, rief Will Scarlet aufgeregt, »der Krieger heißt Feuer.« Seine Erkenntnis wurde laut beklatscht.
    »Dann bist du dran mit einem Rätsel, Will«, forderte John ihn auf.
    Will Scarlet runzelte nachdenklich die Stirn. Schließlich sagte er: »Die Truhe mit nur einer Seite ist ein Sitz für die Mutter. Sie birgt ihren goldenen Schatz und ist für andere doch nur ein Happen.«
    Auch dieses Rätsel war einfach, und uralt: ein Ei. Die Truhe mit nur einer Seite ist die Schale. Die Mutter Henne sitzt auf dem Ei, das goldenen Dotter enthält. Und für andere ist es ein schmackhafter Happen.
    Ich vermutete, dass wir alle die Antwort kannten – das Ei war eines der beliebtesten Rätselthemen –, aber Will Scarlet zuliebe tat jeder von uns so, als müsse er scharf nachdenken, bis der junge William endlich mit ernster Miene die richtige Antwort gab. Damit war er an der Reihe. Er holte tief Luft, ballte eine Hand zur Faust und umschloss sie fest mit der anderen, um sein Stottern zu unterdrücken. Dann sagte er: »Ich lebe, aber ich spreche nicht. Jeder ka-kann mich packen und mir den Kopf abhacken. Man beißt in meinen bloßen weißen Körper. Ich scha-schade keinem, außer er verletzt mich zuerst. Dann jedoch bringe ich ihn bald zum Weinen.«
    Dieses Rätsel hatte ich noch nicht gehört. Es jagte mir einen Schauer über den Rücken mit seinen Bildern von abgehackten Köpfen und Bissen in bloße

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