Der Kreuzfahrer
Meerwasser aufs Deck, und während seine Freunde vorsichtig seine Wunden reinigten und zu verbinden versuchten, warf er sich vor krampfhaftem Husten auf dem Deck herum und blutete wie eine ausgenommene Makrele.
»Morgen Mittag ist er wieder dran«, sagte Malbête. Einer der Seeleute blickte angsterfüllt zu der Bestie auf. »Ich bitte um Verzeihung, Herr, aber ein zweites Mal Kielen überlebt er nicht«, sagte er respektvoll. Der große Ritter zuckte mit den Schultern. »Morgen Mittag«, wiederholte er, dann schwang er sich geschickt hinab in ein Beiboot und ließ sich die paar Meter zur Hafenmauer rudern.
Der Seemann behielt recht. Das zweite Kielholen überlebte der arme Jehan nicht – kurz nach Mittag des folgenden Tages wurde er blutig und mausetot aus dem Wasser gezogen. Ich war nicht dabei, denn ich pflegte meinen Herrn. Und fütterte die blonde Hündin, die, halb gehäutet und erbärmlich aussehend, an ein Opfer des Kielholens erinnerte und darob den Namen Keelie bekommen hatte.
Keelie war nicht einfach verschwunden, wie ich angenommen hatte – sie war wieder aufgetaucht, als William und ich den Hafen verließen, und uns den ganzen Weg zurück zum Kloster gefolgt. Dem flehentlichen Blick ihres einen Auges zufolge wünschte sie sich offenbar noch einen Hühnerknochen, und obwohl ich sie anbrüllte und sogar halbherzig einen Stein nach ihr warf, wollte sie mich einfach nicht mehr verlassen. Also beschloss ich, sie zu vergiften. Nun ja, nicht direkt – ich wollte ihr eine kleine Portion von Robins Speisen geben, ehe er davon aß. Sie würde ab jetzt als seine vierbeinige Vorkosterin dienen.
Dieser Plan stieß bei Keelie auf uneingeschränkte Zustimmung. Wir banden sie mit einem Strick um den mageren Hals in einer Ecke von Robins Gemach fest und fütterten sie mit Häppchen von Robins Teller. Es gehörte nun zu Williams Pflichten, sie morgens und abends an ihrem Strick in den Klostergarten zu führen, und nach ein paar Missgeschicken lernte sie rasch, dass sie ihren natürlichen Bedürfnissen draußen nachgehen sollte, statt Robins Gemach zu beschmutzen.
Das regelmäßige Futter bewirkte bei Keelie wahre Wunder. Sie setzte rasch Fleisch an, und bald wuchs wieder Fell über die grässliche, nackte rosa Haut. Ihr jämmerliches eines Auge begann zu leuchten, und nach einer guten Woche bewegte sie sich beinahe so schwungvoll und lebhaft wie ein normaler, gesunder junger Hund. Sie sah gut aus.
Das konnte man von Robin leider nicht behaupten. Drei Tage vor dem ersten Kielholen hatte er ein Stück kandierte Orangenschale aus einer kleinen Schüssel auf dem Tisch in seinem Gemach gegessen und war auf der Stelle schwerkrank geworden. Niemand konnte sich erinnern, wann die Schüssel auf den Tisch gekommen sein mochte. Die Köchinnen und Dienstboten im Kloster gaben sämtlich an, nichts davon zu wissen, und in der Altstadt von Messina gab es Dutzende Verkäufer, die kandierte Früchte feilboten. Beinahe jedermann hätte dieses Orangeat in Robins Gemach bringen können, denn wenn er nicht darin weilte, wurde es auch nicht bewacht.
Unmittelbar nach dem Genuss der mit Zucker überzogenen Schalenstückchen hatte Robin ein Kribbeln im Mund und auf der Zunge gespürt, das rasch in Taubheit übergegangen war. Er schaffte es noch, Reuben davon zu berichten, den man als Robins Leibarzt zu Hilfe holte. Dem Taubheitsgefühl, so flüsterte Robin seinem jüdischen Freund mühsam zu, war heftige Übelkeit gefolgt, mit Erbrechen und Durchfall und brennenden Magenschmerzen. Als Reuben ihn untersuchte, stellte er fest, dass Robins Puls gefährlich niedrig war und das Herz mühselig und langsam schlug. Und Robin lag mit grauem Gesicht und geschlossenen Augen reglos da, während sein Körper tapfer darum kämpfte, sich von den üblen Säften zu befreien.
Reuben konnte das Gift nicht sofort identifizieren, und er wirkte außerdem geistesabwesend, als sei er in Gedanken anderswo. Der König schickte Robin einen goldenen Trinkbecher, der mit vier Smaragden besetzt war, samt der Botschaft, die besten Ärzte Siziliens hätten ihm beschieden, dass die Smaragde jegliches Gift im Wein unschädlich machen würden. »Das Horn eines Einhorns würde genauso gut wirken«, brummte Reuben, als er den Becher sah. Ich war nicht sicher, ob er das ernst meinte oder nicht, aber er erlaubte Robin, aus dem Becher große Mengen gut verdünnten Weins zu trinken, den William ihm brachte.
Pater Simon kam und erfüllte den Raum mit seinen genuschelten
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