Der Kreuzritter - Das Erbe - Guillou, J: Kreuzritter - Das Erbe - Arvet efter Arn
wäre!«, fiel ihm Eskil ungeduldig ins Wort. »Weder die Folkunger noch andere haben also ein überlegenes Heer. Wir wollen, dass in unserem Land Frieden herrscht, und wir glauben, dass wir das nur erreichen können, wenn das Gesetz allen gleichermaßen dient. Also, was schlägst du vor?«
»Hiermit erlasse ich folgende Gesetze«, verkündete Birger lachend. »Blutrache ist nicht mehr zulässig, alle
Morde müssen vor dem Thing verhandelt werden. Beim Thing darf niemand erschlagen werden, und niemand darf Waffen tragen. Dort herrscht der Frieden des Königs. Keine Frau darf geraubt oder geschändet werden, so nimmt üblicherweise jede Blutrache ihren Anfang. Niemand darf aus dem Hinterhalt auf dem Weg zur oder von der Kirche überfallen werden, wie es die Niederträchtigen gerne tun. Reicht das, oder wünschst du noch weitere Gesetze, lieber Bruder?«
»Nenn weitere, wenn dir noch weitere einfallen«, antwortete Eskil leise und sehr ernst.
»Nun gut. Niemand darf in seinem Heim gekränkt oder überfallen werden. Ein solches Gesetz würde meinen Geschäften schaden, da ich Güter und Höfe kaufe, indem ich Hausfriedensbruch begehe, aber das soll jetzt keine Rolle spielen. Mit solchen Gesetzen würde sich der Frieden in unserem Land ausbreiten. Ich meine, wenn Gott uns diese Gesetze gäbe. Aber Gott scheint das nicht zu wollen.«
»Lästere nicht! Spotte nicht über die ernsten Dinge, über die wir gerade sprechen. Verstehst du nicht, wie klug du gerade gesprochen hast? Woher hast du diese Einsicht in das Wesen der Gesetze? Du bist doch sonst nur für dein Geschick bekannt, auf dem Folkungerthing das Wort zu führen, ein Krieger zu sein und einiges an Bier zu vertragen!«
»Auf diese Worte trinke ich dir gerne zu«, entgegnete Birger. »Du verträgst selbst einiges an Bier, und außerdem haben wir keines mehr im Krug und sollten nachschenken, da diese Unterhaltung uns beiden Spaß macht. Jetzt will ich dir sagen, woher diese Gedanken kommen. Aus Sörmland. Ich war dort, und was ich dort fand, würde dir keine Freude bereiten. Die Niederträchtigen reiten kreuz und quer durchs Land. Über ihr Gesetz habe ich
gesprochen. Das Gesetz der Lanze. Schlimmstenfalls haben wir diese Niederträchtigen bald auch in unseren Ländern. Einstweilen wagt es König Knut nicht, seine Hunde bei uns loszulassen, aber ich fürchte, dass der Zeitpunkt dafür näherrückt. Der Appetit von Plünderern nimmt stetig zu, und bald gibt es in Sörmland nichts mehr zu plündern, da man dort alles, was nicht gestohlen ist, inzwischen vergraben hat. Und wenn diese Niederträchtigen zu deinem Haus kommen, lieber Bruder, was tust du dann?«
»Erst bringe ich meine Texte in Sicherheit, damit das Feuer sie nicht verzehrt, dann rufe ich vermutlich meinen Bruder mit seinen Schwadronen zu Hilfe«, erwiderte Eskil lachend und verließ den Saal, um nach mehr Bier zu verlangen.
»Aber dann«, sagte Eskil eifrig, nachdem er zurückgekehrt war und wieder Platz genommen hatte, »wenn wir gesiegt haben, denn etwas anderes ist doch wohl nicht vorstellbar, was tun wir dann?«
»Wir wählen uns einen gefügigen König, der die Verlierer mit größerer Milde behandelt, als sie verdient haben«, antwortete Birger rasch, als sei es etwas, was er sich bereits überlegt hatte.
In dieser Nacht schien sich eine neue Freundschaft zwischen den Brüdern anzubahnen. Sie sprachen nicht von kommenden Kriegen, ein Thema, das Birger fachkundig hätte erörtern können. Sie unterhielten sich nur darüber, wie man am besten mit einem Sieg umgehen und mit dem Gesetz eine Neuordnung schaffen könne. Als Eskil wortreich darüber sprach, dass diese Friedensgesetze der Anfang einer neuen Zeit werden könnten, wandte Birger ein, er verstehe nicht, wie man von einem Tag auf den nächsten Menschen dazu bewegen können sollte, Gesetze zu befolgen, die so viel veränderten.
Eskil brauchte über seine Antwort nicht lange nachzudenken. Diese Verstöße gegen den Frieden könnten nicht durch eine Geldstrafe, sondern nur dem König selbst gegenüber gesühnt werden. Erst dann würden die Niederträchtigen begreifen, dass sie nirgends Schutz finden könnten, egal wie mächtig ihre Verwandten seien.
Birger wandte daraufhin erneut ein, man brauchte einen willfährigen König, um solche Gesetze zu stiften. Jetzt bestünde keine Möglichkeit, einen solchen König zu finden. Dieser liebliche Frieden, von dem sie sprächen, könne nur mit sehr viel Gewalt geschaffen werden und würde viel
Weitere Kostenlose Bücher