Der Kreuzritter - Das Erbe - Guillou, J: Kreuzritter - Das Erbe - Arvet efter Arn
gab seinem Sohn ein Zeichen, ihm gegenüber Platz zu nehmen.
»Erzähl, was passiert ist. Erzähle mir alles, was vor zwei Nächten geschehen ist«, ermahnte er ihn so freundlich und väterlich nachsichtig wie möglich. »Acht Mann, das war wirklich nicht schlecht.«
Gregers erzählte, nach Worten suchend, wie er davon erwacht sei, dass sein Bett gezittert habe, und wie die wenigen Jünglinge im Saal nach bestem Wissen gehandelt hätten.
Als Birger diese Geschichte hörte, meinte er, alles vor sich sehen zu können. Er steckte in den Kleidern seines Sohnes Gregers. So wie sein Sohn es ihm erzählte, musste es zugegangen sein, und selbst in der tiefsten Trauer, in der er sich befand, empfand er so etwas wie Stolz darüber, dass Knaben, die noch keine Männer, aber doch Forsviker waren, hundert Niederträchtige vertrieben und die Hälfte von ihnen getötet hatten.
»Du bist wahrhaftig mein Sohn, Gregers«, sagte er leise, als er ihn bis zum Schluss angehört hatte. »Dich habe ich vernachlässigt, dich habe ich viel zu lange allein und ohne die Liebe und Hilfe eines Vaters gelassen. Dafür bitte ich dich um Verzeihung.«
»Soll ich Euch verzeihen, Vater?«, fragte Gregers zweifelnd und schüttelte langsam den Kopf. »Euch habe ich nichts zu verzeihen, schließlich habt Ihr mich zu einem Forsviker gemacht.«
»Noch nicht!«, erwiderte Birger bleich und zog sein Schwert. »Tritt einen Schritt vor und beuge dein Knie!«
Der Knabe tat, was er ihm befohlen hatte, und Birger erklärte daraufhin, im Kampf würden andere Regeln gelten als im Frieden, und daher könne es jetzt geschehen. Dann berührte er mit seinem Schwert zuerst Gregers linke, dann seine rechte Schulter. Birger erklärte, indem er sich wieder erhebe, sei Gregers ein Forsviker mit dem Recht, das blaue Band um seine Schwertscheide zu tragen.
Aber jetzt würden sie sich für lange Zeit nicht mehr trennen. Erst würden sie zusammen mit Alde nach Varnhem fahren, um die liebe Cecilia Rosa neben ihrem geliebten Arn Magnusson zu begraben, danach ritten sie gemeinsam nach Bjälbo. Und in dem Krieg, der nun begann, würde Gregers mit der Folkungerfahne neben dem Jarl reiten.
Erneut traten Gregers Tränen in die Augen, als er sich erhob, denn die große, schwarze Trauer in ihm mischte sich unerträglich mit Stolz und Liebe zu einem Vater, der für ihn bislang mehr Sehnsucht und Träume dargestellt hatte als Wirklichkeit.
II
I NGRID YLVA WAR SICH BEWUSST, dass es für eine Witwe, die gerade ihre ersten grauen Haare bekommen hatte, unmöglich war, in Fragen des Krieges mitzureden. Zum lautstarken Folkungerthing war sie nicht einmal zugelassen. Eine Frau würde Männer, die außer sich vor Rachsucht waren, auch nie zur Vernunft bringen können.
Ihr war nie richtig klar gewesen, wie heilig Forsvik für die Folkunger war. Für sie war Forsvik immer nur einer der weitläufigsten Höfe gewesen, der durch die wunderbaren Dinge, die dort hergestellt wurden, zudem großen Reichtum einbrachte. Aber die Werkstätten waren schließlich gerettet worden, und niedergebrannte Häuser ließen sich aufbauen.
Sie trauerte sehr viel mehr um Cecilia Rosa als um einen niedergebrannten Hof. Das tat auch ihre liebe Freundin Ulvhilde, die nach Bjälbo kam, damit sie ein Glas Wein zum Andenken an Cecilia Rosa trinken konnten, wie sie es schon vor ein paar Jahren für Cecilia Blanka getan hatten. Jetzt waren von den vier Witwen, die einmal im Reich geherrscht hatten, nur noch sie beide am Leben.
Ulvhilde berichtete, dass auch ihr Sohn Emund von Rachegelüsten durchdrungen sei. Den Männern ging es jetzt nur noch darum, Kräfte zu sammeln und dann Knut Holmgeirsson anzugreifen, um ihn und alle seine Mannen zu töten. Ulvhilde hatte den Eindruck, dass ihnen das
durchaus gelingen konnte. Emund und die anderen Männer wollten nicht nur einen niedergebrannten Hof rächen, sondern einen Hof, der ihr Jerusalem gewesen war. Es gab inzwischen Hunderte von Folkungern, die ihre Jugendjahre in Forsvik verbracht hätten. Sie besäßen ein eigenes Wappen und einen besonderen Gruß, so dass ein Forsviker einen anderen auch bei großem Altersunterschied erkennen konnte. Das habe nicht nur etwas mit Freundschaft zu tun, sondern auch mit der schwer begreiflichen Regel, dass ein Forsviker nie die Waffe gegen einen anderen Forsviker erheben dürfe. Wie auch immer, so seien sie jetzt vollkommen außer sich, und es würde nicht leicht werden, sie dazu zu bewegen, vernünftig und überlegt zu
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