Der Kreuzritter - Das Erbe - Guillou, J: Kreuzritter - Das Erbe - Arvet efter Arn
was mein König mit Vorliebe trinkt«, antwortete Birger ausweichend.
»Dieser Wein müsste eigentlich fast jedem schmecken«, meinte der König, als habe er Birgers Zögern nicht bemerkt. »Es handelt sich um einen Abendmahlswein aus Burgund, den ich aus Varnhem habe liefern lassen. Aber Ihr seid mit dem Abendmahl vielleicht nicht vertraut?«
Diesen Sommer und Herbst war Birger besserer Laune, als ihn seine Ehefrau Ingeborg je zuvor erlebt hatte. Anfangs
freute sie am meisten, mit welcher Hochachtung er von ihrem Bruder, dem König, sprach, denn das hatte er bislang nie getan. Sie selbst kannte ihren Bruder Erik als einen klugen und guten Menschen. Dass er in Gegenwart vieler Menschen immer stotterte und außerdem hinkte, führte dazu, dass nur diejenigen, die ihm sehr nahekamen, verstanden, welch großes Herz sich in dem schwachen Körper verbarg. In den vergangenen Jahren hatten sie die groben Scherze über ihren Bruder bei den Gastmahlen auf Bjälbo verletzt. Sie hatte sich dafür geschämt, dass sie nie den Mut aufgebracht hatte zu widersprechen. Seit Birger Jarl geworden und seinen König kennengelernt hatte, waren alle derartigen Scherze unter Androhung strenger Strafe auf Bjälbo verboten worden. Es war ebenfalls verboten, die Norweger als Weichlinge aus dem Norden zu bezeichnen.
Auch sein Verhalten ihr gegenüber hatte sich nach all den Jahren, in denen sie ihm drei Söhne und eine Tochter geboren hatte, so vollständig verändert, als hätte ihr gemeinsames Leben erst jetzt richtig begonnen. Er reiste wie immer durchs ganze Reich, doch jedes Mal, wenn er zurückkehrte, suchte er sie sogleich auf, nahm sie in die Arme und ließ sie wissen, wie er sich den Abend und die Nacht wünschte, ehe er zur Burg und den Wartenden eilte, die dem Folkungerjarl irgendwelche Streitigkeiten vortragen wollten. Früher war es immer umgekehrt gewesen. Er hatte sich sofort nach der Rückkehr in seine Arbeit gestürzt und seine Ehefrau und seine Söhne erst beim Abendessen und Abendgebet gesehen.
Es war, als ließe sich die Luft jetzt leichter atmen und das Leben auf Bjälbo unbeschwerter führen. Ingeborg lachte inzwischen laut, was früher nie vorgekommen war. Am Ende des Arbeitstages saßen sie und der Jarl nicht
mehr schweigend Seite an Seite auf den Ehrenplätzen, sondern scherzten munter miteinander, was sowohl ihre Verwandten als auch das Gesinde erstaunte und freute.
Die Sonntage verbrachte Birger nicht mehr mit Verhandlungen mit fremden Reitern wie in den Jahren zuvor, sondern er ritt mit seinen Söhnen aus oder lehrte sie an den Teichen die Entenjagd. Gelegentlich ließ er auch einen Wagen anspannen und nahm Ingeborg und alle Kinder zu einem Picknick mit Wein mit. Von seiner Geliebten und seinen Kindern linker Hand sprach er auch nicht mehr so laut und trotzig.
Seine Verwandlung war so groß, dass er geradezu glücklich wirkte, ein Umstand, den sich Ingeborg niemals hätte träumen lassen. Seine harten Züge mit dem kantigen Kinn und den schwarzen, durchdringenden Augen legten allerdings immer noch Zeugnis von dem Mann ab, der er früher gewesen war. Wie seltsam es doch war, dieses Gesicht mit denselben Kriegsnarben und demselben kantigen Kinn demütig lächeln und dieselben schwarzen Augen vor Wärme strahlen zu sehen.
Die Furcht, mit der Ingeborg dem Tag entgegengesehen hatte, an dem ihr Mann Reichsjarl werden würde, war mit dem Sommerwind verflogen.
Für Birger stellten dieser kurze Sommer und der Herbst die glücklichste Zeit dar, an die er sich seit seiner Kindheit auf Forsvik erinnern konnte. Er hatte viele Pflichten, die einen großen Teil seiner Zeit in Anspruch nahmen, natürlich. Manchmal waren diese vollkommen unsinniger Art, wie zum Beispiel, als König Erik und er ein weiteres Mal vergeblich auf König Håkon in Lödöse warteten. Beim dritten Mal hatten sie jedoch mehr Glück, und Birger konnte die langwierige Värmlandsache hinter sich lassen. Er einigte sich mit Håkon darauf, dass sich ihre Kinder
verloben würden. Håkon der Junge, der bereits zum nächsten König von Norwegen gewählt worden war, und Birgers Tochter Rikissa sollten heiraten, aber da Birger fand, dass Rikissa noch zu jung sei, wollten sie mit der Hochzeit noch etwas warten.
Sie hatten sich darauf geeinigt, einem Feinde des anderen niemals beizustehen oder ihm Asyl zu gewähren. Ohne größere Mühe hatte sich diese hinausgezögerte Geschichte schließlich beenden lassen und Birger von neuem in dem Gefühl bestärkt, dass
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