Der Kreuzritter - Das Erbe - Guillou, J: Kreuzritter - Das Erbe - Arvet efter Arn
kindische Feindschaft, die nie beigelegt worden war.
Da er nur wenig Zeit hatte, musste er bald aufgeben, um sich seinem Heer in Kvinnestad anzuschließen. Es wurde eine niederdrückende Reise. Er hatte oft gesiegt und manchmal auch mit Waffen, mit denen niemand gerechnet hatte. Einmal, als er Lübeck befreit hatte, waren Lebensmittel seine einzigen Waffen gewesen. In Tavastland waren Scharen armer Siedler und Milde seine wichtigsten Waffen gewesen. Da er es gewohnt war, mit der Reiterei zu siegen, hatte ihn nicht einmal der Gedanke gestreift, dass er einmal gezwungen sein könnte, einem Reiterheer nur mit Fußsoldaten entgegenzutreten, denn dies wirkte wie ein unmögliches Unterfangen.
Während des zweitägigen, einsamen Ritts nach Süden hatte er immer wieder das Gefühl, alles, worum er in seinem Leben gekämpft hatte, entgleite ihm. Endlich herrschte Frieden im Reich, endlich war ein Folkunger König, endlich konnte die Arbeit mit den großen Gesetzen, die den Frieden sichern sollten, beginnen. Und nun würde all dies verloren sein.
Wahrscheinlich war auch keine Milde von den Siegern zu erwarten. Er fürchtete den Tod nicht, aber der Gedanke, was die Sieger mit seinen Söhnen anstellen würden, wenn sie im Siegesrausch mit dem auf eine Lanze gespießten Kopf des Jarls durchs Land zogen, stimmte ihn traurig.
Er überlegte, dass die Rebellen die Ordnung im Reich vermutlich nicht nur aus Machtbestrebungen heraus umstürzen wollten, sondern auch, weil sie die neuen Gesetze ablehnten. Denn diese Gesetze untersagten es den Junkern, straffrei als Plünderer durchs Land zu ziehen wie bisher. Vielleicht beruhte ihre Wut ja mehr auf diesen Faktoren als auf dem Umstand, dass ihre Verwandten in einigen Schlachten gegen ihn verloren hatten.
In einem Augenblick der Verzweiflung, der ihn in einen schwarzen Abgrund stürzte, hielt er an und stieg von seinem Pferd. Er stand allein in einem Eichenwäldchen in der Ebene südlich von Skara. Kein Mensch war in der Nähe. Niemand sah seine Verzweiflung, seine Angst oder seine Zweifel an allem, wofür er bis zu diesem letzten Ritt in den Tod gelebt hatte.
»Was würdest du mir jetzt raten, du, der du eine Antwort auf alles hast, mein hoher Freund, Kardinal Vilhelmus?«, murmelte er.
Um ihn herum war es vollkommen still, nur der Wind in den Wipfeln der Eichen raschelte leise.
Plötzlich schwoll die Kraft mit einem Tosen in ihm an, als brächen Schleusen im Frühling auf. Ob es jetzt Gottes Stimme war, die zu ihm gesprochen hatte, die des Heiligen Arn oder die des Kardinals, wusste er nicht. Jedenfalls wurde er von neuer Kraft und Entschlossenheit erfüllt.
Er bekreuzigte sich und fiel auf die Knie. Das kurze Gebet, das er sprach, erfüllte ihn mit noch stärkerer Gewissheit, dass seine guten Absichten über die selbstsüchtigen des Feindes triumphieren würden. Als er sich erneut bekreuzigte, hörte er die Botschaft wie eine starke Stimme in sich und in Gottes Sprache: In hoc signo vinces!
Das waren die Worte des Heiligen Arn, das wusste er sehr gut. In der Volkssprache bedeuteten sie: In diesem Zeichen, im Zeichen des Kreuzes, wirst du siegen.
Er stieg auf seinen schwarzen, ungeduldigen Hengst und ritt rasch Richtung Süden.
Das Ende vom Anfang
I N DUNKELSTER NACHT ging Birger Jarl mit Bischof Kol an seiner Seite zu den eben eingetroffenen Folkungerreitern und begrüßte einen nach dem anderen. Diejenigen, die er am besten kannte, umarmte er, wobei er seine Tränen nicht verbergen konnte.
Im Heerlager wurde im Schein von Teerlichtern immer noch hart gearbeitet. Die letzten Kuhhäute wurden abgezogen und auf die Dächer der Verschanzungen getragen. Karren und Wagen mit Fleischvorräten wurden weiter ins Land transportiert. Wenn der Morgen anbrach, würden über tausend Mann das Heerlager verlassen haben, wie beispielsweise die Zimmerleute, Steinmetze und Schlachter, deren Arbeit für den Krieg beendet war und die bei der eigentlichen Schlacht nur im Wege gewesen wären. Minuziös wurde der Plan befolgt, den Birger entworfen hatte, als der Sieg noch unsicher gewesen war.
Nachdem Birger alle Reiter begrüßt und Bischof Kol sie gesegnet hatte, was einige Zeit dauerte, da es sich um zweihundert Mann handelte, nahm Birger Ritter Sigurd und seine drei höchsten Befehlshaber mit auf die Schanze am Fluss. Dort hatte er Teerlichter anzünden lassen. Er schob alles in der Sandkiste beiseite und stellte dann sämtliche Tannenzapfen und Stöcke erneut auf. Mit dem Zeigefinger
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