Der Kreuzritter - Das Erbe - Guillou, J: Kreuzritter - Das Erbe - Arvet efter Arn
die geschmückte Straße, die zum Dom führte. Erst jetzt fiel
Birger auf, dass hier die Sitten ganz andere waren als in Västra Götaland, denn er hatte noch nie gehört, dass die Braut von der Kirche und nicht von zu Hause abgeholt wurde. Als er sich nach diesen harmlosen Dingen erkundigte, schien Knut erleichtert zu sein und wurde sofort gesprächig.
Die Braut käme von sehr weit her aus dem finstersten Uppland. Dorthin hätte man also nicht ohne große Mühe reiten können, um sie abzuholen. Auf Fogdö gebe es keine Kirche und noch viel weniger einen Bischof wie hier in Strängnäs.
Der Bischof segnete sowohl die Braut mit ihrem Schleier als auch Junker Jon Agnesson in seinem mit Wolfspelz besetzten Umhang unter dem Kirchenportal, die Hochzeitsgeschenke wurden ausgetauscht, und die Braut zog den weißen Schleier beiseite, so dass ihr Gesicht zu sehen war. Birger hatte jedoch nur Augen für eine Sache, die ihn sehr erstaunte. Die Braut, die Brigida Helgesdotter hieß, war schlank und jung, hatte aber einen Bauch, dem selbst ein so unerfahrener Mann wie Birger ansah, dass sie guter Hoffnung war. Also war sie eine Hure. Wenn der Bräutigam der Vater war, dann hatten sie sich der doppelten Hurerei schuldig gemacht.
Er nahm seinen Mut zusammen und fragte Knut. Dessen Miene hellte sich sofort auf. Grinsend flüsterte er, dass die Braut vermutlich bereits zu Weihnachten niederkommen würde, dann allerdings im Ehebett. Da sei weiter nichts dabei, insbesondere, da der Bischof die Brautleute gerade gesegnet und damit alles legalisiert habe. Dafür habe sich der Bischof aber auch teuer bezahlen lassen.
Auf dem Rückweg schlängelte sich der Zug langsam dahin, da Braut und Bischof nicht wie alle anderen ritten,
sondern in einem Wagen fuhren, der ständig im Lehm und Wurzelwerk hängen blieb. Birger versank wieder in tiefes Nachdenken.
Wie er die Geschichte seiner Familie kannte, so hatten Cecilia Rosa und Arn Magnusson seinen Vater Magnus gezeugt, bevor sie gesegnet und zum Brautbett geleitet worden waren. Diese Sünde war mit einer zwanzig Jahre währenden Buße geahndet worden. Sein Großvater Arn war ins Heilige Land in den Krieg gezogen und seine Großmutter Cecilia Rosa im Kloster verschwunden. Daher hatte es mehr als zwanzig Jahre gedauert, bis sein Vater Magnus als ehelich und erbberechtigt in die Familie hatte aufgenommen werden können.
Hier war die Sünde der Mutter an einem deutlich gerundeten Bauch für alle ersichtlich, ohne dass der Bischof auch nur die geringsten Anstalten machte, sie zu verurteilen. Erstaunlich, wie anders die Gesetze in einem anderen Land aussehen konnten, obwohl dieses nur wenige Tagesreisen entfernt lag. Birger konnte sich jedoch nicht entscheiden, ob diese Gesetze schlechter waren.
Als er weitere neugierige Fragen zu diesem Thema stellte, schien Knut großen Gefallen daran zu finden, von einigen Sitten in Svealand zu erzählen, die Birger vollkommen unbegreiflich erschienen.
Knut hatte mit seinen Mätressen drei Kinder, zwei Mädchen und einen Jungen. Wahrscheinlich würde er die Jungfer ehelichen, die ihm einen Sohn geboren hatte, denn dieser Bursche entwickelte sich sehr gut.
Diese neuen Erkenntnisse über die unchristlichen Sitten in Nordanskog brachten Birger zum Verstummen. Viele weitere Fragen kamen ihm auf dem Weg nach Agneshus in den Sinn, aber er hätte die meisten von ihnen nicht stellen können, ohne unmännlich zu erröten. Er fragte
sich, wie diese Kinder überhaupt gezeugt wurden, denn dafür war es ja wohl erforderlich, dass sich Mann und Frau näherkamen. Wie sehr er auch grübelte, so konnte er sich nicht vorstellen, wie das vor Verlobung und Hochzeit möglich sein sollte.
Wie geplant aßen sie nach ihrer Rückkehr nach Agneshus, wo sich inzwischen fast hundert Gäste versammelt hatten, eine kleine Vesper. Da diese Hochzeit dringlich war, fand sie noch ungewöhnlich spät im Jahr statt, und die Tage waren bereits recht kurz. Deswegen kam das Junkerspiel rasch in Gang.
Als sie sich andere Kleider anzogen, denn diese Spiele fanden nicht in Rüstung und mit scharfen Waffen statt - Blut und Tod wären einer Hochzeit unangemessen gewesen -, sah Knut aus, als würde er das anrüchige Thema eines gekauften Sieges erneut anschneiden wollen. Birger stand in einem der kleineren Langhäuser neben ihm und tauschte seinen Kettenpanzer gegen Hirschleder, Leinen und Wolle. Er fürchtete das Schlimmste, dass Knut erneut Schande über sie bringen und ihm keine vernünftige
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