Der Kreuzritter - Das Erbe - Guillou, J: Kreuzritter - Das Erbe - Arvet efter Arn
befindliche Stadtmauer unternommen. Dabei waren sie an den Bauernkarren vorbeigekommen, die auf dem Weg in die Stadt gewesen waren. Auch die Bauern lebten gut auf Gotland, da sie ihre Waren für Silbermünzen verkaufen
konnten. Manche waren so dünn wie Eierschalen und nicht viel wert, aber diejenigen, mit denen man ein schönes Pferd oder einen starken Ochsen bezahlen konnte, waren dick wie Leder und klimperten in der Hand.
Flüsternd redete er auf Ibrahim ein. Die Ritte, die ihnen jetzt bevorstünden, würden vielleicht nicht so friedlich ausfallen wie im Land der Gotländer. Ihrer beider Leben hinge davon ab, wie gut sie sich verstünden und gegenseitig helfen würden. Ibrahim schnaubte freundlich und stupste Birger mit seinen Nüstern, als gäbe er ihm ein Versprechen.
Die Reise nach Söderköping und weiter nach Ulvåsa verlief ruhig und eintönig. Das Wetter war gut, da die Herbststürme noch fern waren.
Erzbischof Valerius war bei Ulvhilde Emundsdotter auf ihrem Gut Ulvsheim zu Gast. Dorthin hatte er auch Ingrid Ylva gerufen. Für dieses Treffen hatte er gute Gründe. Die beiden waren nicht nur durch ihre Witwenherrschaft auf Näs zur Zeit des seligen König Erik bekannt, sondern gehörten auch zu den vornehmsten Sverkertöchtern im Lande. Ingrid Ylva war sogar königlicher Abstammung. Beide waren Witwen und Mütter von Folkungern. Wenn Erzbischof Valerius Verbündete für seine Pläne mit einem neuen Sverkerkönig suchte, dann hätte er kaum einen Mann im Reiche finden können, dessen Unterstützung so wichtig gewesen wäre wie die ihre. Aber falls er erwartet hatte, dass die Verhandlungen leicht zu führen sein würden - schließlich war er es gewohnt, dass ihm alle ehrfürchtig schmeichelten -, dann hatte er sich sehr geirrt.
Ingrid Ylva ritt mit finsterer Miene an der Spitze eines Folkungergefolges herbei, das größer war als das Gefolge des Erzbischofs. Das entsprach nicht der Sitte und verstieß außerdem gegen königliches Gesetz. Dem Bannerträger des Erzbischofs fiel auf, dass es sich bei dem Gefolge nicht um irgendwelche Bauern handelte, sondern um die unbesiegbaren Forsviker. Wer mit einem solchen Gefolge erschien, konnte kaum gute Absichten haben.
Valerius war jedoch verschlagen und sah ein, dass es galt, mit Güte vorzugehen und nicht über Kleinigkeiten zu streiten. Als er Ingrid Ylva auf dem Hofplatz begrüßte, beeindruckte ihn nicht nur ihre Schönheit, sondern auch die Kraft in ihren funkelnden schwarzen Augen. Wenn er jetzt Streit wegen ihrer vielen Gefolgsleute angefangen hätte, wäre dies sicher fruchtlos gewesen. Wahrscheinlich hätte sie ihn nur verächtlich angesehen, sich verabschiedet und wäre mit allen Männern davongeritten. Da dies nicht seinen Pläne entsprach, entschied er sich dafür, diese Unsitte zu ignorieren. Er empfing sie mit einer segnenden Handbewegung, die sie nur mit einem höhnischen Lächeln quittierte.
Damit hatten die unangenehmen Überraschungen für Erzbischof Valerius aber keineswegs ein Ende. Denn als Ulvhilde Emundsdotter ihn und Ingrid Ylva einlud, in den Festsaal zu treten, standen dort weder Speise noch Trank auf dem Tisch. Ein Fass Bier wurde hereingerollt und neben Ulvhilde und Ingrid Ylva aufgestellt, die auf der einen Seite der Tafel Platz nahmen und nicht auf den Ehrenplätzen an ihrem Ende. Es zeigte sich, dass der Erzbischof und seine Männer gegenüber Platz nehmen sollten, so dass sich alle Auge in Auge gegenübersaßen. Man konnte zwar nicht behaupten, dass in dieser Sitzordnung eine Kränkung bestand, sie war aber ganz und gar ungewöhnlich.
Außerdem sahen ihn die beiden Frauen mit harten Augen und vollkommen furchtlos an.
»Jetzt seid Ihr unser Gast, Erzbischof«, sagte Ulvhilde Emundsdotter. »Ihr seid in meinem Haus, und hier tue ich, was mir gefällt. Ihr habt um ein Gespräch mit uns beiden gebeten, und diesem Wunsch entsprechen wir. Aber wir wollen beide nicht am selben Tisch wie Ihr essen, da dies der Gesundheit abträglich sein kann.«
Die Kränkung in Ulvhilde Emundsdotters Willkommensworten an den Erzbischof des Reiches war größer als jede, von der man bisher gehört hatte. Der Erzbischof, sein Kanzler und der junge Bischof Brun aus Växjö schnappten nach Luft wie Fische auf dem Trockenen, bevor einem von ihnen eine Antwort einfiel.
»Eure Worte sind unfreundlich«, fauchte Valerius schließlich mit finsterer Miene. »Schon für eine geringere Kränkung kann man mit dem Kirchenbann belegt werden.«
»In diesem Fall
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