Der Kreuzritter - Das Erbe - Guillou, J: Kreuzritter - Das Erbe - Arvet efter Arn
achtete und die Sache mit dem Glauben außen vor ließ. Denn Arn sei auch ein kluger und geschickter Kaufmann gewesen, was nicht so verwunderlich sei, wie es auf den ersten Blick wirken könne, obwohl es auch ihn, Eskil, bei Arns Rückkehr erstaunt habe. Es verhalte sich jedoch so, dass die Tempelritter im weltweiten Handel eine große
Rolle spielten und einen Handelsbund darstellten, wie er gerade auch an der Ostsee mit Städten wie Lübeck, Hamburg, Visby und anderen entstünde. Nachdem sich gezeigt hatte, dass Arn Bücher führen und den Warenwert in Silber umrechnen konnte, was nur sehr wenige Männer vermochten, hatte Herr Eskil seinen Bruder ausführlich über den Handel der Tempelritter befragt. Arn hatte zwischen den Wüsten Arabiens und Rom Handel getrieben sowie zwischen Ägypten und Venedig. Als Burgherr hatte er an einem Ort im Heiligen Land, der Gaza hieß, die Verantwortung für eine eigene Handelsflotte gehabt. In einem wichtigen Punkt waren sich die beiden Brüder daher sehr schnell einig gewesen. Die Macht über den Handel und die Reichtümer war bedeutsamer als die Macht über gepanzerte Reiter.
Diese vollkommen neuen Erkenntnisse über Arn Magnusson hatten einen merkwürdigen Einfluss auf Birger. Er gewann nicht nur ein völlig neues Bild seines verehrten Großvaters, sondern entdeckte dank Herrn Eskil ein reiches und würdevolles Dasein, das für ihn früher nicht einmal in Gedanken existiert hatte. Deshalb war er rasch der wissbegierigste Lehrling im Handelshaus in Visby geworden.
So war es auch recht naheliegend, was Herr Eskil mit Birger vor seinem unerwarteten und übereilten Abschied würde besprechen wollen. Er hatte es bislang noch nie direkt ausgesprochen, doch nun war es wohl an der Zeit, vermutete Birger.
Im Hause Herrn Eskils und seiner Frau Bengta Sigurdsdotter aus Sigtuna verlief das Nachtessen anders als in Ulvåsa oder in Bjälbo. Hier wurde das Essen tranchiert auf Platten serviert, man aß mit dem Messer und einer Hand. Braten servierten die Bediensteten auf Zinntellern,
und Bierkrüge standen keine auf dem Tisch, da sowohl Wein als auch Bier aus Gläsern getrunken wurde. Das Haus war aus Stein und drei Stockwerke hoch, gegessen wurde im zweiten Stock, um von den Essengerüchen und dem Gerenne des Küchenpersonals im Erdgeschoss verschont zu bleiben.
Nur Birger und Herr Eskil saßen zu Tisch. Sie begannen schweigend zu essen. Aber bereits nach dem zweiten Glas Bier wischte sich Eskil mit einem Tuch über die Lippen und legte sein Messer beiseite.
»Lass uns beten, dass es einen kurzen Krieg gibt, falls überhaupt einer nötig werden sollte«, begann er, ohne die geringsten Anstalten zu machen, tatsächlich beten zu wollen. »Jemand hat König Erik ermordet. Wir wissen nicht wer, sondern nur, dass es jemand war, der sich einen anderen König wünscht, der seine eigenen Wünsche besser erfüllt, nicht wahr?«
»Ja, das ist wohl das Wahrscheinlichste«, entgegnete Birger vorsichtig und legte ebenfalls sein Messer beiseite.
»Nun gut«, fuhr Eskil fort. »Die Person, von der wir sprechen, ist kein Folkunger, denn keiner von uns erhebt Anspruch auf die Krone. Dafür kämst nur du infrage. Du hast zumindest eine Mutter mit königlicher Abstammung, aber solche Leute gibt es viele. Und die Eriker werden wohl kaum ihren eigenen König ermordet haben, um einem anderen Eriker die Krone aufzusetzen. Das hieße, Sand an den Strand tragen. In diesem Fall wäre es, wenn ich recht unterrichtet bin, Knut Holmgeirsson, der Anspruch auf die Krone erhöbe?«
»Er und sein Vater sind diejenigen Eriker, die der Krone am nächsten stehen, aber sie haben ihren König nicht ermordet!«, erwiderte Birger hitzig.
»Na dann.« Herr Eskil lächelte. »Die Person, von der wir sprechen, will also einen Sverker krönen, obwohl die Auswahl unter diesen nicht sonderlich groß sein kann. Was weißt du darüber?«
»Wahrhaftig nicht viel«, gab Birger zu. »Ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass König Erik in so jungen Jahren sterben könnte, und noch viel weniger, dass es unter den Sverkern nach ihrer großen Niederlage noch einen Kronprätendenten geben könnte. Diese Rechnung geht nicht auf.«
»Oh doch«, erwiderte Eskil. »Dieser letzte Sverker, dem ihr bei Lena den Kopf abgeschlagen habt, hat einen Sohn namens Johan, der in Dänemark lebt. Da hast du deinen zukünftigen König, zumindest wenn der Attentäter seinen Willen durchsetzt.«
»Wie könnt Ihr einen so guten Überblick haben?«,
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