Der Kreuzritter - Das Erbe - Guillou, J: Kreuzritter - Das Erbe - Arvet efter Arn
sind diese Worte auch meine«, mischte sich Ingrid Ylva ein, bevor der Erzbischof mit seiner Drohung fortfahren konnte. »Exkommuniziert uns beide, erhebt Euch von unserer Tafel und reitet fort, wenn Ihr mögt. Aber fragt Euch auch, was Ihr damit gewonnen hättet. Und fragt Euch ebenfalls, wer im Reiche diesen Bann ernst nehmen würde. Unser Verwandter unter den Sverkern, den Ihr jetzt zum König machen wollt, sicherlich nicht.«
Nach diesen Worten dachte der Erzbischof lange nach, bevor er etwas entgegnete. Ingrid Ylva betrachtete ihn durchdringend, ohne den Blick auch nur einen Augenblick lang abzuwenden. Was sie sah, war ein ungewaschener, stinkender Greis in violetten und weißen Kleidern, deren goldbestickte Kostbarkeit seine Dürftigkeit nicht
verhüllen konnte. Aber mit diesem Mann, das hatte sie seit langem eingesehen, musste sie auszukommen lernen, was ihr nicht leichtfallen würde.
»Einen Krug Bier werdet Ihr hohen Frauen uns doch noch gönnen?«, fragte der Erzbischof schmeichelnd, nachdem er mit seinen Überlegungen zu einem Ende gekommen war und sich entschlossen hatte, auf weitere Drohungen zu verzichten. Wenn er sich mit diesen beiden Witwen verfeindete, dann war alles, was er geplant hatte, unmöglich.
»Bier schenken wir Euch gerne ein, aber das tun wir selbst aus dem Fass, das hier neben mir steht«, erwiderte Ulvhilde milde und winkte ein paar Bediente herbei, die Krüge auf den Tisch stellten. Schweigend schenkte sie erst dem Erzbischof und anschließend reihum seinem Gefolge ein. Schließlich goss sie aus einer Kanne Wein in zwei Gläser mit blauer Verzierung, die sie vor Ingrid Ylva und sich hinstellte.
Schweigend tranken sie sich zu. Dann breitete Ingrid Ylva die Hände aus und bat den Erzbischof, ohne Umschweife mitzuteilen, was er auf dem Herzen habe.
Valerius geriet dadurch in noch größere Verlegenheit. Er hatte erwartet, dass, wie sonst bei Besuchen üblich, am ersten Abend über nichts von Bedeutung gesprochen wurde, da man sich ganz den Segnungen der Tafel widmete. Am zweiten Abend sprach man dann über das Anliegen, um dann am dritten Abend vor dem Essen zu einer Einigung zu gelangen, um möglichst noch alles niederschreiben und besiegeln zu können, bevor weitergefeiert wurde. Gelassenes und behutsames Vorgehen gestattete es, sich ein Bild von seinem Gegenüber zu machen und herauszufinden, worauf es diesem ankam. Erst dann trug man die eigenen Bedingungen vor.
Aber jetzt wollten diese störrischen Frauen, dass alles sogleich an diesem einen nüchternen Nachmittag gesagt wurde, was ihm Unbehagen bereitete. Dass er im Haus von Ulvhilde Emundsdotter nicht befehlen konnte wie bei jedem Mann im Reiche, das hatte er bereits verstanden.
»Wenn Ihr nichts zu sagen habt, Erzbischof, dann habt Ihr diese Reise vergebens unternommen«, sagte Ingrid Ylva, gerade als der Erzbischof den Mund öffnen wollte. »Sagt uns, was Ihr auf dem Herzen habt, sonst reite ich gleich wieder nach Ulvåsa zurück!«
»Es geht darum, wer König in unserem Reich werden soll«, begann der Erzbischof gequält. »So wie die Lage aussieht, gibt es keinen Eriker …«
»Wer weiß, ob nicht Königin Rikissa einem Sohn das Leben schenkt, jetzt wo sie sicher in Dänemark angelangt ist?«, unterbrach ihn Ingrid Ylva mit milder Stimme und hartem Blick.
»Tja … als König Erik starb, gab es jedenfalls keinen Sohn«, erwiderte Valerius ernst und nachdenklich, als seien seine Worte von größter Bedeutung. »Johan Sverkersson ist nun der Knabe mit dem größten Erbanspruch auf die Krone. Deswegen ist die Kirche der Auffassung, dass der junge Johan zum nächsten König des Reiches gekrönt werden soll.«
Damit war es gesagt, und zwar bereits am ersten Nachmittag. Die zwei Frauen auf der anderen Seite der Tafel kamen Valerius inzwischen mehr wie Schlangen als menschliche Wesen vor, denn sie entgegneten nichts, sondern sahen ihn nur mit reglosen Mienen an, als seien sie der Auffassung, er habe noch nicht zu Ende gesprochen.
Das traf in der Tat auch zu, denn man war bei der Frage angelangt, was diese Einigung kosten würde. Die Kirche
benötigte die Unterstützung der beiden mächtigen Sverkerfrauen. Mit ihren engen verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Folkungern war diese Unterstützung für den Weg des jungen Johan zur Krone entscheidend. Wenn Ulvhilde Emundsdotter und Ingrid Ylva ihren eigenen Verwandten Johan nicht auf dem Thron sehen wollten, dann war die Sache vermutlich verloren.
Der Standpunkt der Eriker
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