Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
der Templer mit einer Miene, als würde er sich erdreisten, selbst über den Glauben zu scherzen.
»Ihr versteht sicher, wie ich über diese Sache denke, Templer, aber jetzt zu meiner Frage. Ihr habt uns, Eure Feinde, gerettet, und ich habe Euch gedankt. Aber jetzt will ich wissen, warum Ihr das getan habt.«
»Wir haben nicht unsere Feinde gerettet«, sagte der Templer nachdenklich. »Wir haben diese sechs Räuber schon lange gesucht, eine Woche lang sind wir ihnen auf
Abstand gefolgt und haben auf den richtigen Augenblick gewartet. Unsere Aufgabe war, sie zu töten, und nicht, euch zu retten. Aber Gott hat zufällig gleichzeitig seine schützende Hand über euch gehalten, und weder Ihr noch ich wissen, warum.«
»Aber Ihr seid doch der berühmte Al Ghouti«, beharrte Jussuf.
»Ja, das ist wahr«, sagte der Templer. »Ich bin der, den die Ungläubigen in der Sprache, die wir jetzt sprechen, Al Ghouti nennen, aber mein voller Name lautet Arn de Gothia, und mein Auftrag war, die Erde von diesen sechs Unwürdigen zu befreien. Ich habe meinen Auftrag ausgeführt, das ist alles.«
»Aber was bringt Euch dazu? Seid Ihr nicht sogar Emir der Templer auf Eurer Burg in Gaza, also ein Mann von Rang? Warum solltet Ihr Euch mit einer so geringen Aufgabe befassen, die überdies gefährlich ist, und in dieser ungastlichen Gegend im Hinterhalt liegen, nur um Räuber zu töten?«
»Genau aus diesem Grund wurde unser Orden gegründet, lange ehe ich geboren wurde«, antwortete der Templer. »Am Anfang, als die Unseren das Grab Gottes befreit hatten, waren unsere Pilger ohne Schutz, wenn sie eine Wallfahrt zum Jordan an den Ort machen wollten, an dem Yahia, wie Ihr ihn nennt, einst den Herrn Jesus Christus getauft hat. Zu dieser Zeit trugen alle Pilger ihre Habseligkeiten bei sich, statt sie, wie jetzt, sicher bei uns in Verwahrung zu geben. Sie waren für Räuber eine leichte Beute, und zu ihrem Schutz entstand unser Orden. Noch heute ist es ein ehrenvoller Auftrag, die Pilger zu schützen und die Räuber zu töten. Es handelt sich also nicht, wie Ihr glaubt, um einen geringen Auftrag, den wir irgendwem anvertrauen würden, sondern ganz im Gegenteil
um die Essenz und den Ursprung unseres Ordens. Und Gott hat unsere Gebete erhört.«
»Ihr habt recht«, stellte Jussuf mit einem Seufzer fest. »Wir sollten die Pilger immer beschützen. Wäre das Leben hier in Palästina nicht viel einfacher, wenn alle das täten? Wo im Frankenreich liegt im Übrigen dieses Gothia?«
»Genau genommen liegt das gar nicht im Frankenreich«, antwortete der Templer mit einem amüsierten Augenzwinkern, als sei all seine Feierlichkeit plötzlich wie weggeblasen. »Gothia liegt weit nördlich des Frankenreichs, am Ende der Welt. Gothia ist ein Land, in dem man fast das halbe Jahr auf dem Wasser gehen kann, weil die große Kälte das Wasser hart macht. Aber aus welchem Land kommt Ihr selbst? Euer Arabisch klingt nicht so, als kämt Ihr direkt aus Mekka.«
»Ich kam in Baalbek zur Welt, aber wir sind alle drei Kurden«, antwortete Jussuf verblüfft. »Das hier ist mein Bruder Fahkr und das … mein Freund Moussa. Wie und warum habt Ihr die Sprache der Gläubigen gelernt, Ihr seid doch sicher nicht in langer Gefangenschaft gewesen?«
»Nein, das ist wahr«, antwortete der Templer. »Meinesgleichen gerät nicht in Gefangenschaft, und Ihr wisst sicher, warum. Aber ich habe zehn Jahre lang in Palästina gelebt und bin nicht hier, um zu stehlen und in einem halben Jahr wieder nach Hause zu fahren. Außerdem sprechen die meisten, die für die Templer arbeiten, Arabisch. Mein Knappe heißt übrigens Armand de Gascogne, er ist noch nicht lange hier und versteht nicht viel von dem, was wir sagen. Deswegen ist er auch so still, anders als Eure Gefährten, die sich nicht äußern dürfen, ehe Ihr es ihnen gestattet habt.«
»Ihr habt ein scharfes Auge«, murmelte Jussuf und errötete leicht. »Ich bin der Älteste, und Ihr könnt schon die grauen Haare in meinem Bart sehen. Ich verwalte das Geld der Familie. Wir sind Kaufleute auf dem Weg zu einem wichtigen Geschäft in Kairo und … Ich weiß im Übrigen nicht, was mein Bruder und mein Freund einen Ritter der Feinde fragen sollten. Wir sind alle friedliebende Leute.«
Der Templer sah Jussuf forschend an und erwiderte eine Weile lang nichts. Er gewann dadurch etwas Zeit, dass er von den Mandeln in Honig aß, unterbrach sich dann, hielt ein Stück der Delikatesse in den Lichtschein des Feuers und meinte, die
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