Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
stehen. Er war im Gesicht hochrot vor Wut, als er den Arm ausstreckte und einen anklagenden Finger auf den Templer richtete.
»Gotteslästerer!«, schrie er. »Ihr sprecht die Sprache des Koran, das ist eine Sache. Aber die Worte Gottes in Lästerung und Spott zu verwandeln ist eine andere, die Ihr nicht überleben würdet, wäre es nicht so, dass Euch Seine Maje… ich meine Jussuf, sein Wort gegeben hat!«
»Setzt Euch und benehmt Euch, Moussa!«, brüllte ihn Jussuf an, aber nahm sich sofort zusammen, als Moussa seinem Befehl gehorchte. »Das, was Ihr da gehört habt, war wirklich Gottes Wort, und das steht tatsächlich in der 61. Sure. Es ist ein Wort, über das Ihr einmal nachdenken solltet. Und glaubt im Übrigen nicht daran, dass das mit den Weißgekleideten wirklich bedeutet, was unser Gast im Scherz angedeutet hat.«
»Nein, natürlich nicht«, beeilte sich der Templer, einzulenken. »Es bezieht sich auf Weißgekleidete, die es lange vor meinem Orden gab. Meine Kleidung hat mit dieser Sache nichts zu tun.«
»Wie kommt es, dass Ihr Euch so gut im Koran zurechtfindet?«, fragte Jussuf mit seiner normalen, ruhigen Stimme, als sei nichts Beleidigendes vorgefallen und als sei sein hoher Rang nicht soeben beinahe enthüllt worden.
»Es ist klug, seinen Feind zu studieren. Wenn Ihr wollt, kann ich Euch dabei helfen, die Bibel zu verstehen«, antwortete der Templer, als wolle er scherzend das Thema wechseln und als würde er seinen plumpen Einbruch in die Sphäre der Rechtgläubigen bereuen.
Jussuf wollte schon scharf auf diese lose Rede antworten, dass er sich dem Studium ketzerischer Schriften widmen solle, aber ein fürchterlicher und langgezogener Schrei ließ ihn den Faden verlieren. Der Schrei ging in ein schrilles Hohngelächter über und hallte von den Bergen wider. Alle Männer erstarrten und lauschten. Emir Moussa begann sofort die Worte zu murmeln, die die Rechtgläubigen gebrauchten, um die Dschinn der Wüste zu beschwören. Da ertönte der Schrei erneut und klang nun, als komme er von mehreren Geistern der Tiefe, die sich darüber austauschten, dass sie das kleine Feuer entdeckt hätten und die einzigen Menschen, die sich in dieser Gegend aufhielten.
Der Templer beugte sich vor und flüsterte seinem Knappen ein paar Worte auf Fränkisch zu. Dieser nickte sofort, stand auf, legte seinen Schwertgürtel um, zog seinen schwarzen Umhang enger um die Schultern, verbeugte sich wortlos vor seinen Gastgebern und verschwand in der Dunkelheit.
»Ihr müsst diese Unhöflichkeit entschuldigen«, sagte der Templer. »Aber wie die Dinge nun einmal liegen, haben wir eine Menge frisches Blut oben in unserem Lager und Pferde, um die man sich kümmern muss.«
Es hatte den Anschein, als finde er die Sache nicht weiter erklärungsbedürftig. Mit einer kleinen Verbeugung hielt er Emir Moussa die kleine Mokkatasse zum Nachfüllen hin. Beim Einschenken zitterte die Hand des Emirs ein wenig.
»Ihr schickt Euren Knappen in die Dunkelheit, und er gehorcht Euch, ohne mit der Wimper zu zucken?«, fragte Fahkr mit leiser und etwas heiserer Stimme.
»Ja«, entgegnete der Templer. »Man gehorcht, selbst wenn man Angst hat. Aber ich glaube nicht, dass Armand Angst hat. Die Dunkelheit ist dem mit einem schwarzen Umhang ein größerer Freund als dem mit einem weißen. Außerdem ist Armands Schwert scharf, und er führt eine sichere Hand. Diese wilden Hunde, diese fleckigen Bestien mit ihrem unschönen Geheul, sind doch auch für ihre Feigheit bekannt, oder nicht?«
»Aber seid Ihr Euch sicher, dass das, was wir eben gehört haben, die wilden Hunde waren?«, fragte Fahkr unschlüssig.
»Nein«, antwortete der Templer. »Es gibt vieles zwischen Himmel und Erde, was wir nicht kennen. Niemand kann sicher sein. Aber der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln, und ob ich schon wandelte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück. So wird wohl Armand da draußen in der Finsternis beten. Auf jeden Fall würde ich das tun. Wenn Gott unsere Zeit abgemessen hat und uns heimrufen will, dann können wir natürlich nichts tun. Aber bis dahin spalten wir wilden Hunden und unseren Feinden die Schädel. Und darin, das weiß ich, denkt ihr,
die ihr an den Propheten glaubt, Friede seiner Seele, und die ihr Gottes Sohn verleugnet, genauso wie wir. Habe ich damit nicht recht, Jussuf?«
»Ihr habt recht, Templer«, stellte dieser fest. »Aber wo verläuft die Grenze zwischen Vernunft und Glaube, zwischen Angst und Gottvertrauen? Wenn ein
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